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Monatshefte für Kunstwissenschaft — 10.1917

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Antworten auf Emile Mâles "Studien über die deutsche Kunst"
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Supka, Géza: Dr. Géza Supka-Budapest, Custos am ung. Nationalmuseum
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Grautoff, Otto: Schlusswort
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https://doi.org/10.11588/diglit.73982#0149

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nachlasse in diesen Gebieten nachgingen (Hampel, Ebert), sondern derjenigen,
die in voller Objektivität das Ganze dieses Fundgebietes im Auge behielten und
hierbei unermeßlich wertvolle Tatsachen just für die orientalisch gerichtete Völker-
wanderungskunde ans Licht brachten: der Name eines Virchow mit seinen Kuban-
forschungen und eines Bayern mit den minuziösen Aufnahmen im Kaukasus läßt
sich doch nicht einfach wegleugnen; Albin Kohn befaßte sich schon in den sieb-
ziger Jahren mit archäologischen Fragen der sibirischen Steppen, und was die
Historiker Hartmann und Marquart für die Kunde dieser Steppengeschichte be-
deuten, das dürfte sich wohl der Kenntnis Males entziehen, ist aber den näheren
Fachgenossen sowohl dies- wie jenseits des Rheins nur zu gut bekannt. Der
nächste vermeintliche Schlag, zu dem Male ausholt, betrifft die skytho-siberische
Kunst. Es liegt natürlich in den Umständen, daß die Aufdeckung so überreichen
Fundmateriales in erster Reihe den russischen Gelehrten, und dann denen der
europäischen Nordländer an der Hand lag. Was hier einesteils Aspelin, Smirnow
und Heikel, anderenteils Martin und Arne an wissenschaftlichen Verdiensten sich
erwarben, wird immer, und war auch seitens der deutschen Fachgenossen stets
gerne anerkannt. Ich glaube aber, es würde keinem der genannten Herren ein-
fallen, irgendeine Verkleinerung ihrer Verdienste darin zu erblicken, daß eben an
diesem weiten und stark brachliegenden Felde gerade deutsche Archäologen, Histo-
riker und Kunstwissenschaftler ebenfalls schon seit langen Jahrzehnten mitarbeiten.
Wäre Herr Male vom näheren Fache, so würde ihm der Name Reineckes ganz
geläufig sein, dessen bekannte Arbeit in der Zeitschrift für Ethnologie den eigent-
lichen Anstoß dazu gab, die kulturelle Nachlassenschaft der eurasischen Steppen
als ein kompaktes Ganzes zu betrachten und die skythische Kultur mit der Hallstadt-
Epoche unter einen Gesichtswinkel zu bringen (wie dies neuerdings russischerseits
im Bobrinskischen Festbuche wieder versucht Wurde). Er würde es vollauf zu
würdigen wissen, inwieweit z. B. das glänzende Essay S. Reinachs über den „galop
volant" seine Voraussetzungen in dem Wirken Reineckes hat. Es dürfte Male
ebenfalls entfallen sein, daß Strzygowski vor langen Jahren schon (in den Preußi-
schen Jahrbüchern) die Orientierung der Völkerwanderungsforschung nach Asien
zu verlangte. Münsterbergs weitsichtige Kapitel, die er in seiner chinesischen
Kunstgeschichte der Bronzezeitkultur Nordasiens und der Nomadenvölker widmete,
stellen sich ebenbürtig an die Seite der Forschungen jener deutschen Historiker,
die mit emsiger Arbeit daran waren, die westlich gerichteten Einflüsse aus dem
Dunkel der Jahrhunderte herauszuheben, deren Wirkungen heute nurmehr im
blassen Abglanze des ersten nachchristlichen Jahrtausends von Europa hervor-
schimmern. Die Lamprechtsche Schule (mit seiner „Einführung in das histo-
rische Denken" an der Spitze) und deren Mitglieder Hörschelmann und Muth,
dann anderseits Franke, Hirth, Radlow und Wirth bedeuten solche Grund-
festen in diesem Wissensgebiete, deren initiierendes Wirken nur durch gründliche
Naivetät übersehen werden konnte. Oder — was Male vollständig entgangen ist
und doch aufs innigste mit der Völkerwanderungskunst zusammenhängt — sind auf
dem Gebiete Chinesisch-Turkestans, des Pamir- und Pendsab - Gebietes nicht die
Ungarn Körösi-Csoma, Ujfalvy, Vämbery und M. A. Stein, sodann die kgl.
preußischen Expeditionen Grünwedel und Le Coq als erste auf dem Plane er-
schienen, um der Arbeiten Jacobsthals nicht zu vergessen? Sind die Arbeiten
der Zichy-Expeditionen mit B. Posta an der Spitze, sind die Forschungen in
diesem Gebiete des Unterzeichneten, die den Vorstoß des Buddhismus im Wege
des spätskythischen Türkentums nach Europa zum Gegenstand haben, und sind

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