aber der nächste, mir bekannte Fund von dieser Art in die Mitte des deutschen
Landes: der Grabhügelfund von Klein-Aspergle im Württembergischen1) (Abb. 15
bis 17). Drei bezeichnende Stücke der Samanenausrüstung sind vorhanden: der
Seihlöffel, das Horn und der Almosentopf. Um Wiederholung zu vermeiden, ver-
weise ich inbezug auf die technischen Eigentümlichkeiten (Goldplattierung, Heraus-
arbeiten des eisernen Kernes zwischen den Goldornamenten u. a. m.) auf Linden-
schmits Beschreibung. Eine Datierung des Fundes ist meines Wissens nicht
versucht worden. Daß wir es mit einem orientalischen Funde zu tun haben,
leuchtet klar ein. Die technischen Details, die rotfigurige Vase aus der Pontos-
Gegend mit den ganz barbarischen Goldbeschlägen (Metall auf Ton genietet!), das
Tamgazeichen auf dem Seihlöffel, die Art des Grabhügelbaues, wie wir sie sonst
in der alttürkischen Schicht der Skythengräber finden, sprechen alle für das Orien-
talische. An der Hand der Ornamente dürfte es uns auch gelingen, ein annähern-
des Datum zu gewinnen. In der Scheibenfläche des Löffels ist die spätsasanidische
Palmette zu einer zentralen Komposition verwendet, wie wir sie von Zierscheiben
der ungarischen Landnahmezeit kennen (Abb. 18). Das Motiv ist im Ursprünge
natürlich ganz heraldisch: wir haben es hier mit der geflügelten Sonnenscheibe
Ägyptens zu tun, welche die Sasaniden — über Assyrien — als Helmzier ihrer
Fürsten herübernahmen und zuerst als solches zur Verzierung von entsprechen-
den, höfischen Gebrauchsgegenständen verwendeten. Unter Beeinflussung von
Elementen, die ich mit den Handwerkern der Nomadengegend (Ural-Altai) identi-
fizieren möchte, trat in der sasanidischen Kunst ein Streben nach Floralem auf,
die aus dem heraldischen Motive eine Palmette, dann die Palmettenranke, und
unter Einfluß der zar’ e^oyip- Nomadenblüte: der Erbse, die Arabeske hervor-
brachte. In der Ornamentik des hier abgebildeten (Abb. 19) Gürteltaschenbleches
aus Szolnok (9.Jahrhundert) dürfte sich kaum mehr die Helmzier der sasanidischen
Fürsten ablesen lassen; es tritt aber hier eine Eigentümlichkeit auf, die für die
Stücke aus Klein-Aspergle bezeichnend ist: das Palmettenblatt rollt sich zur Volute
zusammen, und aus der Volutenecke hängt ein nächstes Blatt herab, das nun seiner-
seits zur Bildung einer neuen Blüte den Anstoß gibt. Ich möchte hierzu ein
Knochenbeschläge der ungarischen Landnahmezeit beistellen (Abb. 20), wo das
Motiv, zum einfachen Flächenornament herabstilisiert, einen Stützpunkt des Ara-
beskenprinzipes abgibt. — Wenn nun im Funde von Klein-Aspergle unleugbar auch
Stücke früherer Perioden vorhanden sind (die Vasen), so mag das einesteils auf
die lange Fortdauer antiker Techniken in der Pontosgegend, anderenteils aber auch
auf die Art von Pietät gedeutet werden, womit die Türkvölker solche Stücke be-
trachtet haben, die die Jahrhunderte überdauerten; sicher ist aber, daß die Orna-
mentik der Metallzierate jener identisch ist, die wir in den Magyarenfunden des
9. bis 10. Jahrhunderts beobachten. Da wir nun nur aus dem 10. Jahrhundert
neun historisch festbestimmie Züge kennen, die die Ungarn bis an die Rheinlinie
und davon westlich führte, so halte ich es gar nicht für unmöglich, daß der be-
sprochene Fund die Habe eines Samanen der Magyaren darstellt. Es ist hier
nicht gut angebracht, mich über jene Urkunden zu erweitern, die die Beweise
liefern, daß die Ungarn noch im 11. bis 12. Jahrhundert hier und da „more paga-
nismo" die „skythische Religion" kultivierten, wobei sie „magos, phitonissas et
aruspices", kurz, den buddhistischen Samanen zum Führer hatten, der „per quo-
rum incantaciones valde gratiosus erat apud dominos." Ich verweise auf die
(1) Lindenschmit, Altert., Bd. III, Heft XII, Taf. 4—5.
