und seit 1244 oberster Meister des Ordens, wählte das Mergentheimer Ordenshaus
zu seiner Residenz. Elf Jahre nachher wurde, einer Ordenstradition zufolge, unter
dem Deutschmeister Dietrich von Grüningen und dem Komtur Andreas von Hohen-
lohe mit dem Bau einer Schloßkapelle begonnen. Das Schloß selbst hat eine lange
und verwickelte Baugeschichte, die schon vor Jahren ihren berufenen Schilderer1)
gefunden. Ich kann mich hierin also kurz fassen, umsomehr als die vorliegende
Studie wesentlich als stilkritische Untersuchung gedacht ist.
Die allgemeine Lage des Komplexes von Gebäuden des Schloßbezirks zeigt ein
aus der Mitte des 18. Jahrhunderts stammender Lageplan (Abb. 1). Am Äußern
des Hauptgebäudes ist der Stil der deutschen Renaissance vorherrschend, während
von mittelalterlichen Bau nur noch wenige Untergeschoßmauern vorhanden sind.
Der reichbegüterte Orden konnte sich die Berufung erster Architekten leisten, so
der Stuttgarter Renaissancemeister Michael Bronner und Blasius Berwart. Noch
bedeutendere Kräfte brachte die Zeit des Barocks auf den Plan, aber von deren
Tätigkeit ist äußerlich recht wenig mehr zu sehen, denn teils sind die von ihnen
errichteten Bauteile, wie der Gartensaal (sog. Sala terrena von dem Italiener Pozzi),
zu Anfang des vorigen Jahrhunderts abgebrochen worden, teils sind ihre Umbau-
pläne wie die von Franz Keller aus Ellingen, und die späteren, noch weiter-
gehenden, Balthasar Neumanns gar nicht oder nur als Stückwerk zur Ausführung
gekommen. Dagegen haben im Innern des Residenzbaus zwei Größen der Barock-
kunst sich verewigt: der Südflügel wurde nach den Plänen des Münchener Raum-
künstlers Cuvillies und später, in klassizistischem Geschmack, der Westflügel von
dem Baudirektor der Deutschordensballei Elsaß und Burgund F. A. Bagnato um-
und ausgebaut. Aber der einzige im Stilcharakter einheitlich durchgeführte und
heute noch in seiner Ursprünglichkeit erhaltene Barockbau ist die Schloß- und Hof-
kirche, deren Türme die Wahrzeichen der Stadt Mergentheim bilden.
Im Jahre 1730 befahl der Kurfürst Franz Ludwig, Herzog von Pfalz-Neuburg,
um den kurz zuvor in Rom erworbenen Reliquien eine würdige Stätte zu schaffen,
die baufällig gewordene Schloßkapelle abzubrechen und durch einen Neubau zu er-
setzen. Frühjahr 1736 wurde der Bau fertiggestellt, und am 29. September des-
selben Jahres anläßlich eines Generalkapitels vom Würzburger Weihbischof ge-
weiht. Bei der Grundrißgestaltung war der Baumeister durch die gegebene, zwi-
schen die bestehenden Schloßflügel eingezwängte, Lage ziemlich gebunden. Die
Anordnung von Fassadentürmen, wie sie die meisten großen Barockdome des
fränkisch-böhmischen Kunstgebiets zeigen, war hier von vornherein ausgeschlossen,
denn ihnen zuliebe durfte man wertvolle Teile des Schlosses nicht opfern, ein
Hineinrücken des Langhauses in den inneren Schloßhof aber war bei dessen be-
schränkten Raumverhältnissen nicht angängig und auch nicht einmal erwünscht,
da die Türme hier gar nicht hätten zur Wirkung kommen können. Wollte man
also auf Türme nicht überhaupt verzichten, so blieb nur eine Stellung zu beiden
Seiten des in den äußeren Schloßhof hinausragenden Chors übrig, wo sie die ge-
gebene Dominante einerseits für den großen Platz, andererseits für die gesamte
Baugruppe des Schlosses bilden konnten. In der konkaven Grundrißform der West-
fassade ist ein fein empfundener Gleichklang mit dem runden Zug des anschließen-
(1) Hans Klaiber, Das Hoch- und Deutschmeisterschloß zu Mergentheim, Münchn. Jahrbuch der bild.
Kunst 1912, I. Halbband.
(2) Fr. Keller ist der Erbauer des Ellinger Schlosses, des Sitzes des Deutschordenskomturs der Ballei
Franken; seine Berufung nach Mergentheim ist also erklärlich.
(3) Näheres über die Baugeschichte der Kirche in der obengenannten Schrift von H. Klaiber.
