festen Mund. Das Gesicht ist sehr blaß und zeigt am Kinn den üblichen bläu-
lichen Ton der glattrasierten Gesichter von Schwarzhaarigen. Die Augen scheinen
vom Weinen gerötet (Abb. 5). Auch hier hat der Maler wieder die glatt an-
liegende runde Kopfbedeckung gewählt, um die Furchen und geraden Linien des
Gesichtes hervorzuheben. Dieser Kopf erscheint zwischen zwei bärtigen Apostel-
köpfen, drei Porträts, welche an Dürers Apostel gemahnen.
Drei dieser Tafeln, die Tempeldarbringung, das Pfingstfest und der Tod Marias
zeigen auf den Rückseiten noch wertvolle Reste einstiger Bemalung. Nur bei dem
Bild des zwölfjährigen Jesus im Tempel ist die Rückseite ganz abgekratzt
worden. Es kann gar kein Zweifel darüber bestehen, daß die Bilder der Rück-
seiten nicht von der Hand des Meisters der vorderen Tafeln sind. Wahrschein-
lich waren jene als Außenseiten weniger wichtigen Gemälde einem Gehilfen an-
vertraut, der sich jedoch als eigenartiger und liebenswürdiger Maler neben dem
Meister fast gleichwertig behauptet. Merkwürdig ist, daß die erhaltenen Reste
kaum auf einen Werkstattzusammenhang weisen. Nicht nur, daß es sich bei
dem Maler der Rückseiten offenbar um eine ganz andere, mehr lyrisch-roman-.
tisch gestimmte Natur handelt, wir sehen hier auch Einflüsse aus den Nieder-
landen, die bei dem Meister der Haupttafeln fehlen. Die Landschaft spielt bei
jenem eine große Rolle, während sie für diesen gar nicht vorhanden scheint.
Die Innenarchitektur ist ganz anders empfunden, wie der Rest der zerstörten Be-
schneidung auf der Rückseite des Pfingstfestes zeigt. Dieser Gehilfe malte mit
offenkundigem Vergnügen gotische Gewölbe, Spitzbogen, Kreuzrippen, schlanke
Dienste, während sein Meister sich eines frostigen, kahlen Klassizismus befleißigte.
Die Hintergründe des Meisters sind immer Schöpfungen seiner Phantasie und
rein linear gedacht. Er gibt das Nötige zur Andeutung der Lokalität; in der
Tempeldarbringung die Mensa, in der Disputation ein paar Pfeiler und den
Thron, im Pfingstfest gar nur eine Brüstung, und im Tod der Maria ist über-
haupt nichts weiter als ein Fließenfußboden von der Innenarchitektur vorhanden.
Der architektonische Grund ist durchweg ganz ornamental behandelt, der Figuren-
komposition untergeordnet. Der Maler der Rückseiten dagegen hat in dem Frag-
ment der Beschneidung eine Innenarchitektur nach der Natur gemacht und die
Figuren in dieses Kircheninterieur hineingesetzt, nicht die Architektur hinter sie
gemalt.
Daß er seine Hintergründe nach der Natur aufnahm und im Gegensatz zu dem
Meister der Vorderseite seine Figuren von vornherein im Zusammenhang mit
dem Hintergrund dachte, geht mit überzeugender Deutlichkeit aus dem leider
auch sehr zerstörten Gemälde hinter der Tempeldarbringung (Abb. 6) hervor.
Hier ist die Landschaft des Hintergrundes offenbar ein Motiv aus der nächsten
Umgebung von Großgmain. Die Burg, welche rechts oben auf einem bewaldeten
Hügel erscheint, ist ganz deutlich nach Form und Lage als die Plainburg zu
erkennen, deren Ruine heute Großgmain überragt. Beachtenswert ist es, wie in-
dividuell der Künstler seinen Baumschlag malte. Laubholz und Tannen sind
deutlich von einander Unterschieden. Auf diesem Bild macht sich bereits die
typisch deutsche Waldstimmung, der Sinn für die Poesie bebuschter Hügel und
hochragender Bäume geltend.
