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Monatshefte für Kunstwissenschaft — 10.1917

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West, Robert: Der Meister von Grossgmain
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https://doi.org/10.11588/diglit.73982#0249

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Bischof von Chiemsee zwei Seitenaltäre in der Kirche weihte. Es ist wahr-
scheinlich, daß die sechs Tafelbilder zu einem großen gotischen Flügelaltar ge-
hörten und es ist auch ferner möglich, daß „als plastische Hauptgruppe des
Mittelschreines die Krönung Mariae anzusehen ist, die jetzt am Aufsatz des
Hochaltars von 1739 angebracht ist" 9. Bestimmteres wissen wir hierüber jedoch
nicht. Es ist auch schwierig, sich die Zugehörigkeit der sechs Tafeln zu ein und
demselben Altar zu erklären, da die Maße nicht übereinstimmen. Es handelt
sich um vier Bilder von 153X99 cm und zwei schmale hohe Tafeln von
262X55 cm. Sighart2) sah im Jahre 1845 noch zwei weitere Tafeln, die aber spur-
los verschwunden sind. Er hielt die beiden hohen Tafeln (Abb; 5 u. 6) für früh-
gotische Arbeiten, sie müssen aber ebenso wie die anderen, datierten Bilder in
das Ende des 15. Jahrhunderts versetzt werden und stammen wohl zweifellos
von demselben Meister.
Bis zum Jahre 1830 scheinen die Bilder gänzlich unbeachtet geblieben zu sein.
Am 27. April dieses Jahres wies aber das Pfleggericht Salzburg das Kreisamt „auf
4 antike Holzgemälde von anerkanntem Werte von 1499" hin. Diese vier Ge-
mälde waren in die Seitenmauern der Kirche eingelassen und durch die Feuchtig-
keit der Wände „schon gänzlich verderbet und unkenntlich gemacht". Aus einem
Bericht des Pflegers Petermandl vom 23. April 1831 entnehmen wir ferner, daß
die vier „antiken Kunstgemälde" nun aus der feuchten Mauerwand herausge-
nommen und „renoviert, d. i. geputzt, verkittet, ausgebessert und gefirnist und
an der Rückseite mit Ölfarbe angestrichen" worden sind. Die Ausbesserung der
Bilder war von der geistlichen Vogtei dem Herrn Domkapitular Marchner über-
tragen und wurde ausgeführt von dem Maler Franz Gebhauser. Nur die Ver-
goldung des Hintergrundes fehlte noch, als Petermandl die Gemälde im Hause
des Domherrn Marchner wiedersah. Marchner starb um Ostern 1830. Nach seinem
Tode bestellte Petermandl beim Tapezierer Pfanzelter neue Goldrahmen und die
nötigen Tapeten. 1839 werden die Bilder abermals erwähnt, es ist aber in dem
Bericht des Pfleggerichtes an das Kreisamt diesmal von fünf Bildern die Rede.
Deren Restaurierung nahm noch im selben Jahre der Maler Martin Pitzer in An-
griff. Im Jahre 1843 erwähnt Pillwein die Bilder3) in seiner „Geschichte, Ge-
ographie und Statistik des Erzherzogtums Österreich ob der Enns und des Her-
zogtums Salzburg". Er sagt: „Vier ausgezeichnet schöne Holzgemälde von 1499
durch einen und den nämlichen Künstler zieren in der Nähe des Hochaltars die
Wände. Sie hingen vielleicht einst in der Kapelle der Burg von Plain." Dies ist
möglich, Stiaßny nimmt es als gewiß an. Sichere Anhaltspunkte haben wir je-
doch nicht dafür. Das Geschlecht der Grafen von Plain starb schon im 13. Jahr-
hundert aus. Die Burg fiel dann an das Erzstift Salzburg, welches dort Burg-
grafen einsetzte. Wir hören von einer „Capella in castro Plajen", welche 1144
von Papst Lucius II. dem Stifte St. Zeno bei Reichenhall bestätigt wurde. Heute
ist nur noch die Ruine der alten, auf einem Hügel unmittelbar über Großgmain
gelegenen Burg erhalten. Wahrscheinlicher bleibt es, daß die Bilder Reste eines
für die Wallfahrtskirche selbst angefertigten großen Flügelaltars sind. Neun
Jahre nach dieser Erwähnung der Großgmainer Bilder durch Pillwein berichtete

(1) Österreichische Kunsttopographie. Band XI. Wien 1915.

(2) Sighart, Mittelalterliche Kunst (1858). Sighart, In Bavaria I. (1860). Sigfiart, Ge-
schichte der bildenden Künste in Bayern (1863).

(3) Pillwein, Salzachkreis.

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