es nach vielen Jahrzehnten endlich zu vollenden. Mit den Standbildern in Padua
und Venedig stellte es den ersten gelungenen Versuch der Renaissance in der
monumentalen Plastik dar; es führte als einziges Bindeglied von Donatello und
Verrocchio hinüber zu Giovanni Bologna und Pietro Tacca.
Am 14. November 1552, vier Monate nach jenem unglücklichen Turnier von Tour-
melles, in dem Heinrich II. sein Leben lassen mußte, schrieb Katharina de' Medici
an den greisen Michelangelo nach Rom29):
„Nach dem herben Schicksalsschlag, der den allerchristlichsten und erlauchtesten
König, meinen Herrn und Gemahl, betroffen, blieb mir — außer dem Verlangen
nach ihm, das vergeblich ist — kein sehnlicherer Wunsch als der, seinem Namen
und unserer Liebe und meinem nun folgenden Leid Leben zu verleihen. Und
neben den anderen Werken, die hierfür bestimmt sind, habe ich beschlossen, in-
mitten des Hofes eines meiner Schlösser meinem Herrn ein Reiterstandbild aus
Bronze zu setzen. Und da ich — wie alle Welt — weiß, wie groß Ihr in dieser
Kunst seid, und zugleich von altersher meinem Hause zugetan, so bitte ich Euch,
diese Aufgabe zu übernehmen."
Die Königin wußte sehr wohl, daß Michelangelo bei seinen hohen Jahren die
Ausführung eines solchen Auftrages unmöglich selbst noch leisten konnte. Aber
sie wünschte sich den größten Bildhauer ihrer Heimat als spiritus rector in einer
Angelegenheit, die ihr so sehr am Herzen lag30). So bat sie um Zeichnungen und
Modelle und stellte dem Meister die Wahl des Schülers anheim, der seine Pläne
ausführen sollte. Denn sie durfte mit Recht erwarten, daß sich der Geist des Ge-
waltigen auch in der Hand eines Schülers offenbaren würde.
Und solchem Wunsch einer Fürstin aus dem Geschlecht der Medici aus seiner
vielgeliebten Vaterstadt Florenz konnte sich Michelangelo auch in diesen späten
Alterstagen nicht wohl versagen. Wie würde ihn vor Jahrzehnten ein solcher
Auftrag beglückt haben! Hatte er doch sein Leben lang an schönen Pferden
Freude gehabt, und war ihm doch die Anatomie des Pferdes vertrauter als irgend
einem Künstler seiner Zeit! Jetzt übertrug er die Ausführung des königlichen Auf-
trages seinem Schüler und Freunde Daniello da Volterra, ohne zu ahnen, welch
ein Verhängnis er mit solch gewaltiger Aufgabe über ihn heraufbeschwor. Die
Königin war mit der Wahl zufrieden, und bald wurde ihrem Vertreter in Rom, dem
Roberto Strozzi, dem alten Freunde Buonarottis, ein Tonmodell vorgelegt, das der
Schüler nach den Angaben des Meisters ausgeführt hatte. Es fand Beifall und
Zustimmung, aber trotz der guten Anfänge nahm das Werk nicht den gewünschten
Fortgang. Ja, im Laufe langer Jahre suchte die ungeduldige Fürstin erst den Ben-
venuto Cellini, später den Giovanni Bologna — beide vergebens — für die Arbeit an
dem Denkmal des Gatten zu gewinnen81), das Daniello da Volterra noch immer
nicht zum Guß gebracht hatte, als sein Meister Michelangelo an einem Februar-
tage 1564 die müden Augen schloß.
Aber einige Monate später war es Daniello gelungen, die letzten Schwierigkeiten
zu überwinden. Wenn auch der erste Guß mißlang, der zweite wurde mit Erfolg
gekrönt. Wir können uns schwer eine Vorstellung davon machen, was damals
ein solcher Guß bedeutete. Selbst Michelangelo war der Verzweiflung nahe ge-
wesen, als ihm in Bologna der erste Guß der Juliusstatue mißlungen war. Daniellos
schwächere Natur hatte sich einfach an diesem Werk erschöpft. Er starb in lang-
samem Siechtum dahin, noch ehe er an den Reiter seines Pferdes die Hand gelegt
hatte. Seine Schüler boten sich der Königin an, das Werk zu vollenden, aber die
Bürgerkriege in Frankreich zerstörten ihre Hoffnung, das Denkmal jemals vollendet
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und Venedig stellte es den ersten gelungenen Versuch der Renaissance in der
monumentalen Plastik dar; es führte als einziges Bindeglied von Donatello und
Verrocchio hinüber zu Giovanni Bologna und Pietro Tacca.
