umso heller, als der vordere, eingebaute Teil des Schiffs jeglichen direkten Lichts
entbehrt. Zu der weißen Schmucklosigkeit der Wände bildet die reiche Rokoko-
dekoration der Deckenkehle, der Fensterumrahmungen und Leibungen, sowie die
Farbenpracht der Deckenfresken (von dem Münchener Maler Nikolaus Gottfr. Stuber)
einen reizvollen Gegensatz, der noch durch den Farben- und Formenreichtum der
Ausstattungsgegenstände1) verstärkt wird. Im Chor rechts führt eine kleine Pforte
zu der runden im Südturm befindlichen Sakristei mit schön stuckierter Decke. Durch
die Pforte der linken Chorseite dagegen gelangt man über eine schmale Treppe
zu der mit flachen Kreuzgewölben überspannten Gruft, einem durch den Reiz seiner
Verhältnisse, wie durch den Reichtum seiner Stuckaturen und deren richtige Ver-
teilung auf der Fläche, gleich ausgezeichneten Raum.
Bis vor kurzem galt als alleiniger Schöpfer des Baus Balthasar Neumann. Den
Grund dieser Annahme bildete wahrscheinlich einmal Neumanns eigene Aufzäh-
lung der unter der Regierung seines Fürsten erbauten Kirchen, die auch die Mer-
gentheimer Schloßkirche enthält und zum Zweiten die Tatsache, daß Neumannn
wenige Jahre vorher Pläne zum dortigen Residenzbau geliefert hatte. Erst H. Klaiber
hat in seiner obengen. Abhandlung über den ganzen Schloßbau, die Frage noch-
mals angepackt und ist zu dem Ergebnis gekommen, daß Neumann aus der Bau-
geschichte der Kirche gänzlich auszuscheiden und der Ellinger Baumeister Roth
als ihr alleiniger Erbauer zu gelten habe. Klaiber stützt seinen Schluß auf das
Fehlen von Neumanns Namen in den Bauurkunden und hauptsächlich darauf, daß
zu der Zeit als Neumann um den Residenzbau konkurrierte ein Neubau der Kirche
noch nicht geplant gewesen und man später auf Neumann nicht zurückgekommen
sei. Andererseits ist auch die Berufung Roths als Baumeister der Kirche Tatsache,
denn die Urkunden enthalten eine Verordnung des Fürsten Franz Ludwig vom
8. Juli 1730, die lautet: „Daß nach denen von dem Postverwaltern zu Mergentheim
und Baumeistern zu Ellingen, Joseph Roth2), verfasseten Abrissen Unsere in zimb-
lichem Unstandt sich befindenden Mergentheimer Schloßkirchen gebaut und damit
der ungesäumbte Anfang gemacht werden möge". Trotz alledem kann ich der An-
sicht Klaibers nicht in vollem Umfang beipflichten. Schon ein oberflächlicher Ver-
gleich der Hoffassade und der Straßenfronten ließ mich vermuten, daß sie nicht
von ein- und demselben Baumeister stammen. Durch eingehende stilistische Unter-
suchung glaube ich dann die Bestätigung hierfür gefunden zu haben. Daß die Hof-
fassade das Werk Fr. Roths ist, beweisen mir ihre stilistischen Eigenarten mehr
noch als die Angaben der Bauurkunden. Sowohl im ganzen als im einzelnen
zeigt sie eine sofort in die Augen springende Ähnlichkeit mit einer Reihe von
Ellinger Rokokobauten ").
So hat sie mit dortigen Privatbauten gemein: die Giebelbildung und die Be-
tonung des Giebelansatzes durch Vasenbekrönte Postamente, als Fortsetzung der
Fassadeneckpilaster und mit dem dortigen Rathaus: die Flankierung des Hauptein-
gangs durch auf Konsolen gestellte Figuren4), die starke Plastik der Wappenschil-
der über Haupteingang und Hauptfenster (sämtliche Bildhauerarbeiten vom Ellinger
(1) Über die Zeit ihrer Herstellung und ihre Meister vgl. die mehrfach erwähnte Klaibersche Schrift.
(2) Joseph Roth ist der Schüler Franz Kellers aus Ellingen, daher wohl seine Berufung.
(3) Abbildungen in „Die Architektur der Barock- und Rokokozeit in Deutschland und der Schweiz"
von Hermann Popp, Stuttgart 1913.
(4) Diese Figuren sowohl als die Nischenfigur des Giebels und die beiden Eckvasen sind im Jahre 1885
wegen Schadhaftigkeit entfernt und bedauerlicherweise nicht wieder aufgestellt worden (Abb. 3 zeigt
noch die Fassade im Schmuck dieser Plastiken).
