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Monatshefte für Kunstwissenschaft — 10.1917

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Feurstein, Heinrich: Der Monogrammist M. W. und der Meister von Messkirch
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https://doi.org/10.11588/diglit.73982#0279

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II.

Ist der Monogrammist M. W., also Marx Weiß, Maler zu Überlingen, aus der
Balinger Malerfamilie der Meister von Meßkirch?
Der Frage kann man, solange andere Quellen so gut wie versagen, in entschei-
dender Weise nur stilkritisch beikommen. Nun haben wir aber von bezeugten
und erhaltenen Arbeiten des Marx Weiß bis jetzt nur die Gewölbemalereien des
Überlinger Münsters, die zudem, wie sich aus der Natur der Sache ergibt, rein
ornamental sind. Es läßt sich nun nicht bestreiten, daß in diesen Fresken eine
Verwandtschaft mit der ornamentalen Formensprache des Meßkircher Meisters zu-
tage tritt, namentlich in den Einzelheiten des Rankenwerks, in der Verbindung von
Blattwerk und Vasenmotiv und in der Verwendung der flammenden Maske, ein
beliebtes Motiv des Meßkircher Meisters1). Auch die Grisaille-Malereien auf der
Zimmerschen Burg Wildenstein gehören wohl in diesen Zusammenhang. Ich weiß
aber nicht, ob das hinreicht, um Marx Weiß mit dem Meister von Meßkirch gleich-
zusetzen, denn die Überlinger Malereien lassen doch das Rassige, Überquellende
des Meßkirchers stark vermissen, selbst wenn man zugesteht, daß der Künstler
des Jahres 1560 nicht mehr der Künstler des Jahres 1538 sein kann.
Nun haben wir freilich noch den signierten und datierten Scheibenriß des Meisters
M. W., von dem wir ja ausgegangen sind. Aber auch Prof. Ganz wagt die Frage
nicht zu entscheiden, ob das Monogramm dem geistigen Urheber der Zeichnung
oder dem Werkstattkopisten eignet2). Ich gestehe, die Frage ist schwer zu lösen.
Zwar ist die Handschrift des Meßkircher Meisters unverkennbar, aber abgesehen
von den Schwächen der Zeichnung erscheint namentlich die Architektur, deren
Anwendung freilich auch beim Meßkircher Meister oft zu geradezu absurden For-
men geführt hat, hier gänzlich unverstanden. Wenn es erlaubt ist, noch eine
Schriftvergleichung vorzunehmen, so zeigt die Schreibschrift der Wienerzeichnung
mit Martinus und Apollonia keinerlei Verwandtschaft mit den Zügen der Urkunde
von 1560, obwohl erstere nicht unbedingt von des Künstlers Hand stammen muß.
Was sich beim augenblicklichen Stand der Forschung sagen läßt, ist nur, daß
ein enger Schul- und Werkstattzusammenhang zwischen den beiden Malern be-
standen haben muß, und zwar auf der Grundlage einer ungefähr kongenialen selb-
ständigen Arbeitsgemeinschaft, etwa ähnlich wie in den letzten Jahren zwischen
Wohlgemut und Dürer, oder zwischen Dürer und Schäufelein, wo z. B. beim Ober-
St. Veiter Altar der Anteil des einen und des andern schwer auszuscheiden ist3).
Jedenfalls hat sich Marx Weiß gut in den Geist des Meßkirchers hineingelebt.
Diese Zusammenarbeit empfahl sich aus praktischen Gründen, denn der Meister
von Meßkirch war offenbar viel beschäftigt. Schon P. Pöllmann hat auf bisher
unbekannte Schülerarbeiten hingewiesen4), Flügelaltärchen zweiter Güte, Pre-
dellen u. ä., die auf dem Pfarrhausspeicher in Meßkirch lagern. Er versetzt diese
Arbeiten zwar in die Spätzeit um 1620, ich halte das aber für ausgeschlossen und
glaube sagen zu können, daß diese der Ablachkirche entstammenden Flügel5) schwache
(x) Ganz, a. a. O., S. 46 Fußnote, spricht von einer starken Ähnlichkeit mit den bemalten Rückseiten
des Meßkircher Altares.
(2) Ganz, a. a. O., S. 39.
(3) Thieme, Hans Leonhard Schäufeleins malerische Tätigkeit. Leipzig 1892, S. 5—9.
(4) Pöllmann, Jerg Ziegler, der Meister von Meßkirch und seine Tätigkeit im Kloster Heiligkreuztal
bei Riedlingen. Histor.-polit. Blätter 1908, Band X42, S. 420 ff.
(5) Den Nachweis behalte ich mir vor.

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