Am 14. November 1552, vier Monate nach jenem unglücklichen Turnier von Tour-
melles, in dem Heinrich II. sein Leben lassen mußte, schrieb Katharina de' Medici
an den greisen Michelangelo nach Rom29):
„Nach dem herben Schicksalsschlag, der den allerchristlichsten und erlauchtesten
König, meinen Herrn und Gemahl, betroffen, blieb mir — außer dem Verlangen
nach ihm, das vergeblich ist — kein sehnlicherer Wunsch als der, seinem Namen
und unserer Liebe und meinem nun folgenden Leid Leben zu verleihen. Und
neben den anderen Werken, die hierfür bestimmt sind, habe ich beschlossen, in-
mitten des Hofes eines meiner Schlösser meinem Herrn ein Reiterstandbild aus
Bronze zu setzen. Und da ich — wie alle Welt — weiß, wie groß Ihr in dieser
Kunst seid, und zugleich von altersher meinem Hause zugetan, so bitte ich Euch,
diese Aufgabe zu übernehmen."
Die Königin wußte sehr wohl, daß Michelangelo bei seinen hohen Jahren die
Ausführung eines solchen Auftrages unmöglich selbst noch leisten konnte. Aber
sie wünschte sich den größten Bildhauer ihrer Heimat als spiritus rector in einer
Angelegenheit, die ihr so sehr am Herzen lag30). So bat sie um Zeichnungen und
Modelle und stellte dem Meister die Wahl des Schülers anheim, der seine Pläne
ausführen sollte. Denn sie durfte mit Recht erwarten, daß sich der Geist des Ge-
waltigen auch in der Hand eines Schülers offenbaren würde.
Und solchem Wunsch einer Fürstin aus dem Geschlecht der Medici aus seiner
vielgeliebten Vaterstadt Florenz konnte sich Michelangelo auch in diesen späten
Alterstagen nicht wohl versagen. Wie würde ihn vor Jahrzehnten ein solcher
Auftrag beglückt haben! Hatte er doch sein Leben lang an schönen Pferden
Freude gehabt, und war ihm doch die Anatomie des Pferdes vertrauter als irgend
einem Künstler seiner Zeit! Jetzt übertrug er die Ausführung des königlichen Auf-
trages seinem Schüler und Freunde Daniello da Volterra, ohne zu ahnen, welch
ein Verhängnis er mit solch gewaltiger Aufgabe über ihn heraufbeschwor. Die
Königin war mit der Wahl zufrieden, und bald wurde ihrem Vertreter in Rom, dem
Roberto Strozzi, dem alten Freunde Buonarottis, ein Tonmodell vorgelegt, das der
Schüler nach den Angaben des Meisters ausgeführt hatte. Es fand Beifall und
Zustimmung, aber trotz der guten Anfänge nahm das Werk nicht den gewünschten
Fortgang. Ja, im Laufe langer Jahre suchte die ungeduldige Fürstin erst den Ben-
venuto Cellini, später den Giovanni Bologna — beide vergebens — für die Arbeit an
dem Denkmal des Gatten zu gewinnen81), das Daniello da Volterra noch immer
nicht zum Guß gebracht hatte, als sein Meister Michelangelo an einem Februar-
tage 1564 die müden Augen schloß.
Aber einige Monate später war es Daniello gelungen, die letzten Schwierigkeiten
zu überwinden. Wenn auch der erste Guß mißlang, der zweite wurde mit Erfolg
gekrönt. Wir können uns schwer eine Vorstellung davon machen, was damals
ein solcher Guß bedeutete. Selbst Michelangelo war der Verzweiflung nahe ge-
wesen, als ihm in Bologna der erste Guß der Juliusstatue mißlungen war. Daniellos
schwächere Natur hatte sich einfach an diesem Werk erschöpft. Er starb in lang-
samem Siechtum dahin, noch ehe er an den Reiter seines Pferdes die Hand gelegt
hatte. Seine Schüler boten sich der Königin an, das Werk zu vollenden, aber die
Bürgerkriege in Frankreich zerstörten ihre Hoffnung, das Denkmal jemals vollendet
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