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entbehrt. Zu der weißen Schmucklosigkeit der Wände bildet die reiche Rokoko-
dekoration der Deckenkehle, der Fensterumrahmungen und Leibungen, sowie die
Farbenpracht der Deckenfresken (von dem Münchener Maler Nikolaus Gottfr. Stuber)
einen reizvollen Gegensatz, der noch durch den Farben- und Formenreichtum der
Ausstattungsgegenstände1) verstärkt wird. Im Chor rechts führt eine kleine Pforte
zu der runden im Südturm befindlichen Sakristei mit schön stuckierter Decke. Durch
die Pforte der linken Chorseite dagegen gelangt man über eine schmale Treppe
zu der mit flachen Kreuzgewölben überspannten Gruft, einem durch den Reiz seiner
Verhältnisse, wie durch den Reichtum seiner Stuckaturen und deren richtige Ver-
teilung auf der Fläche, gleich ausgezeichneten Raum.
Bis vor kurzem galt als alleiniger Schöpfer des Baus Balthasar Neumann. Den
Grund dieser Annahme bildete wahrscheinlich einmal Neumanns eigene Aufzäh-
lung der unter der Regierung seines Fürsten erbauten Kirchen, die auch die Mer-
gentheimer Schloßkirche enthält und zum Zweiten die Tatsache, daß Neumannn
wenige Jahre vorher Pläne zum dortigen Residenzbau geliefert hatte. Erst H. Klaiber
hat in seiner obengen. Abhandlung über den ganzen Schloßbau, die Frage noch-
mals angepackt und ist zu dem Ergebnis gekommen, daß Neumann aus der Bau-
geschichte der Kirche gänzlich auszuscheiden und der Ellinger Baumeister Roth
als ihr alleiniger Erbauer zu gelten habe. Klaiber stützt seinen Schluß auf das
Fehlen von Neumanns Namen in den Bauurkunden und hauptsächlich darauf, daß
zu der Zeit als Neumann um den Residenzbau konkurrierte ein Neubau der Kirche
noch nicht geplant gewesen und man später auf Neumann nicht zurückgekommen
sei. Andererseits ist auch die Berufung Roths als Baumeister der Kirche Tatsache,
denn die Urkunden enthalten eine Verordnung des Fürsten Franz Ludwig vom
8. Juli 1730, die lautet: „Daß nach denen von dem Postverwaltern zu Mergentheim
und Baumeistern zu Ellingen, Joseph Roth2), verfasseten Abrissen Unsere in zimb-
lichem Unstandt sich befindenden Mergentheimer Schloßkirchen gebaut und damit
der ungesäumbte Anfang gemacht werden möge". Trotz alledem kann ich der An-
sicht Klaibers nicht in vollem Umfang beipflichten. Schon ein oberflächlicher Ver-
gleich der Hoffassade und der Straßenfronten ließ mich vermuten, daß sie nicht
von ein- und demselben Baumeister stammen. Durch eingehende stilistische Unter-
suchung glaube ich dann die Bestätigung hierfür gefunden zu haben. Daß die Hof-
fassade das Werk Fr. Roths ist, beweisen mir ihre stilistischen Eigenarten mehr
noch als die Angaben der Bauurkunden. Sowohl im ganzen als im einzelnen
zeigt sie eine sofort in die Augen springende Ähnlichkeit mit einer Reihe von
Ellinger Rokokobauten ").
So hat sie mit dortigen Privatbauten gemein: die Giebelbildung und die Be-
tonung des Giebelansatzes durch Vasenbekrönte Postamente, als Fortsetzung der
Fassadeneckpilaster und mit dem dortigen Rathaus: die Flankierung des Hauptein-
gangs durch auf Konsolen gestellte Figuren4), die starke Plastik der Wappenschil-
der über Haupteingang und Hauptfenster (sämtliche Bildhauerarbeiten vom Ellinger
(1) Über die Zeit ihrer Herstellung und ihre Meister vgl. die mehrfach erwähnte Klaibersche Schrift.
(2) Joseph Roth ist der Schüler Franz Kellers aus Ellingen, daher wohl seine Berufung.
(3) Abbildungen in „Die Architektur der Barock- und Rokokozeit in Deutschland und der Schweiz"
von Hermann Popp, Stuttgart 1913.
(4) Diese Figuren sowohl als die Nischenfigur des Giebels und die beiden Eckvasen sind im Jahre 1885
wegen Schadhaftigkeit entfernt und bedauerlicherweise nicht wieder aufgestellt worden (Abb. 3 zeigt
noch die Fassade im Schmuck dieser Plastiken).
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