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Landes: der Grabhügelfund von Klein-Aspergle im Württembergischen1) (Abb. 15
bis 17). Drei bezeichnende Stücke der Samanenausrüstung sind vorhanden: der
Seihlöffel, das Horn und der Almosentopf. Um Wiederholung zu vermeiden, ver-
weise ich inbezug auf die technischen Eigentümlichkeiten (Goldplattierung, Heraus-
arbeiten des eisernen Kernes zwischen den Goldornamenten u. a. m.) auf Linden-
schmits Beschreibung. Eine Datierung des Fundes ist meines Wissens nicht
versucht worden. Daß wir es mit einem orientalischen Funde zu tun haben,
leuchtet klar ein. Die technischen Details, die rotfigurige Vase aus der Pontos-
Gegend mit den ganz barbarischen Goldbeschlägen (Metall auf Ton genietet!), das
Tamgazeichen auf dem Seihlöffel, die Art des Grabhügelbaues, wie wir sie sonst
in der alttürkischen Schicht der Skythengräber finden, sprechen alle für das Orien-
talische. An der Hand der Ornamente dürfte es uns auch gelingen, ein annähern-
des Datum zu gewinnen. In der Scheibenfläche des Löffels ist die spätsasanidische
Palmette zu einer zentralen Komposition verwendet, wie wir sie von Zierscheiben
der ungarischen Landnahmezeit kennen (Abb. 18). Das Motiv ist im Ursprünge
natürlich ganz heraldisch: wir haben es hier mit der geflügelten Sonnenscheibe
Ägyptens zu tun, welche die Sasaniden — über Assyrien — als Helmzier ihrer
Fürsten herübernahmen und zuerst als solches zur Verzierung von entsprechen-
den, höfischen Gebrauchsgegenständen verwendeten. Unter Beeinflussung von
Elementen, die ich mit den Handwerkern der Nomadengegend (Ural-Altai) identi-
fizieren möchte, trat in der sasanidischen Kunst ein Streben nach Floralem auf,
die aus dem heraldischen Motive eine Palmette, dann die Palmettenranke, und
unter Einfluß der zar’ e^oyip- Nomadenblüte: der Erbse, die Arabeske hervor-
brachte. In der Ornamentik des hier abgebildeten (Abb. 19) Gürteltaschenbleches
aus Szolnok (9.Jahrhundert) dürfte sich kaum mehr die Helmzier der sasanidischen
Fürsten ablesen lassen; es tritt aber hier eine Eigentümlichkeit auf, die für die
Stücke aus Klein-Aspergle bezeichnend ist: das Palmettenblatt rollt sich zur Volute
zusammen, und aus der Volutenecke hängt ein nächstes Blatt herab, das nun seiner-
seits zur Bildung einer neuen Blüte den Anstoß gibt. Ich möchte hierzu ein
Knochenbeschläge der ungarischen Landnahmezeit beistellen (Abb. 20), wo das
Motiv, zum einfachen Flächenornament herabstilisiert, einen Stützpunkt des Ara-
beskenprinzipes abgibt. — Wenn nun im Funde von Klein-Aspergle unleugbar auch
Stücke früherer Perioden vorhanden sind (die Vasen), so mag das einesteils auf
die lange Fortdauer antiker Techniken in der Pontosgegend, anderenteils aber auch
auf die Art von Pietät gedeutet werden, womit die Türkvölker solche Stücke be-
trachtet haben, die die Jahrhunderte überdauerten; sicher ist aber, daß die Orna-
mentik der Metallzierate jener identisch ist, die wir in den Magyarenfunden des
9. bis 10. Jahrhunderts beobachten. Da wir nun nur aus dem 10. Jahrhundert
neun historisch festbestimmie Züge kennen, die die Ungarn bis an die Rheinlinie
und davon westlich führte, so halte ich es gar nicht für unmöglich, daß der be-
sprochene Fund die Habe eines Samanen der Magyaren darstellt. Es ist hier
nicht gut angebracht, mich über jene Urkunden zu erweitern, die die Beweise
liefern, daß die Ungarn noch im 11. bis 12. Jahrhundert hier und da „more paga-
nismo" die „skythische Religion" kultivierten, wobei sie „magos, phitonissas et
aruspices", kurz, den buddhistischen Samanen zum Führer hatten, der „per quo-
rum incantaciones valde gratiosus erat apud dominos." Ich verweise auf die
(1) Lindenschmit, Altert., Bd. III, Heft XII, Taf. 4—5.
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