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Monatshefte für Kunstwissenschaft — 10.1917

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Künster, Gertrud: Beiträge zur Kenntnis des Sebaldusgrabes
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https://doi.org/10.11588/diglit.73982#0334
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gleich dem einer bodenlosen Truhe von unten her unmittelbar zugänglich ist.
Unterstützungspunkte findet der gewaltige Bau nur an seinem Rande, den, wie be-
kannt, zehn Schneckenhäuser1) und vier Delphine tragen.
Wie auch das Geheimnis, das über der technischen Herstellung der Denkmals-
platte noch liegt, später einmal seine Klärung finden mag, soviel kann nach den
eben mitgeteilten Feststellungen nicht bezweifelt werden, daß gleichzeitig mit der
Sockelplatte auch die kubischen Sockel der Kandelaber entstanden sein müssen.
Gerade auf diesen Teilen befinden sich aber diejenigen figürlichen Details, über
deren Anklänge an italienische Vorbilder zu sprechen war.
Besteht unsere Annahme, daß Peter Vischer nur durch unmittelbare Anschauung
im Lande selbst den durch jene sich verratenden Kunstgeist Italiens sich angeeignet
haben kann, zu Recht, so ist das aus der Platteninschrift uns bekannte Datum ein
Termin, der später als die hier geforderte Reise liegen muß.
Von einer solchen Reise Peter Vischer des Älteren nach Italien spricht bereits
Sandrat, er erwägt sogar, ob P. V. vielleicht zweimal in Italien war. Von modernen
Forschern ist Weizsäcker der erste, welcher eine Italienreise Peter Vischers erörtert.
Die Versuche, mit Rücksicht auf das Alter Peter Vischers seine Italienreise für
unwahrscheinlich zu erklären, halte ich nicht für glücklich; hat doch Albr. Dürer
in noch höherem Alter zu noch weiteren Reisen sich entschlossen. Bei der Datie-
rung der mutmaßlichen Reise wurden bisher die Jahre 1500 —1507 bevorzugt, da
nach Bode auf diese Zeit ein Stillstand der Gießhütte fällt. Nachdem nun Justi
dargetan hat, daß die genannten Jahre keineswegs einen Stillstand der künstle-
rischen Arbeit bedeuteten, vielmehr die Jahre 1496 —1500, aus welchem ihm nur
eine Grabplatte bekannt ist, eine geringe Produktivität kennzeichnet, liegt es nahe,
diese durch die italienische Reise zu erklären und ihren Termin in den genannten
Jahren zu suchen. In erster Linie kommt m. E. das Jahr 1496 in Betracht, da
wir durch Urkunde wissen, daß Peter Vischer 1496 sich nicht in Nürnberg aufhält:
er betraut für dieses Jahr mit der Verwaltung seines Vermögens seinen Freund
Peter Haßdörfer, den er in ähnlicher Angelegenheit bereits zwei Jahre vorher in
Anspruch genommen hat.
Um schließlich noch den Einwand vorweg zu nehmen, daß zur Annahme einer
italienischen Reise angesichts der langsamen Assimilation der Renaissancemotive
und dessen, was das Sebaldusgrab zeigt, kein ausreichender Grund vorläge, daß
vielmehr bei einem Künstler, der in Italien selbst geweilt hat, eine viel stärkere
Beeinflussung durch klassische Motive, namentlich bei der Ausgestaltung des archi-
tektonischen Teils des Werkes zu erwarten sei, mag auf Dürers Entwicklungsgang
verwiesen sein: seine erste italienische Reise wäre gewiß nicht jahrelang bestritten
worden, wenn ihr Einfluß auf seine Werke nicht so schwer erkennbar geblieben
wäre.
(1) An einer der Schnecken ist das stimmgabelartige Stück, durch das Vischer die Unterstützungs-
fläche zu verbreitern verstanden hat, locker und daher besonders leicht erkennbar.

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