als Beweis für den gleichen Ursprung der Unterlage zu nehmen. Sie kann von
irgendeinem zufälligen Besitzer des Stückes, der nicht der Erzeuger gewesen zu
sein braucht, angebracht worden sein. Allerdings halte auch ich die Wolfsheimer
Platte für sassanidisch, aber nicht wegen der Inschrift, sondern wegen ihrer stili-
stischen Übereinstimmung mit der Chosroes-Schale. Nun unterscheidet sich aber
die Wolfsheimer Platte sowohl technisch wie stilistisch von der „gotischen" Zellen-
kunst; die Fassung der Steine ist ganz anders und in der Stilisierung steht die
„gotische" Zellenkunst mit ihrem reichen ornamentalen Formenschatz himmelweit
über den langweiligen Kreis- und Quadratreihen der Wolfsheimer Platte und der
Chosroes-Schale. Ein geschultes Auge kann sie unmöglich identifizieren. Man sieht
also, was von Males Satze zu halten ist: „Die Goldschmiedekunst, die man für
germanisch gehalten hatte, war persisch." Daß die Ostgoten die Almandintechnik
aus ihrer nordischen Heimat mitgebracht haben, behauptet niemand. Daß aber ge-
rade die persische Kunst als Vater anzusprechen ist, scheint mir noch nicht sicher zu
sein. Die Cloisonne-Kunst ist ja auch sonst im Orient örtlich und zeitlich sehr
verbreitet, u. a. auch im alten Ägypten. Die Wege, die sie gegangen ist, sind
noch nicht festgestellt, ebensowenig ihr Ursprung, der mit seinen Wurzeln bis
zur steinzeitlichen Inkrustierungstechnik zurückreicht. Deshalb wird Male wohl
nicht recht behalten können mit der Behauptung: „in Persien war dieses aus-
geklügelte Verfahren der eingelegten Glasstückchen ersonnen worden."
Der zweite Punkt bezieht sich auf die direkte Herkunft von Childerichs Schwert
aus dem Orient, für die Male sich in Form einer Frage ausspricht. Welches
Schwert meint er, die Spatha oder den Skramasax? Er sagt es nicht, es ist hier
aber auch einerlei, denn beide Stücke haben dieselbe Cloison-Verzierung, und was
von einem gilt, gilt auch vom andern. Nun, der Skramasax stammt ganz gewiß
nicht aus dem Orient, nicht einmal aus Südrußland. Er ist in dieser Form und
in dieser Zeit eine durchaus rein fränkische Waffe. Im ganzen Orient gibt es
nicht ein einziges Stück vom gleichen Typus. Er ist unbedingt in Westeuropa
im germanischen Gebiet gearbeitet worden. Genau dasselbe gilt von einem an-
deren ebenso cloisonnierten Stück des Childerich-Grabes, dem sogenannten Taschen-
bügel. Auch dieser Typus fehlt dem Orient und Osteuropa vollkommen, findet
sich aber ziemlich häufig bei den Merowingern und reicht nach Osten nur bis
nach Thüringen. Wir haben hier also nachweislich westeuropäische Erzeugnisse,
deren vollkommene Übereinstimmung mit den südrussischen hinsichtlich der Cloison-
technik Male erfreulicherweise ausdrücklich bestätigt. Wir sehen also die West-
germanen genau in derselben Weise, ohne das geringste Merkmal einer Decadence
arbeiten. Was sagt aber Male? „In dem gleichen Maße, wie sie (die Goten) sich
vom Orient entfernen, verlieren ihre Arbeiten an Vollkommenheit. Der aus Asien
kommende Granat wird durch totes Glas ersetzt, das eine Goldfolie beleben muß."
Nun, er hat sich selbst widerlegt, indem er die vollkommene technische Überein-
stimmung westeuropäischer Cloisonarbeiten mit südrussischen bezeugt. Nebenbei
bemerkt tritt die Goldfolie nicht erst bei späten Glaseinlagen auf, sondern bereits
bei frühen Almandinarbeiten Südrußlands, so z. B. bei mehreren Stücken des 4. Jahr-
hunderts aus der Katakombe in der Hospitalstraße von Kertsch.
