die Gipfelverzierung (pinacle) ^), die im wesentlichen aus einem Kästchen, genannt
„thi", skr. „harmikä", besteht, worüber sich manchmal eine umgekehrte Stufen-
pyramide, andersmal wieder eine pagodenartige hölzerne „corniche" erhebt; die
letzteren Teile sind aber gar nicht unentbehrlich 2), ja, sie fehlen sogar bei den
meisten Kuppeln, — so auch in unserer Abbildung. 6) Der Oberbau der vihära
bekommt sein Licht durch einige kleine Fenster, deren Laibung einwärts stark ab-
geschrägt ist, wofür Foucher Erklärung und Abbildung mit Durchriß gibt "); es ist
— laut Foucher — eine Erfindung der Mönche von Tayt-i-Bahai, die 7) ihre Cella
am sonnverbrannten Hügel hierdurch vor Hitze und Regen schützen wollten. Be-
sonders bei den vihäras von Swät (Nord-Gandhära) finden wir nun 8) die Eigen-
tümlichkeit, daß sich in der Mauer des Rundbaues eine Nische man möchte sie
Apsis nennen — befindet; es ist dies z. B. der Fall in Särkotlai, deren Grundriß
Fouchers Abb. 39 gibt. Die Nische mag offenbar den Zweck gehabt haben, als
Aufbewahrungsort von 9) Reliquienurnen zu dienen, wie wir ihrer aus Stupen eine
große Reihe kennen 4). 10) Als Eingang zur Zelle der vihära diente eine Zwei-
flügeltüre, deren Sturz zumeist (vgl. Foucher, Fig. 32 u. 55) als eine Verdachung
ausgebildet wurde. Ich möchte noch bemerken, daß die Türe des hier abgebildeten
Modellreliefs wohl in reiner Holzarchitektur dargestellt ist, daß aber die Beispiele
bei Foucher (vgl. auch z. B. das vihära-Modell Fig. 41) ganz antike Formen,
unter dem Einflüsse der graeko-baktrischen Kunst aufzuweisen haben '), wie denn
überhaupt die Steinarchitekturen des nördlichen Gandhära und Kasmir ganz an
klassische Typen gemahnen. 11) Sowohl an unserer Abbildung, wie sonst an be-
liebigen Stupen und vihäras 6) lassen sich die beiden herumlaufenden Gesimse er-
kennen, das eine unter der Kuppel, das andere in der Höhe des Türsturzes. 12) Um
die Zelle herum läuft ein Gang mit Brüstungsgitter; dies läßt sich sowohl an unserer
Abbildung, wie vielleicht noch klarer auf dem Relief (Foucher, Fig. 41) klarstellen.
13) Der polygonale 7) Unterbau, der bei den Stupen wohl als massive Basis, sonst
aber auch kavernenartig ausgebildet war 8), ist an seiner Wandung entweder durch
Pilaster 9), oder durch Arkadenreihen10), oder aber — und dies war die Regel —
wie auf unserer Abbildung nischenartig gegliedert gewesen, worin wahrscheinlich
Statuen untergebracht waren. 14) Das Hervorheben der die Nischen bekrönenden
Bögen, das uns im antiken Westen so seltsam anmutet, ist für das nordwestliche
Indien eine notgedrungene Entwicklungstufe, die — wie dies auch Haupt sehr
treffend bemerkt — die Bögen der Holzarchitektur zur Voraussetzung hat. Für
Indien läßt sich dieser Werdegang ungemein klar an der Entwicklung des Khudu-
(„Hütten"-) Bogen-Ornamentes verfolgen, wo selbst noch in ganz späten Stein-
architekturen die einstigen Bestandteile (Dübel usf.) rein erkennbar sind "). 15) Zur
(1) Foucher S. 72.
(2) Jouv. S. 29.
(3) Foucher S. 105 f.
(4) Foucher glaubt, daß sie zum Aufstellen von Lampen, „l'unique decoration des cellules" dienten.
Für diese Annahme besitzen wir aber gar keinen Beweis.
(5) „Les moulures du linteau surplombant rappellent certains modeles d'Asie Mineure". Fouch. S. 109.
(6) z. B. Jouv. Pl. VI. B., Foucher, Fig. 56.
(7) Jouv. S. X73.
(8) Foucher, S. 113, 120.
(9) Jouv. S. 173.
(10) Foucher S. 71.
