Nachbarland ausgestrahlt hat, auch schon vor der
Tätigkeit Joists de la Court.
Das gleiche Jahrhundert sieht Kölns künstle-
rischen Niedergang. Es stagniert so, daß ein
Bau von 1559, das Fischkaufhaus, nur eine Wieder-
holung des Gürzenichs von 1441 darstellt. Der
Primat unter den niederrheinischen Städten geht
über auf Düsseldorf, der Residenz Wilhelms des
Reichen und seines Humanistenkreises. Schon
am Ende des Jahrhunderts zersetzt sich diese
Kultur. Mit dem tragischen Geschick der Jacobe
von Baden zerfällt auch das niederrheinische Reich.
Der Jülichdevische Erbfolgestreit zerreißt seit
1609 die Lande. Durch das ganze 17. Jahrhundert
erlischt die Kriegsfackel nicht. Man muß sich
wundern, was trotzdem an baukünstlerischen Plä-
nen vorgenommen wurde und was an Denkmälern
zustande kam.
Das Herzogtum Jülich erlebt eine Nachblüte im
Schloßbau. Das niederrheiniscbe Bürgerhaus aber
hat erst damals die originellsten Typen des Back-
steinbaues und auch des Fachweikbaues aufge-
stellt. Klapheck weist an einigen Stellen darauf
hin, wieviel gotischer Geist noch erhalten blieb.
Da muß man denn die Konsequenz ziehen: die
Jesuitenkirche St. Andreas in Düsseldorf ist der
Raumform nach noch immer die Hallenkirche der
Sondergotik, nur die Strukturformen sind italienisch
barocken Geistes. Und ähnliches gilt von der
bürgerlichen Baukunst. Es ist noch immer der
gleiche bauliche Organismus, den das 15. Jahr-
hundert entwickelt hatte, aber jetzt neu belebt
durch eine Barockdekoration, die, man kann
nicht sagen, ihre Quellen im Utrechter- und Gel-
derland hatte, sondern die mit diesen Landen den
gleichen Wandel erfuhr. Köln wird sozusagen die
Wasserscheide. Bis zur Mitte des 15 Jahrhunderts
hatte es künstlerische Beziehungen zum Mittel-
rhein und zu Süddeatschland, dann aber neigte
sich alles gegen die Niederlande. Zwei Typen
der Wohnhäuser gehen nebeneinander: die Hof-
anlagen (Adelshäuser, Kurien, Höfe von Kauf-
mannschaften), nicht im Zug der Straße liegend,
sondern Baukomplexe für sich und die Reihen-
häuser, die ihre schmale Giebelseite straßenwärts,
in die Tiefe gebaut waren. Alles was Klapheck
vorbringt über die Bedeutung der Farbe für die
Innenformen der Schaugiebel, ist auch über die
historische Bedeutung hinaus für die heimische
Baukunst wertvoll. Die Formentwicklung aber
der Schaugiebel, wie sie der Verfasser vorträgt,
bleibt nicht einwandfrei. Auch trüben die Werke
von Restauratoren die Reinheit der Untersuchung,
Gleichwohl bleibt die Behandlung des Bürger-
hauses der verdienstlichste Abschnitt des Buches.
Bei den Häusern in Neuß und Köln liegt ein
letztes Ausreifen malerischer Raumgestaltung im
Zusammenfassen zweier Halbgeschosse zutage.
Um die Mitte des 18. Jahrhunderts ist es damit
vorbei. Der Einfluß Belgiens, besonders Ant-
werpens überrennt in Köln die alte Überlieferung
des niederrheinischen Bürgerhauses. Je näher
man heraniritt, desto deutlicher nimmt man wahr,
wie sich das Gemeinsame wieder trennt. Das
Herzogtum Jülich und Aachen fließen ab gegen
Belgien und Nordfrankreich. Hier wird die bürger-
liche Bauweise farbiger, reicher, bewegter. Gegen-
über der malerischen Aufteilung der Fassade hier
im Streben nach Symmetrie, nach gleichmäßiger
Verteilung der Akzente. Das Clever Land aber
bleibt auch im 17. Jahrhundert in künstlerischer
Gemeinschaft mit den Niederlanden, nur daß sich
die Beziehungen mehr auf das vorherrschende
Amsterdam verengen, wie denn auch die nieder-
ländische Kulturgeschichte mit hereinspielt, als
Johann Moritz von Nassauen als kurbrandenbur-
gischer Statthalter das Herzogtum regierte. Die
beiden Residenzen Cleve und Wesel danken seiner
Baulust ihr Gepräge im holländischen Klassizis-
mus. Der Schlußabsatz über Philipp Wilhelm
und das alte Lustschloß in Benrath (1660—1667
erbaut) deutet schon auf das künstlerisch glanz-
vollste Jahrhundert am Niederrhein,daß von Düssel-
dorf zur Zeit Johann Wilhelms ausstrahlte.
