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Monatshefte für Kunstwissenschaft — 10.1917

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Supka, G; Supka, Géza [Mitarb.]: Buddhistische Spuren in der Völker
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https://doi.org/10.11588/diglit.73982#0227

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BUDDHISTISCHE SPUREN IN DER VÖLKER-
WANDERUNGSKUNST
Mit vierundzwanzig Abbildungen auf neun Tafeln Von G. SUPKA-Budapest

Im Verlaufe von Untersuchungen über die Wanderung einzelner künstlerischen
Motive im frühen Mittelalter ist es mir schon vor einiger Zeit aufgefallen, daß
manche der buddhistischen Art entnommene Kunstformen selbst soweit wie Galliens
Erde sich erweisen ließen. Ich verwies hierbei vor allem auf eine „spätantike"
Steingruppe (Abb. i), die um die Mitte des letzten Jahrhunderts neben der Straße,
die zum großen Friedhofe von Saintes (Angouleme) führt, zum Vorschein kam,
und zurzeit im Museum Saint-Germain aufbewahrt wird. Ich gebe die Beschrei-
bung des Stückes dem Wortlaute Esperandieus1) folgend: „Auf der Vorderseite be-
findet sich, linker Hand, eine männliche Gottheit, mit untergeschlagenen Beinen,
die in der Rechten ein „Torques", in der Linken einen Geldbeutel hält; der Kopf
fehlt. Rechter Hand sitzt eine bekleidete Göttin; in der Rechten hält sie einen
unbestimmbaren Gegenstand, „vielleicht einen Vogel" (Bertrand, L'autel de Saintes),
in der Linken ein Füllhorn. Ihr zur Seite steht eine in kleinerem Maßstabe ge-
haltene Göttin, die — scheinbar — dieselben Attribute zur Hand hat. Laut
G. Gassies2) handelt es sich hier wahrscheinlich um den gehörnten Gott — dieu
cornu — und um die Terra Mater; die rechts stehende kleine Figur dürfte also
wohl kaum anders als das Attribut der Muttererde zu deuten sein, womit man
ihren Charakter als Mutter hervorzuheben gedachte."
Die in Abb. 2 gegenübergestellte Gruppe entstammt den neueren Ausgrabungen
von Sahri-Bahlol"). Es handelt sich offensichtlich um ein, der graeco-buddhisti-
schen Kunstart zugehörendes Werk, etwa aus dem 1. Jahrhundert n. Chr., das links
den Gott Kuwera, den Beherrscher des dem buddhistischen Gebiete nordwärts
gelegenen Goldlandes (Altai?) und — unter dem Namen des Alakadeva — einen
der nördlichen Apostel der buddhistischen Sage4), den Gott des Reichtums und
König der Yaksha-Halbgötter oder Geister darstellt, dessen Darstellungen wir be-
sonders in den buddhistischen Klöstern des Pendsab begegnen. Leider fehlen
unserer Darstellung beide Hände, doch wissen wir aus anderen Exemplaren — so
z. B. einem bacchischen Relief aus dem türko-buddhistischen Huviäka-Kloster, das
zurzeit im Mathura-Museum aufbewahrt wird (Abb. 3)5) — daß der König in der
Linken durchwegs eine Geldbörse hält. Für das „Torques" in der Rechten der
Gestalt von Saintes hingegen besitzen wir eben aus indo-iranischem Gebiete die
besten Gegenstücke, wo die vergöttlichten Könige stets mit diesem Schwurringe,
dem Zeichen der Machtvollkommenheit, dargestellt wurden. Ich möchte nur kurz
auf die bekannten Felsenreliefs von Behistun und Naks-i-Rustam verweisen, wo
die Könige und Götter (Ahuramazda) stets solch eine Armilla zur Hand haben,
wie wir solche auch aus dem Funde vom Oxusgebiete 6), sowie dem zweiten

(1) Recueil Gen. des Bas-Reliefs de la Gaule Romaine, T. H., Aquitaine, S. 260 ff.

(2) Revue des etudes anc. IX, 1907, S. 364.

(3) Vinc. A. Smith, A History of Fine Art in India and Ceylon, S. 99, 114 und 137, woher auch die
Abbildung genommen ist.

(4) Kern, H., Der Buddhismus usw., deutsche Ausg., Leipzig 1884, II. Bd., S. 359.

(5) Smith, op. l., Fig. 81.

(6) Dalton, Archaeologia, Vol. 58, Part. I., S. 249.
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Monatshefte für Kunstwissenschaft, X. Jahrg. 1917, Heft 6

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