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Monatshefte für Kunstwissenschaft — 10.1917

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Singer, Hans Wolfgang: Der Vierfarbendruck in der Gefolgschaft Jacob Christoffel Le Blons
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https://doi.org/10.11588/diglit.73982#0189

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Da Gautier nun die Hände gebunden waren wegen des Privilegs, schuf er ins-
geheim seine erste Vierplattenarbeit, einen Petruskopf, nach einer Vorlage, die ihm
Tardieu, einer der Gehilfen Leblons, lieh. Diese Arbeit „vernichtete Leblon", wie
Gautier meint2).
Leblon schuf nämlich nach der Newtonschen Farbenlehre, die nur mit den drei
Grundfarben Blau, Gelb, Roth arbeitet, und z. B. auch daraus das Schwarz aufbaut.
Gautier bekämpfte in vielen Schriften und durch öffentliche Experimente diese Optik
als grundfalsch. Seine Farbenlehre (Goethe teilte seine Ansicht) kennt als Grund-
farben Schwarz, Blau, Gelb, Rot und Weiß. Was den Farbendruck anbelangt, so
gibt das Papier das Weiß her: also braucht man nur noch vier Platten. Jede ein-
zelne mehr, jede einzelne weniger, ist widersinnig.
Gautier weiß, daß Leblon gelegentlich mehr als drei Platten, auch die schwarze
benutzte. Aber bei ihm war sie nur Notbehelf, und nicht ins optische Prinzip ein-
gefiigt. Daher konnte er mit ihr nichts anfangen: ebensowenig ohne sie. Er
mußte den Stichel zu Hilfe nehmen und die einzelnen Drucke mit Pinsel und Öl-
farbe bemalen: beides habe er, Gautier, nie getan. Über seine Farbentheorie vgl.
auch Toussaints „Observations", 1756, SS. 92—102.
Gautier schuf dann 22 Platten ohne Mäzen; Historien, Landschaften, Bildnisse,
Blumen und naturgeschichtliche Vorwürfe nach seinem System.
Am 24.Juli 1739 bestätigten „lettres patentes" Leblons Privileg und erteilten ihm
Abtretungsbefugnis.
Am 6. Dezember 1739 erhielt Gautier einen Brief von einem der Leblon-Com-
missaire — Gautier de Montdorge —, der ihm mitteilte, Leblon bringe nichts zu-
wege, und Gautier solle sich doch mit dem Schreiber in Verbindung setzen. (Der
Brief ist teilweise am Schluß von Gautiers Besprechung in Toussaints „Obser-
vations", Okt. 1756, abgedruckt.)
1741 stellte sich Gautier dem Conseil mit einer neuen Entdeckung in dieser
Sache vor4), und erhielt nach Leblons Tod ein neben dessen Drei-Platten-Privileg
herlaufendes Privileg auf dreißig Jahre4). Er durfte einen „Associe" und drei Ge-
hilfen haben. Im Todesfall fiel dieses Privileg seiner Frau Marie Anne Moreau
und beider schon lebenden und noch zu gebärenden Söhnen, zusammen mit seinem
Bruder Gaspar Gautier zu. In dieser Urkunde wird er J. Gautier D'Agoty genannt.
Hiernach schuf er größere Vorwürfe, die neben Gemälde gestellt werden konnten.
Der verstorbene M. Bonier de la Maison war sein erster „Associe".
Es gelang aber den Erben Leblons, durch Arret vom 5. September sein Privileg
zu sperren; und am 2. Januar 1742 wurde ihm das Weiterarbeiten einstweilen ver-
boten. Die Erben wollten bloß Geld haben.
Am 12. Mai 1742 verzichtete Nicolas Desprez, der Inhaber der Leblonschen
Rechte, zugunsten von J. Gautier, Henry Feidiere und Philippe Seichepine:5) das
heißt4), Gautier kaufte ihm um 6000 livres diese Rechte, sowie sämtliches von
Leblon nachgelassene Arbeitsmaterial (darunter die drei Platten zur Maratti Ma-
donna und die vier zum Fleury Bildnis) ab.
Am 24. Januar 1745 traten Feidiere und Seichepine ihre Rechte an Viguier und
Villars ab5). Gautier wohnte damals in der Rue St. Honore au coin de la rue
St. Nicaise. Er beabsichtigte, in diesem Jahr eine Anatomie herauszugeben, die im
folgenden erschien6). Bald zankte sich Gautier mit Viguier und es gab wieder
einen Prozeß. Durch Arret vom 3. Mai 1747 wurde er zu Gautiers Gunsten ent-
schieden6). Das heißt, die Anatomie blieb ihm ausschließlich vorbehalten, Villars
und Viguier mußten gegen Entschädigung die Platten herausrücken und durften

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