Das Material ist Klapheck so unter der Hand
geschwollen, daß er es nicht in einem Bande bergen
konnte, sondern für das 18. Jahrhundert einen
zweiten Band in Aussicht stellt. Erst mit diesem
Schlußband wird das Buch die Ziele erreichen, die
es sich gesteckt hat. Denn es will nicht nur den
geschichtlichen Verlauf der niederrheinischen Kunst
klären, sondern ins Leben wirken und zu einem
Fortsetzen der heimischen Bauweise anregen. In
dem Abschnitt über die öffentlichen Bauten der
mittelalterlichen Städte wird noch einmal die ver-
ständnislose Bautätigkeit des 19 Jahrhunderts in
ihrer Jämmerlichkeit entblößt. Allerdings schau-
dert man, wenn man etwa die Zerstörungen in
Cleve und den heutigen Zustand des Marktplatzes
in Rees mit den Abbildungen noch aus der ersten
Hälfte des vorigen Jahrhunderts vergleicht. Aber
es sind auch Fäden zur Gegenwart herüberge-
sponnen. Man atmet auf einmal eine einsichtige
Platzgestaltung unter Benutzung mittelalterlicher
Bauten wie beim Gürzenich in Köln zu finden.
Durchweg gute Aufnahmen begleiten den Text in
solcher Fülle, daß für manche Bauten Monographien
in Bildern entstehen. Kurt Gerstenberg.
w
Tätigkeit Joists de la Court.
Das gleiche Jahrhundert sieht Kölns künstle-
rischen Niedergang. Es stagniert so, daß ein
Bau von 1559, das Fischkaufhaus, nur eine Wieder-
holung des Gürzenichs von 1441 darstellt. Der
Primat unter den niederrheinischen Städten geht
über auf Düsseldorf, der Residenz Wilhelms des
Reichen und seines Humanistenkreises. Schon
am Ende des Jahrhunderts zersetzt sich diese
Kultur. Mit dem tragischen Geschick der Jacobe
von Baden zerfällt auch das niederrheinische Reich.
Der Jülichdevische Erbfolgestreit zerreißt seit
1609 die Lande. Durch das ganze 17. Jahrhundert
erlischt die Kriegsfackel nicht. Man muß sich
wundern, was trotzdem an baukünstlerischen Plä-
nen vorgenommen wurde und was an Denkmälern
zustande kam.
Das Herzogtum Jülich erlebt eine Nachblüte im
Schloßbau. Das niederrheiniscbe Bürgerhaus aber
hat erst damals die originellsten Typen des Back-
steinbaues und auch des Fachweikbaues aufge-
stellt. Klapheck weist an einigen Stellen darauf
hin, wieviel gotischer Geist noch erhalten blieb.
