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Monatshefte für Kunstwissenschaft — 10.1917

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Steinmann, Ernst: Raffael im Musée Napoléon
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https://doi.org/10.11588/diglit.73982#0018

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RAFFAEL IM MUSEE NAPOLEON1)

Mit drei Tafeln

Von ERNST STEINMANN

In einem Schreiben, das das Direktorium zu Paris am 7. Mai 1796 an Bonaparte
richtete, wurde zum ersten Male der Satz ausgesprochen, daß das National-
museum der Hauptstadt Frankreichs in den Besitz der berühmtesten Kunstwerke
aller Zeiten und aller Völker gelangen müsse. „Wir fordern Euch daher auf,
Bürgergeneral, einen oder mehrere Künstler auszuwählen, die in ganz Italien die
Kunstwerke zu suchen, zu sammeln und nach Paris zu senden haben2).
Das Prinzip, aus eroberten Ländern nicht nur gemünztes und ungemünztes Gold
und Silber, sondern auch die Kunstschätze fortzuführen, war eben mit Erfolg am
Rhein und in Belgien durchgeführt worden. Aber die angewandten Mittel waren
nichts weniger als einwandsfrei gewesen, und allerorts waren unermeßliche Kunst-
werte zugrunde gegangen. „Ich werde mich über die Verwüstungen durch diesen
entsetzlichen Vandalismus nicht weiter auslassen", schrieb der französische De-
partementschef Herbouville noch im Jahre 1801 über seine Landsleute nach Paris;
„jeder anständige Mensch möchte sie aus seiner Erinnerung auslöschen und Frank-
reich aus seiner Geschichte!"3)
Die Angelegenheit also sollte in Italien weniger stürmisch, mehr methodisch
durchgeführt werden, und nach wenigen Wochen war alles geregelt. „Die Künstler-
Kommissäre, die Ihr gesandt habt," berichtete Bonaparte am 2. Juli 1796 aus
Bologna nach Paris4), „führen sich sehr gut auf und sind eifrig an der Arbeit.
Sie haben genommen:

15
Gemälde in
Parma,
20
Modena,
25
Mailand,
40
Bologna,
10
Ferrara.
Zusammen
110.

„Außerdem haben diese Gelehrten noch eine reiche Ernte in Pavia gemacht.
Wir sind noch gänzlich unschlüssig darüber, was Rom uns liefern soll. Statuen
können nur auf dem Meere transportiert werden, und es würde gewagt sein, sich

(1) Das Palais national des Sciences et Arts erhielt unter dem Konsulat den Namen Musee central
des Arts und wurde am 22. Juli 1803 von Cambaceres: Musee Napoleon getauft. Vgl. A. Lemaitre,
Le Louvre Paris 1878, S. 292 und L. de Lanzag de Laborie, Paris sous Napoleon, Paris 1813, VIII, 257.

(2) Trolard Eugene, Pelerinage aux champs de bataille francais d'ltalie. De Montenotte au Pont
d'Arcole 2eme ed. Paris 1893, I, 266.

(3) Piot Charles, Rapport ä Mr. le ministre de L'interieur sur les tableaux enleves ä la Belgique
en 1794 et restitues en 1815. Bruxelles 1883, S. 255.

(4) Correspondance de Napoleon I er. Paris 1858, Tome I, S. 558, Nr. 710. Der Gehalt der Kom-
missiäre wurde auf 250 Livres monatlich festgesetzt: Au general Berthier. Quartier general Tolen-
tino 39 pluviose an V (18. Februar 1797):
D'apres la demande du citoyen Monge, commissaire des sciences et des arts, le general en chef
accorde 250 livres d'appointements par mois aux citoyens ci-apres denommes, adjoints au dit com-
missaire:
Wicar, peintre, Gros, idem, Kreutzer, musicien, Marin, sculpteur, Gerli, peintre,
Couturier, secretaire, Moult, agent ä Rome.
Bonaparte.
Vgl. Correspondance II, 440, S. 1506.

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