Der untere Teil des Gemäldes ist fast ganz zerstört. Erhalten blieb noch eine
weibliche Figur ganz links, mit blassem unbedeutendem Gesicht Und langen
schmalen; Augen. Unter dem weißen Kopftuch wird ein Stück des Halses sicht-
bar. Das weiße Tuch ist hübsch über die linke Schulter gelegt und unter der
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lichen Ton der glattrasierten Gesichter von Schwarzhaarigen. Die Augen scheinen
vom Weinen gerötet (Abb. 5). Auch hier hat der Maler wieder die glatt an-
liegende runde Kopfbedeckung gewählt, um die Furchen und geraden Linien des
Gesichtes hervorzuheben. Dieser Kopf erscheint zwischen zwei bärtigen Apostel-
köpfen, drei Porträts, welche an Dürers Apostel gemahnen.
Drei dieser Tafeln, die Tempeldarbringung, das Pfingstfest und der Tod Marias
zeigen auf den Rückseiten noch wertvolle Reste einstiger Bemalung. Nur bei dem
Bild des zwölfjährigen Jesus im Tempel ist die Rückseite ganz abgekratzt
worden. Es kann gar kein Zweifel darüber bestehen, daß die Bilder der Rück-
seiten nicht von der Hand des Meisters der vorderen Tafeln sind. Wahrschein-
lich waren jene als Außenseiten weniger wichtigen Gemälde einem Gehilfen an-
vertraut, der sich jedoch als eigenartiger und liebenswürdiger Maler neben dem
Meister fast gleichwertig behauptet. Merkwürdig ist, daß die erhaltenen Reste
kaum auf einen Werkstattzusammenhang weisen. Nicht nur, daß es sich bei
dem Maler der Rückseiten offenbar um eine ganz andere, mehr lyrisch-roman-.
tisch gestimmte Natur handelt, wir sehen hier auch Einflüsse aus den Nieder-
landen, die bei dem Meister der Haupttafeln fehlen. Die Landschaft spielt bei
jenem eine große Rolle, während sie für diesen gar nicht vorhanden scheint.
Die Innenarchitektur ist ganz anders empfunden, wie der Rest der zerstörten Be-
schneidung auf der Rückseite des Pfingstfestes zeigt. Dieser Gehilfe malte mit
offenkundigem Vergnügen gotische Gewölbe, Spitzbogen, Kreuzrippen, schlanke
Dienste, während sein Meister sich eines frostigen, kahlen Klassizismus befleißigte.
Die Hintergründe des Meisters sind immer Schöpfungen seiner Phantasie und
rein linear gedacht. Er gibt das Nötige zur Andeutung der Lokalität; in der
Tempeldarbringung die Mensa, in der Disputation ein paar Pfeiler und den
Thron, im Pfingstfest gar nur eine Brüstung, und im Tod der Maria ist über-
haupt nichts weiter als ein Fließenfußboden von der Innenarchitektur vorhanden.
Der architektonische Grund ist durchweg ganz ornamental behandelt, der Figuren-
komposition untergeordnet. Der Maler der Rückseiten dagegen hat in dem Frag-
ment der Beschneidung eine Innenarchitektur nach der Natur gemacht und die
Figuren in dieses Kircheninterieur hineingesetzt, nicht die Architektur hinter sie
gemalt.
Daß er seine Hintergründe nach der Natur aufnahm und im Gegensatz zu dem
Meister der Vorderseite seine Figuren von vornherein im Zusammenhang mit
dem Hintergrund dachte, geht mit überzeugender Deutlichkeit aus dem leider
auch sehr zerstörten Gemälde hinter der Tempeldarbringung (Abb. 6) hervor.
Hier ist die Landschaft des Hintergrundes offenbar ein Motiv aus der nächsten
Umgebung von Großgmain. Die Burg, welche rechts oben auf einem bewaldeten
Hügel erscheint, ist ganz deutlich nach Form und Lage als die Plainburg zu
erkennen, deren Ruine heute Großgmain überragt. Beachtenswert ist es, wie in-
dividuell der Künstler seinen Baumschlag malte. Laubholz und Tannen sind
deutlich von einander Unterschieden. Auf diesem Bild macht sich bereits die
typisch deutsche Waldstimmung, der Sinn für die Poesie bebuschter Hügel und
hochragender Bäume geltend.
Der untere Teil des Gemäldes ist fast ganz zerstört. Erhalten blieb noch eine
weibliche Figur ganz links, mit blassem unbedeutendem Gesicht Und langen
schmalen; Augen. Unter dem weißen Kopftuch wird ein Stück des Halses sicht-
bar. Das weiße Tuch ist hübsch über die linke Schulter gelegt und unter der
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