(11) Vgl. z. B. Foucher, Abb. 33.
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„thi", skr. „harmikä", besteht, worüber sich manchmal eine umgekehrte Stufen-
pyramide, andersmal wieder eine pagodenartige hölzerne „corniche" erhebt; die
letzteren Teile sind aber gar nicht unentbehrlich 2), ja, sie fehlen sogar bei den
meisten Kuppeln, — so auch in unserer Abbildung. 6) Der Oberbau der vihära
bekommt sein Licht durch einige kleine Fenster, deren Laibung einwärts stark ab-
geschrägt ist, wofür Foucher Erklärung und Abbildung mit Durchriß gibt "); es ist
— laut Foucher — eine Erfindung der Mönche von Tayt-i-Bahai, die 7) ihre Cella
am sonnverbrannten Hügel hierdurch vor Hitze und Regen schützen wollten. Be-
sonders bei den vihäras von Swät (Nord-Gandhära) finden wir nun 8) die Eigen-
tümlichkeit, daß sich in der Mauer des Rundbaues eine Nische man möchte sie
Apsis nennen — befindet; es ist dies z. B. der Fall in Särkotlai, deren Grundriß
Fouchers Abb. 39 gibt. Die Nische mag offenbar den Zweck gehabt haben, als
Aufbewahrungsort von 9) Reliquienurnen zu dienen, wie wir ihrer aus Stupen eine
große Reihe kennen 4). 10) Als Eingang zur Zelle der vihära diente eine Zwei-
flügeltüre, deren Sturz zumeist (vgl. Foucher, Fig. 32 u. 55) als eine Verdachung
ausgebildet wurde. Ich möchte noch bemerken, daß die Türe des hier abgebildeten
Modellreliefs wohl in reiner Holzarchitektur dargestellt ist, daß aber die Beispiele
bei Foucher (vgl. auch z. B. das vihära-Modell Fig. 41) ganz antike Formen,
unter dem Einflüsse der graeko-baktrischen Kunst aufzuweisen haben '), wie denn
überhaupt die Steinarchitekturen des nördlichen Gandhära und Kasmir ganz an
klassische Typen gemahnen. 11) Sowohl an unserer Abbildung, wie sonst an be-
liebigen Stupen und vihäras 6) lassen sich die beiden herumlaufenden Gesimse er-
kennen, das eine unter der Kuppel, das andere in der Höhe des Türsturzes. 12) Um
die Zelle herum läuft ein Gang mit Brüstungsgitter; dies läßt sich sowohl an unserer
Abbildung, wie vielleicht noch klarer auf dem Relief (Foucher, Fig. 41) klarstellen.
13) Der polygonale 7) Unterbau, der bei den Stupen wohl als massive Basis, sonst
aber auch kavernenartig ausgebildet war 8), ist an seiner Wandung entweder durch
Pilaster 9), oder durch Arkadenreihen10), oder aber — und dies war die Regel —
wie auf unserer Abbildung nischenartig gegliedert gewesen, worin wahrscheinlich
Statuen untergebracht waren. 14) Das Hervorheben der die Nischen bekrönenden
Bögen, das uns im antiken Westen so seltsam anmutet, ist für das nordwestliche
Indien eine notgedrungene Entwicklungstufe, die — wie dies auch Haupt sehr
treffend bemerkt — die Bögen der Holzarchitektur zur Voraussetzung hat. Für
Indien läßt sich dieser Werdegang ungemein klar an der Entwicklung des Khudu-
(„Hütten"-) Bogen-Ornamentes verfolgen, wo selbst noch in ganz späten Stein-
architekturen die einstigen Bestandteile (Dübel usf.) rein erkennbar sind "). 15) Zur
(1) Foucher S. 72.
(2) Jouv. S. 29.
(3) Foucher S. 105 f.
(4) Foucher glaubt, daß sie zum Aufstellen von Lampen, „l'unique decoration des cellules" dienten.
Für diese Annahme besitzen wir aber gar keinen Beweis.
(5) „Les moulures du linteau surplombant rappellent certains modeles d'Asie Mineure". Fouch. S. 109.
(6) z. B. Jouv. Pl. VI. B., Foucher, Fig. 56.
(7) Jouv. S. X73.
(8) Foucher, S. 113, 120.
(9) Jouv. S. 173.
(10) Foucher S. 71.
(11) Vgl. z. B. Foucher, Abb. 33.
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