Punkt drei betrifft die skythisch-sibirische Kunst. Die Verbeugung, die Male
vor ihr macht, ist wohl nicht so ernsthaft gemeint, wie sie sich gibt. Diese Kunst
imponiert zwar durch die Verschwendung von Gold und eine zügellose Phantasie,
aber über ihren ästhetischen Wert und ihre Originalität kann man wohl anderer
Meinung sein. Doch das nebenbei. Daß die Ostgoten Anregungen aus ihr be-
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irgendeinem zufälligen Besitzer des Stückes, der nicht der Erzeuger gewesen zu
sein braucht, angebracht worden sein. Allerdings halte auch ich die Wolfsheimer
Platte für sassanidisch, aber nicht wegen der Inschrift, sondern wegen ihrer stili-
stischen Übereinstimmung mit der Chosroes-Schale. Nun unterscheidet sich aber
die Wolfsheimer Platte sowohl technisch wie stilistisch von der „gotischen" Zellen-
kunst; die Fassung der Steine ist ganz anders und in der Stilisierung steht die
„gotische" Zellenkunst mit ihrem reichen ornamentalen Formenschatz himmelweit
über den langweiligen Kreis- und Quadratreihen der Wolfsheimer Platte und der
Chosroes-Schale. Ein geschultes Auge kann sie unmöglich identifizieren. Man sieht
also, was von Males Satze zu halten ist: „Die Goldschmiedekunst, die man für
germanisch gehalten hatte, war persisch." Daß die Ostgoten die Almandintechnik
aus ihrer nordischen Heimat mitgebracht haben, behauptet niemand. Daß aber ge-
rade die persische Kunst als Vater anzusprechen ist, scheint mir noch nicht sicher zu
sein. Die Cloisonne-Kunst ist ja auch sonst im Orient örtlich und zeitlich sehr
verbreitet, u. a. auch im alten Ägypten. Die Wege, die sie gegangen ist, sind
noch nicht festgestellt, ebensowenig ihr Ursprung, der mit seinen Wurzeln bis
zur steinzeitlichen Inkrustierungstechnik zurückreicht. Deshalb wird Male wohl
nicht recht behalten können mit der Behauptung: „in Persien war dieses aus-
geklügelte Verfahren der eingelegten Glasstückchen ersonnen worden."
Der zweite Punkt bezieht sich auf die direkte Herkunft von Childerichs Schwert
aus dem Orient, für die Male sich in Form einer Frage ausspricht. Welches
Schwert meint er, die Spatha oder den Skramasax? Er sagt es nicht, es ist hier
aber auch einerlei, denn beide Stücke haben dieselbe Cloison-Verzierung, und was
von einem gilt, gilt auch vom andern. Nun, der Skramasax stammt ganz gewiß
nicht aus dem Orient, nicht einmal aus Südrußland. Er ist in dieser Form und
in dieser Zeit eine durchaus rein fränkische Waffe. Im ganzen Orient gibt es
nicht ein einziges Stück vom gleichen Typus. Er ist unbedingt in Westeuropa
im germanischen Gebiet gearbeitet worden. Genau dasselbe gilt von einem an-
deren ebenso cloisonnierten Stück des Childerich-Grabes, dem sogenannten Taschen-
bügel. Auch dieser Typus fehlt dem Orient und Osteuropa vollkommen, findet
sich aber ziemlich häufig bei den Merowingern und reicht nach Osten nur bis
nach Thüringen. Wir haben hier also nachweislich westeuropäische Erzeugnisse,
deren vollkommene Übereinstimmung mit den südrussischen hinsichtlich der Cloison-
technik Male erfreulicherweise ausdrücklich bestätigt. Wir sehen also die West-
germanen genau in derselben Weise, ohne das geringste Merkmal einer Decadence
arbeiten. Was sagt aber Male? „In dem gleichen Maße, wie sie (die Goten) sich
vom Orient entfernen, verlieren ihre Arbeiten an Vollkommenheit. Der aus Asien
kommende Granat wird durch totes Glas ersetzt, das eine Goldfolie beleben muß."
Nun, er hat sich selbst widerlegt, indem er die vollkommene technische Überein-
stimmung westeuropäischer Cloisonarbeiten mit südrussischen bezeugt. Nebenbei
bemerkt tritt die Goldfolie nicht erst bei späten Glaseinlagen auf, sondern bereits
bei frühen Almandinarbeiten Südrußlands, so z. B. bei mehreren Stücken des 4. Jahr-
hunderts aus der Katakombe in der Hospitalstraße von Kertsch.
Punkt drei betrifft die skythisch-sibirische Kunst. Die Verbeugung, die Male
vor ihr macht, ist wohl nicht so ernsthaft gemeint, wie sie sich gibt. Diese Kunst
imponiert zwar durch die Verschwendung von Gold und eine zügellose Phantasie,
aber über ihren ästhetischen Wert und ihre Originalität kann man wohl anderer
Meinung sein. Doch das nebenbei. Daß die Ostgoten Anregungen aus ihr be-
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