Da muß man denn die Konsequenz ziehen: die
Jesuitenkirche St. Andreas in Düsseldorf ist der
Raumform nach noch immer die Hallenkirche der
Sondergotik, nur die Strukturformen sind italienisch
barocken Geistes. Und ähnliches gilt von der
bürgerlichen Baukunst. Es ist noch immer der
gleiche bauliche Organismus, den das 15. Jahr-
hundert entwickelt hatte, aber jetzt neu belebt
durch eine Barockdekoration, die, man kann
nicht sagen, ihre Quellen im Utrechter- und Gel-
derland hatte, sondern die mit diesen Landen den
gleichen Wandel erfuhr. Köln wird sozusagen die
Wasserscheide. Bis zur Mitte des 15 Jahrhunderts
hatte es künstlerische Beziehungen zum Mittel-
rhein und zu Süddeatschland, dann aber neigte
sich alles gegen die Niederlande. Zwei Typen
der Wohnhäuser gehen nebeneinander: die Hof-
anlagen (Adelshäuser, Kurien, Höfe von Kauf-
mannschaften), nicht im Zug der Straße liegend,
sondern Baukomplexe für sich und die Reihen-
häuser, die ihre schmale Giebelseite straßenwärts,
in die Tiefe gebaut waren. Alles was Klapheck
vorbringt über die Bedeutung der Farbe für die
Innenformen der Schaugiebel, ist auch über die
historische Bedeutung hinaus für die heimische
Baukunst wertvoll. Die Formentwicklung aber
der Schaugiebel, wie sie der Verfasser vorträgt,
bleibt nicht einwandfrei. Auch trüben die Werke
von Restauratoren die Reinheit der Untersuchung,
Gleichwohl bleibt die Behandlung des Bürger-
hauses der verdienstlichste Abschnitt des Buches.
Bei den Häusern in Neuß und Köln liegt ein
letztes Ausreifen malerischer Raumgestaltung im
Zusammenfassen zweier Halbgeschosse zutage.
Um die Mitte des 18. Jahrhunderts ist es damit
vorbei. Der Einfluß Belgiens, besonders Ant-
werpens überrennt in Köln die alte Überlieferung
des niederrheinischen Bürgerhauses. Je näher
man heraniritt, desto deutlicher nimmt man wahr,
wie sich das Gemeinsame wieder trennt. Das
Herzogtum Jülich und Aachen fließen ab gegen
Belgien und Nordfrankreich. Hier wird die bürger-
liche Bauweise farbiger, reicher, bewegter. Gegen-
über der malerischen Aufteilung der Fassade hier
im Streben nach Symmetrie, nach gleichmäßiger
Verteilung der Akzente. Das Clever Land aber
bleibt auch im 17. Jahrhundert in künstlerischer
Gemeinschaft mit den Niederlanden, nur daß sich
die Beziehungen mehr auf das vorherrschende
Amsterdam verengen, wie denn auch die nieder-
ländische Kulturgeschichte mit hereinspielt, als
Johann Moritz von Nassauen als kurbrandenbur-
gischer Statthalter das Herzogtum regierte. Die
beiden Residenzen Cleve und Wesel danken seiner
Baulust ihr Gepräge im holländischen Klassizis-
mus. Der Schlußabsatz über Philipp Wilhelm
und das alte Lustschloß in Benrath (1660—1667
erbaut) deutet schon auf das künstlerisch glanz-
vollste Jahrhundert am Niederrhein,daß von Düssel-
dorf zur Zeit Johann Wilhelms ausstrahlte.
Das Material ist Klapheck so unter der Hand
geschwollen, daß er es nicht in einem Bande bergen
konnte, sondern für das 18. Jahrhundert einen
zweiten Band in Aussicht stellt. Erst mit diesem
Schlußband wird das Buch die Ziele erreichen, die
es sich gesteckt hat. Denn es will nicht nur den
geschichtlichen Verlauf der niederrheinischen Kunst
klären, sondern ins Leben wirken und zu einem
Fortsetzen der heimischen Bauweise anregen. In
dem Abschnitt über die öffentlichen Bauten der
mittelalterlichen Städte wird noch einmal die ver-
ständnislose Bautätigkeit des 19 Jahrhunderts in
ihrer Jämmerlichkeit entblößt. Allerdings schau-
dert man, wenn man etwa die Zerstörungen in
Cleve und den heutigen Zustand des Marktplatzes
in Rees mit den Abbildungen noch aus der ersten
Hälfte des vorigen Jahrhunderts vergleicht. Aber
es sind auch Fäden zur Gegenwart herüberge-
sponnen. Man atmet auf einmal eine einsichtige
Platzgestaltung unter Benutzung mittelalterlicher
Bauten wie beim Gürzenich in Köln zu finden.
Durchweg gute Aufnahmen begleiten den Text in
solcher Fülle, daß für manche Bauten Monographien
in Bildern entstehen. Kurt Gerstenberg.
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