noch jetzt, wo man anfängt, bei dergleichen Vorstellungen auch nach der
Wahrheit zu sehen, aufstellen zu müssen." Er erwähnt auch des öfteren die
Aufsätze von Breysig und beruft sich zustimmend auf ihn als auf eine Autorität.
Endlich wären noch in diesem Zusammenhänge jene halb archäologisch,
halb historisch gerichteten Arbeiten zu nennen, welche über bereits bestehende
oder antike Theater handelnd, zwar keine eigenen Reformvorschläge bringen,
aber doch deutliche Hinweise auf Lösungen des szenischen Problems, die nach
Ansicht der jeweiligen Autoren sich der Vollkommenheit nähern. So spricht
H. Ch. Genelli im IV. Kap. seiner naturgemäß überwiegend historisch gerich-
teten Arbeit über das Athener Theater von der antiken „Szenerie"1). Er führt
eine Fülle von dekorationstechnischen und theatermaschinellen Details an. Wenn
seine Angaben sich auch archäologisch heute zum großen Teil nicht mehr auf-
recht erhalten lassen, so ist doch die genaue Beschäftigung mit diesen Fragen,
besonders mit dem Verhältnis zwischen plastischen und gemalten Dekorationen
im Theater der Alten insofern symptomatisch, als daraus das Interesse der Zeit
an der Vereinfachung der Dekoration Und an allen Dekorationsreformplänen her-
vorgeht. Insbesondere verteidigt Genelli die Annahme, daß die Alten perspek-
tivische Kenntnisse besessen hätten. „Selbst jenen Szenenmaler, welchen
Vitruvius wegen seiner abenteuerlichen Architekturen als den Veranlasser der
närrischen Stubenmalerei anklagt, wovon Herkülaneum uns Beispiele aufbewahrt
hat, den Apaturius von Alabanda, nennt er ausdrücklich einen vortrefflichen
Prospektivenmaler". Das ist deutlich ein Wink an seine Zeitgenossen, in der
Kenntnis der Perspektive und deren künstlerischen Wirkungen keinen Gegengrund
gegen Einfachheit und Symbolisierung zu sehen.
In die gleiche Zeit fallen die Abhandlungen von I. A. Kaufmann und
A. Donnet über antikes und modernes Theater2). Donnet versucht etwas
gewaltsam Verbindungen zwischen antikem Theater und modernem herzustellen,
er empfiehlt dringend eine Kopie der alten Grundform in bezug auf Bühne und
Zuschauerraum. Die Reihe der Theoretiker dieser Epoche schließt P. Landriani
ab. In seinen zahlreichen Traktaten3) geht er im wesentlichen von Beispielen
der Scala aus, theoretisiert aber auch viel über das antike Theater. Er verteidigt
vor allen Dingen die Anschauung, daß der Dekorationsmaler sich nicht auf
empirische Erfahrungen verlassen könne, sondern von bestimmten, genau fest-
zusetzenden Regeln ausgehen müsse. Die Beispiele und Gegenbeispiele dieser
Ansicht werden natürlich dem Dekorationsbestande der Scala entnommen. An-
gaben über die Neigung des Zuschauerraumes und der Bühne, über die Höhe
des Horizontes, über den Abstand der einzelnen Kulissen voneinander folgen.
Auch der Maßstab der perspektivischen Verkürzung von vorn nach hinten
wird genau diskutiert. Endlich folgen noch genaue Beschreibungen der so-
(i) Vgl. H. Ch. Genelli. Das Theater zu Athen. Berlin 1818.
(2) Vgl. I. A. Kaufmann-A. Donnet. Architectonographie des theätres de Paris ou paral-
lele historique et critique de ces edifices etc. Paris 1821.
(3) Vgl. P. Landriani. Osservazioni sul'lmp. R. Teatro alla Scala in Milano e sopra alcuni
articoli del saggio de M. Patte. Ferner P. Landriani. Osservazioni sulle scene teatrali si
antiche ehe moderne. Ferner P. Landriani. Sulle decorazione sceniche ed in ispezie su
quelle dell'. Imp. R. teatro alla Scala. Ferner P. Landriani. Storia e descrizione dei prin-
cipali teatri antichi e moderni. Alle diese Einzelaufsätze sind erschienen im Anschluß an:
G. Ferrario: Storia e descrizione dei principali teatri. Milano 1830, verbunden mit der
Übersetzung aus dem Französischen des. M. Patte: Saggio sull architettura teatrale.
