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Monatshefte für Kunstwissenschaft — 10.1917

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Habicht, Victor Curt: Die Gobelins im Rittersaale des Domes zu Hildesheim
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https://doi.org/10.11588/diglit.73982#0286

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Auf den Inhalt, die Zugehörigkeit der Gobelins zu der berühmten und oft wieder-
holten Folge der Artemisiateppiche werde ich noch eingehen.
Es sei eine Würdigung des künstlerischen Wertes der Arbeiten vorausgeschickt.
Die mächtigen1), prunkvollen Stücke waren ursprünglich gewiß für mehrere Räume
bestimmt. Trotz der großen Abmessungen des Rittersaales mußten die an den
Wänden aufgehängten Teppiche zum Teil am Rande umgeschlagen und einer von
ihnen — der Reitunterricht des jungen Prinzen — von der Decke herab frei auf-
gehängt werden. Der volle Eindruck der Farben wird auch allein von diesem
restaurierten und gereinigten2) Stück vermittelt, während die übrigen Gobelins
durch Schmutz und Verblassung gelitten haben und auch zum Teil stark be-
schädigt sind.
Der Farbenreiz der Arbeiten beruht auf der gleichmäßigen Wiederkehr bestimm-
ter Elemente. Die üppig gestalteten Bordüren verlangten bei der im wesentlichen
gleichbleibenden Wiedergabe der in ihnen verarbeiteten Motive an sich schon eine
durchgehende Behandlung. Sehr fein wird in der Wahl der hier gebotenen Farben
aber gleich auf die in den Hauptszenen verwandten koloristischen Motive bezug
genommen. Den äußersten Rand der Bordüre bildet ein schlichter blauer Streifen,
es folgt eine bräunliche, weiß gehöhte Perlenreihe und schließlich ein rosafarbener
Streifen, in den die Hauptteile der Bordüre zum Teil übergreifen. Der Grund
dieses breiteren eigentlichen Rahmens ist braun, von dem sich die grauen Figuren
auf rotem Grunde klar abheben. Die durch diese Bordüren eingerahmten Haupt-
szenen spielen sich auf einem blau-grauen Hintergründe und auf einem gleichfar-
bigen, etwas kräftiger gegebenen Vordergrunde ab. Bei sämtlichen Szenen spielt
die Wiederkehr von weißen Gewändern mit tiefen, bläulichen Schatten und diesen
gegenübergestellten mit roten Lichtern die Hauptrolle. Der Ton der Gesichter ist
bräunlich-rot gehalten und nimmt das Motiv des Grundes der Bordüre wieder auf.
Auch bei der vollen Farbwirkung des aufgefrischten Teppichs hat man deutlich den
Eindruck, daß selbständige, dem Material angepaßte Wirkungen erstrebt sind. Die
Farben sind sämtlich zarter und gedämpfter als man sie bei Bildern erwarten würde.
Wir haben uns nach dieser Schilderung des Gesamteindrucks der Teppiche zu
der Einzelgestaltung der verschiedenen Teile zu wenden.
Eine kurze Beschreibung wird trotz der Abbildungen des ungewöhnlichen Stoffes
wegen am Platze sein:
Abgesehen von den beiden hochrechteckigen Teppichen mit dem Reitunterricht
des jungen Prinzen und dem der Krönung zeigen die übrigen im wesentlichen die
gleiche Anordnung. Die beiden in Hochformat gebildeten weichen dabei in der
Gestaltung der Bordüre insofern voneinander ab, als bei dem Krönungsteppich in
in den oberen und unteren Schmalseiten neben die mittelste Kartusche noch je
ein Blattornament eingeschoben ist. Die in Breitformat gehaltenen Teppiche haben
an den Seiten die gleiche Bordüre, während in dieser am oberen und unteren
Rande neben der Mittelkartusche noch zwei kleinere mit einem Flußgott und einer
Ceres erscheinen. Nach Hervorhebung dieser an sich geringfügigen Unterschiede
sei die Gestaltung der Bordüre zunächst gekennzeichnet.
Die eigentliche Bildszene des Mittelteils wird von einer naturalistisch als Bild-
rahmen gegebenen Fassung von der eigentlichen Bordüre geschieden. Diese ist

(i) Die Maße sind im Durchschnitt folgende: die hochrechteckigen: hoch: 4,58 m, breit: 3,31 m; die
breitrechteckigen: hoch: 4,37 m, breit: 4,81 m.

(2) Vgl. Zeller a. a O. S. 126.

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