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zu seiner Residenz. Elf Jahre nachher wurde, einer Ordenstradition zufolge, unter
dem Deutschmeister Dietrich von Grüningen und dem Komtur Andreas von Hohen-
lohe mit dem Bau einer Schloßkapelle begonnen. Das Schloß selbst hat eine lange
und verwickelte Baugeschichte, die schon vor Jahren ihren berufenen Schilderer1)
gefunden. Ich kann mich hierin also kurz fassen, umsomehr als die vorliegende
Studie wesentlich als stilkritische Untersuchung gedacht ist.
Die allgemeine Lage des Komplexes von Gebäuden des Schloßbezirks zeigt ein
aus der Mitte des 18. Jahrhunderts stammender Lageplan (Abb. 1). Am Äußern
des Hauptgebäudes ist der Stil der deutschen Renaissance vorherrschend, während
von mittelalterlichen Bau nur noch wenige Untergeschoßmauern vorhanden sind.
Der reichbegüterte Orden konnte sich die Berufung erster Architekten leisten, so
der Stuttgarter Renaissancemeister Michael Bronner und Blasius Berwart. Noch
bedeutendere Kräfte brachte die Zeit des Barocks auf den Plan, aber von deren
Tätigkeit ist äußerlich recht wenig mehr zu sehen, denn teils sind die von ihnen
errichteten Bauteile, wie der Gartensaal (sog. Sala terrena von dem Italiener Pozzi),
zu Anfang des vorigen Jahrhunderts abgebrochen worden, teils sind ihre Umbau-
pläne wie die von Franz Keller aus Ellingen, und die späteren, noch weiter-
gehenden, Balthasar Neumanns gar nicht oder nur als Stückwerk zur Ausführung
gekommen. Dagegen haben im Innern des Residenzbaus zwei Größen der Barock-
kunst sich verewigt: der Südflügel wurde nach den Plänen des Münchener Raum-
künstlers Cuvillies und später, in klassizistischem Geschmack, der Westflügel von
dem Baudirektor der Deutschordensballei Elsaß und Burgund F. A. Bagnato um-
und ausgebaut. Aber der einzige im Stilcharakter einheitlich durchgeführte und
heute noch in seiner Ursprünglichkeit erhaltene Barockbau ist die Schloß- und Hof-
kirche, deren Türme die Wahrzeichen der Stadt Mergentheim bilden.
Im Jahre 1730 befahl der Kurfürst Franz Ludwig, Herzog von Pfalz-Neuburg,
um den kurz zuvor in Rom erworbenen Reliquien eine würdige Stätte zu schaffen,
die baufällig gewordene Schloßkapelle abzubrechen und durch einen Neubau zu er-
setzen. Frühjahr 1736 wurde der Bau fertiggestellt, und am 29. September des-
selben Jahres anläßlich eines Generalkapitels vom Würzburger Weihbischof ge-
weiht. Bei der Grundrißgestaltung war der Baumeister durch die gegebene, zwi-
schen die bestehenden Schloßflügel eingezwängte, Lage ziemlich gebunden. Die
Anordnung von Fassadentürmen, wie sie die meisten großen Barockdome des
fränkisch-böhmischen Kunstgebiets zeigen, war hier von vornherein ausgeschlossen,
denn ihnen zuliebe durfte man wertvolle Teile des Schlosses nicht opfern, ein
Hineinrücken des Langhauses in den inneren Schloßhof aber war bei dessen be-
schränkten Raumverhältnissen nicht angängig und auch nicht einmal erwünscht,
da die Türme hier gar nicht hätten zur Wirkung kommen können. Wollte man
also auf Türme nicht überhaupt verzichten, so blieb nur eine Stellung zu beiden
Seiten des in den äußeren Schloßhof hinausragenden Chors übrig, wo sie die ge-
gebene Dominante einerseits für den großen Platz, andererseits für die gesamte
Baugruppe des Schlosses bilden konnten. In der konkaven Grundrißform der West-
fassade ist ein fein empfundener Gleichklang mit dem runden Zug des anschließen-
(1) Hans Klaiber, Das Hoch- und Deutschmeisterschloß zu Mergentheim, Münchn. Jahrbuch der bild.
Kunst 1912, I. Halbband.
(2) Fr. Keller ist der Erbauer des Ellinger Schlosses, des Sitzes des Deutschordenskomturs der Ballei
Franken; seine Berufung nach Mergentheim ist also erklärlich.
(3) Näheres über die Baugeschichte der Kirche in der obengenannten Schrift von H. Klaiber.
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