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Wahrheit zu sehen, aufstellen zu müssen." Er erwähnt auch des öfteren die
Aufsätze von Breysig und beruft sich zustimmend auf ihn als auf eine Autorität.
Endlich wären noch in diesem Zusammenhänge jene halb archäologisch,
halb historisch gerichteten Arbeiten zu nennen, welche über bereits bestehende
oder antike Theater handelnd, zwar keine eigenen Reformvorschläge bringen,
aber doch deutliche Hinweise auf Lösungen des szenischen Problems, die nach
Ansicht der jeweiligen Autoren sich der Vollkommenheit nähern. So spricht
H. Ch. Genelli im IV. Kap. seiner naturgemäß überwiegend historisch gerich-
teten Arbeit über das Athener Theater von der antiken „Szenerie"1). Er führt
eine Fülle von dekorationstechnischen und theatermaschinellen Details an. Wenn
seine Angaben sich auch archäologisch heute zum großen Teil nicht mehr auf-
recht erhalten lassen, so ist doch die genaue Beschäftigung mit diesen Fragen,
besonders mit dem Verhältnis zwischen plastischen und gemalten Dekorationen
im Theater der Alten insofern symptomatisch, als daraus das Interesse der Zeit
an der Vereinfachung der Dekoration Und an allen Dekorationsreformplänen her-
vorgeht. Insbesondere verteidigt Genelli die Annahme, daß die Alten perspek-
tivische Kenntnisse besessen hätten. „Selbst jenen Szenenmaler, welchen
Vitruvius wegen seiner abenteuerlichen Architekturen als den Veranlasser der
närrischen Stubenmalerei anklagt, wovon Herkülaneum uns Beispiele aufbewahrt
hat, den Apaturius von Alabanda, nennt er ausdrücklich einen vortrefflichen
Prospektivenmaler". Das ist deutlich ein Wink an seine Zeitgenossen, in der
Kenntnis der Perspektive und deren künstlerischen Wirkungen keinen Gegengrund
gegen Einfachheit und Symbolisierung zu sehen.
In die gleiche Zeit fallen die Abhandlungen von I. A. Kaufmann und
A. Donnet über antikes und modernes Theater2). Donnet versucht etwas
gewaltsam Verbindungen zwischen antikem Theater und modernem herzustellen,
er empfiehlt dringend eine Kopie der alten Grundform in bezug auf Bühne und
Zuschauerraum. Die Reihe der Theoretiker dieser Epoche schließt P. Landriani
ab. In seinen zahlreichen Traktaten3) geht er im wesentlichen von Beispielen
der Scala aus, theoretisiert aber auch viel über das antike Theater. Er verteidigt
vor allen Dingen die Anschauung, daß der Dekorationsmaler sich nicht auf
empirische Erfahrungen verlassen könne, sondern von bestimmten, genau fest-
zusetzenden Regeln ausgehen müsse. Die Beispiele und Gegenbeispiele dieser
Ansicht werden natürlich dem Dekorationsbestande der Scala entnommen. An-
gaben über die Neigung des Zuschauerraumes und der Bühne, über die Höhe
des Horizontes, über den Abstand der einzelnen Kulissen voneinander folgen.
Auch der Maßstab der perspektivischen Verkürzung von vorn nach hinten
wird genau diskutiert. Endlich folgen noch genaue Beschreibungen der so-
(i) Vgl. H. Ch. Genelli. Das Theater zu Athen. Berlin 1818.
(2) Vgl. I. A. Kaufmann-A. Donnet. Architectonographie des theätres de Paris ou paral-
lele historique et critique de ces edifices etc. Paris 1821.
(3) Vgl. P. Landriani. Osservazioni sul'lmp. R. Teatro alla Scala in Milano e sopra alcuni
articoli del saggio de M. Patte. Ferner P. Landriani. Osservazioni sulle scene teatrali si
antiche ehe moderne. Ferner P. Landriani. Sulle decorazione sceniche ed in ispezie su
quelle dell'. Imp. R. teatro alla Scala. Ferner P. Landriani. Storia e descrizione dei prin-
cipali teatri antichi e moderni. Alle diese Einzelaufsätze sind erschienen im Anschluß an:
G. Ferrario: Storia e descrizione dei principali teatri. Milano 1830, verbunden mit der
Übersetzung aus dem Französischen des. M. Patte: Saggio sull architettura teatrale.
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