Universitätsbibliothek HeidelbergUniversitätsbibliothek Heidelberg
Metadaten

Monatshefte für Kunstwissenschaft — 10.1917

DOI article:
Feurstein, Heinrich: Der Monogrammist M. W. und der Meister von Messkirch
DOI Page / Citation link:
https://doi.org/10.11588/diglit.73982#0280
Overview
Facsimile
0.5
1 cm
facsimile
Scroll
OCR fulltext
Werkstattarbeiten des Meisters sind, und zwar aus formalen Gründen und auf
Grund der dargestellten Stoffe, die Beziehungen zu Gottfried Werner, seiner Frau
und seinen Eltern (St. Johannes Bap. und Margarete als Gegenstücke, St. Apollonia)
klar aufweisen. 1620 war Meßkirch längst helfensteinisch.
Neben die wenigen nachgewiesenen Arbeiten des Marx Weiß tritt nämlich ein
kleiner Kreis wahrscheinlicher Arbeiten des Meisters. Es sind zunächst die eben
erwähnten schlecht erhaltenen Altärchen im Pfarrhause zu Meßkirch, zurzeit im
Depot der Fürstlichen Sammlungen in Donaueschingen, sicher in der Werkstatt
zu Meßkirch entstanden, und zwar noch vor 1554, in der Zeichnung der Außen-
flügel ganz den Meßkircher kopierend (St. Georg in Stuttgart, St. Andreas vom
Hochaltar in Meßkirch!), im Kolorit stark abfallend und ohne Kreidegrund auf
das blanke Holz in dünner Schicht aufgetragen. Wichtiger ist eine sehr beschä-
digte hl. Nonne mit offenem Buch (38 X ni), aus der Umgebung des Schlosses
Heiligenberg stammend, zurzeit im Depot der fürstlichen Sammlungen, datiert 1559
und mit der Inschrift zu Häupten: S.onialis Sancti . alli. Ich lese S. Wibo-
rada Monialis Sancti Galli, also die bekannte am Bodensee hochverehrte Rekluse
von St. Gallen. 1559 ist das Todesjahr des nach P. Pöllmann seine letzten Jahre
in Lauingen (oder Höchstaedt?) a. D. verlebenden Jerg Ziegler. Dieser kommt
daher als Meister nicht mehr in Betracht, aber die Formensprache ist ganz die
seine, dagegen die Farbengebung auf einen dem Meister fremden grauen Grundton
gestimmt. Dasselbe gilt von einem in Pilgerkleidung und Rosenkranz am offenen
Grabe stehenden Heiligen (S. Antonius Eremita?), aus dem Nachlaß der Freiin von
Laßberg in Meersburg vor drei Jahren für die fürstlichen Sammlungen erworben.
Endlich findet sich im Besitze des Herrn Amtsgerichtsrates Franz Rieffel in Frank-
furt a/M. eine aus der Umgebung von Ravensburg aufgekaufte Kopie (73 X 65) der
Geißelung in der Karlsruher Kunsthalle (hier 62 X 64), nach unten durch eine zwei-
zeilige Inschriftkartusche IESVS DVCITVR AD PILATUM — IESVS FLAGELATUR.
MAT, 27. verlängert, die das naturalistisch-figürliche Ornament des Meßkirchers
bereits in der Entwicklung zum Geometrischen zeigt. Die Farbengebung ist dunkler
als auf dem Urbild1). Alle drei Bilder weisen örtlich in die Nähe von Überlingen
wo bald nach 1550 Marx Weiß auftritt. Er war jedenfalls ein guter Zeichner, der
sich im wesentlichen an die Risse seines Meisters hielt, das Ornament zeitgemäß fort-
entwickelte und das glühende skalenreiche Kolorit des Meßkirchers stark reduzierte 2).
Ein enger Werkstattzusammenhang, der unter Umständen zum Identitätsbeweis
führen könnte, läßt sich auch einigermaßen mit archivalischen Gründen stützen. Wir
haben erwähnt, daß der Zimmernsche Chronist den Bruder des Marx Weiß, den
Fürstenbergischen Prokurator Samson Weiß in Rottweil persönlich kennt. Dieser
Samson Weiß hatte, nebenbei bemerkt, eine Frau von Mühlheim a. D. unweit Meß-
kirch3). Der Scheibenriß für Herkules Göldlin ist 1543 von Überlingen aus in
Auftrag gegeben, wohin das Domkapitel geflüchtet war, und wo vielleicht Marx

(1) Freundliche Mitteilung des Herrn Rieffel.

(2) Das von Srida (Monatsh. f. Kunstw., Jahrg. 1909) dem M. von Meßk. zugeschriebene Bild im
Louvre, Jesus vor Kaiphas, wiederholt zahlreiche Motive der Karlsruher Geißelung. Das Monogramm
in der linken unteren Ecke ist übrigens nicht, wie ich aus einer Vergrößerung ersehe, die der f Pro-
fessor Heinrich in Donaueschingen besorgen ließ, als W. O. zu deuten, auch nicht als O. W. (so Pöll-
mann), sondern zeigt ein der Mittelspitze des W. aufgelegtes Kreisrund (ohne Schraffierung), ist also
eine Variante der bei Weiß sonst üblichen Signierung mit dem schwarz-weiß hochgeteilten Kreis
unter dem W.

(3) Altes Jahrzeitbuch der Pfarrei Don., S. 13,

270
 
Annotationen