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Monatshefte für Kunstwissenschaft — 10.1917

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West, Robert: Der Meister von Grossgmain
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https://doi.org/10.11588/diglit.73982#0250

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Petzolt1) im „Deutschen Kunstblatt" über sie. Er bemerkt, daß in verschiedenen
Reiseberichten Michael Wohlgemuth „wol ganz unrichtig" als Schöpfer dieser
Malereien genannt würde Und fährt weiter fort: „Unter den vielseitigen Urteilen,
welche Künstler und Kunstkenner über diese Werke ausgesprochen haben, be-
gegnen sich die meisten in der Meinung, daß diese Gemälde von Bartholomäus
Zeitblom herrühren."
Wir begegnen hier zum ersten Mal dieser Vermutung und ihrer Begründung.
Robert Stiaßny hat die Geschichte dieser heute als Irrtum erkannten Benennung
eingehend dargestellt 2), ohne jedoch auf das einzige Körnchen Wahrheit hinzu-
weisen, das zweifellos in ihr enthalten ist. Graf Laktanz Firmian, der Oberhof-
meister am Hofe von Salzburg, hatte auf seinem Schlosse Leopoldskron bei
Salzburg eine Bildersammlung angelegt, welche nach seinem, im Jahre 1786 er-
folgten Tode zur Versteigerung gelangte. Die Gemälde wurden, wie Petzolt sagt,
„nach allen Weltgegenden um Spottpreise verstreut," während die „Abteilung
der wenigen Handzeichnungen" an einen Salzburger Händler kam. Es befanden
sich darunter sechs kleine mit Rotstift auf Reispapier gezeichnete Skizzen, die
der Künstler loffenbar auf einer Italienreise nach Gemälden italienischer Meister
gemacht hatte. Die Blätter stellten dar:
I. Ein Altargemälde von Bartolomeo Vivarini „einen heiligen Bischof am
Trone sitzend3)" aus SS. Giovanni e Paulo in Venedig. Dieses Blatt trug in
schwarzer Tusche die Unterschrift „Zu Vynedig, im 1492 Jar".
2. Figuren aus den allegorischen Darstellungen Giottos in der Arenakapelle
zu Padua „sowie auch einige Figuren aus dem über der Kirchentür daselbst aus-
geführten Gemälde des jüngsten Gerichtes4)". Unterschrieben in gleicher Weise
wie das vorige Blatt: „Deß großen Padovaner Mahler Giotty."
3. Brustbilder dreier singender Engel „ziemlich ähnlich den keuschen Gebilden
des Girolamo dai Libri in der Kirche S. Giorgio in Verona5)".
4. „Das Christkind von Andrea Mantegna, welches gegenwärtig leider im Kreuz-
gang zu S. Zeno Maggiore in Verona an die Mauer gemalt, gänzlich verloschen
ist6). Unterschrieben „1492 am Kürchgang zu Skd. Zeno von dem Mahler Quar-
tione." Petzolt bemerkt hierzu noch weiter „Die Veroneser Guiden führen durch-
aus Andrea Mantegna als den Meister jenes verunglückten Freskogemäldes an.
Unseren deutschen Künstler hat man sicher falsch berichtet, indem man ihm
dem Lehrmeister Mantegnas, Francesco Squarcione nannte."
5. Ein auf beiden Seiten gezeichnetes Blatt. Auf der einen Seite sah man
„fliegende Engel", auf der anderen den ziemlich verloschenen Kopf eines bär-
tigen alten Mannes", mit der Unterschrift: „1492 Jar zu Verona B. Z."
6. Die Krönung Mariae von Ambrogio Fossano (Borgognone) an einer Altar-
nische der Certosa zu Pavia, unterschrieben: „In unser lieb frauen Kürch zu
naechst der Stadt Pavia B. Z." Die Jahreszahl war hier unleserlich. Auf der
Rückseite dieses Blattes war eine Reiterstatue des heiligen Georg abgebildet, die
sich im Altarschrein der Kirche zu Nonn bei Reichenhall befand. Unterschrieben

(1) Petzolt, Temperamalereien in der Kirche zu Großgmain, Deutsches Kunstblatt 1852.

(2) Robert Stiaßny, Altsalzburger Tafelbilder. Jahrbuch der Kunstsammlungen des
Allerhöchsten Kaiserhauses XXIV. (1903).

(3) Petzolt, Deutsches Kunstblatt 1852.

(4) Petzolt, Deutsches Kunstblatt 1852.

(5) Petzolt, ebendort.

(6) Petzolt, ebendort.

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