Universitätsbibliothek HeidelbergUniversitätsbibliothek Heidelberg
Metadaten

Monatshefte für Kunstwissenschaft — 10.1917

DOI Artikel:
Fuchs, Willy P.: Die Deutschmeister-Schlosskirche zu Mergentheim und ihre Baumeister
DOI Seite / Zitierlink:
https://doi.org/10.11588/diglit.73982#0212
Überblick
Faksimile
0.5
1 cm
facsimile
Vollansicht
OCR-Volltext
den Schloßflügels zu erblicken (Abb. 2). Was dieser Fassade (Abb. 3) an Höhe
und Breite fehlt, um ihr die nötige Auszeichnung vor den langen Schloßfronten zu
geben, wird durch ihr starkes, schattengebendes Relief ersetzt. Auch die Fassaden-
fläche selbst ist im Gegensatz zu den glatten Mauern der anschließenden Fronten,
durch starke Reliefs belebt: in konkavem Sinn durch Blenden und Nischen, in kon-
vexem durch weitauskragende Gesimse und plastischen Schmuck. Dabei ist be-
sonders bemerkenswert die geschickte Verteilung dieser Reliefs wie der Öffnungen
auf der Fläche. Die drei übereinander gestellten Fenster der Hauptaxen sind durch
Rahmenwerk zu großen Vertikalmotiven zusammengezogen, während die horizon-
tale Bindung der Axen durch den verlängerten Architrav der flankierenden Kolossal-


Abb. 2. Grundriß der Westfassade.

pilaster bewirkt ist. Die freie Umrißlinie des Giebels entspricht einer Vorliebe fast
aller Baumeister des deutschen Ordens — mit Ausnahme B. Neumanns —, die
Säumung seines oberen Teils mit einem stark ausladenden Gesims und reich orna-
mentiertem Schlußstein, wie der reiche ornamentale Schmuck der Fassade über-
haupt, einer Eigenart des Bamberger und Ellinger Rokoko (s. später).
Die Architekturglieder wie Gesimse, Fensterumrahmungen und sonstiges Rahmen-
werk, plastische Schmuckteile und die Fläche des leicht vorgezogenen Mittelrisalits
sind nach fränkischer Sitte mit Werkstein verblendet, die übrigen Wandteile da-
gegen verputzt. Einen ganz anderen Typ vertreten die dem äußeren Schloßhof
und der Straße zugekehrten Chorfronten (Abb. 4), es ist der Typ fränkischer Dom-
kirchen, der auf dem Komburger Münster fußend, besonders im württembergischen
Franken — hier auch bei kleineren Kirchen — weiteste Verbreitung fand. Die
wesentlichsten Merkmale dieses Fassadentyps sind: hohe Fenster mit stark spre-
chender Umrahmung und Verdachung nach Art der Würzburger Frührenaissance,
zwischen weitgestellten schmalen Pilastern auf hohem Sockel; sämtliche Archi-
tekturteile samt Sockel und Hauptgesims in dunklem gequadertem Naturstein, das

202
 
Annotationen