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Monatshefte für Kunstwissenschaft — 10.1917

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West, Robert: Der Meister von Grossgmain
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https://doi.org/10.11588/diglit.73982#0254
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Großgmain: ihn malte. Dagegen sehe ich die Hand dieses Meisters sowohl in
dem Bild des heiligen Wolfgang in der Münchner Frauenkirche, wie in den
Kirchenvätern der Sammlung Lindenau in Berlin.
Immerhin ist es Stiaßny gelungen, etwas Licht in das dunkle Gebiet der alt-
salzburger Malerei zu tragen und es ist wohl möglich, daß er mit seiner Ent-
deckung des Rueland Frueauf in dem Monogrammisten R. F. den Weg ge-
wiesen hat, auf dem wir vielleicht noch einmal zur Auffindung des Meisters von
Großgmain gelangen können, denn die von Stiaßny mit bewundernswürdigem
Kennerblick bemerkten Übereinstimmungen und Ähnlichkeiten zwischen den
Wiener Tafeln und den Großgmainer Bildern sind tatsächlich vorhanden. Sie
genügen nur meines Erachtens nicht, um beide Bildgruppen dem gleichen Maler
zuzuschreiben. Es handelt sich um Übereinstimmungen in Einzelheiten, während
im Wesentlichen und eigentlich Maßgebenden die Übereinstimmung des Ganzen
nach Stil und Behandlung fehlt. Ein Schul- oder Werkstattzusammenhang ist
allerdings wahrscheinlich. Bei einer genauen Prüfung der yon Stiaßny zwischen
den Wiener und den Großgmainer Tafeln nachgewiesenen Ähnlichkeiten drängt
sich die Erkenntnis auf, daß diese Ähnlichkeiten nicht überzeugender sind als die
ebenfalls vorhandenen Ähnlichkeitsmerkmale zwischen den Großgmainer Bildern
und den beglaubigten Werken Zeitbloms.
Auf Grund der genauen Arbeit Stiaßnys hat Otto Fischer in Hiersemanns
Kunstgeschichtlichen Monographien munter drauf los phantasiert und die Ver-
mutungen Stiaßnys ohne weiteres als beglaubigte Tatsachen hingestellt. Zu
meinem Erstaunen fand ich die Werkel des Großgmainer Meisters ohne alle
nähere Begründung unter den Arbeiten Rueland Frueaufs d. Ä. angeführt. Otto
Fischer stellt seine Leser einfach vor die Tatsache: „Am besten hilft man sich
mit der Annahme eines größeren Werkstattbetriebs, der ja in der Tat sehr wahr-
scheinlich ist, und trennt die Werke (Rueland Frueaufs d. Ä.) in solche, bei
denen der eigenhändige Anteil des Meisters überwiegt und in solche, bei denen
die ausführende Hand von Gehilfen den Hauptanteil hat. In die erste Reihe ge-
hören ... endlich die Tafeln von Großgmain 1499". Fischer räumt später aller-
dings ein, daß „von den Wiener Tafeln zu den Großgmainern ein weiter Schritt
sei. Ja der Abstand scheint so groß, daß man leicht an der Urheberschaft des-
selben Meisters zweifeln könnte. Eine genaue Untersuchung zerstreut aber alle
Bedenken, die man gegen eine beträchtliche Stilwandlung in der kurzen Frist
von acht Jahren vorbringen könnte." Otto Fischer glaubt außerdem, die Kluft,
welche beide Gruppen trennt, ausfüllen zu können durch die Entdeckung zweier
Täfelchen, Teile eines kleinen Altarschreins, welche sich jetzt auseinandergesägt
in Skt. Florian, Budapest und Venedig befinden. Diese Malereien sind mir nur
aus den Abbildungen bekannt, so daß ich kein Urteil darüber aussprechen kann,
ob sie von der Hand des Großgmainer Meisters herrühren können oder nicht.
Andrerseits konnte ich aber weder in der Verkündigung (Budapest) noch in der
Anbetung des Kindes (Venedig) Züge entdecken, die mehr als eine allgemeine
zeitlich begründete Ähnlichkeit mit den Großgmainer Bildern hätten.
Eine gewisse Schwierigkeit stellt sich der Vergleichung der Wiener und
Großgmainer Tafeln in dem Unterschied der Formate entgegen. Immerhin kann
aber doch das Format der Wiener Tafeln nicht, wie Stiaßny meint, dafür ver-
antwortlich gemacht werden, daß die „Formen flacher und flauer, die Bewe,
gungen ungelenker, die Gewänder scharfbrüchiger" sind als auf den Großgmainer
Bildern. Was Robert Stiaßny ferner von der Farbengebung auf beiden Bild-
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