S. 90 Ulrichs : S. 20 und 68; S. 52, Z. 3 empfinde
ich Venus als schrille Dissonanz. Von der Reise
Hettners in Griechenland 1852 mit Preller und
Göttling (S. 20) hat Preller auf der Philologen-
versammlung 1852 einen frischen Bericht gegeben.
Der Druck ist schön, die Reproduktion der Ta-
feln vorbildlich. So wird das Buch gerade jetzt
freudige Leser und Schauer finden, wo mancher,
der zu Rom und römischer Kunst ein erworbenes
Verhältnis besitzt, nicht wieder in die Winkel der
ewigen Stadt zurückkehren und alte, jetzt uns
schaal gewordene Erinnerungen bei der dick-
bäuchigen, umsponnenen Flasche auffrischen mag.
T. O. Achelis.
GEORG WEISE, Zur Architektur und
Plastik des früheren Mittelalters.
Leipzig 1916.
In diesem Band sind eine Anzahl Einzelunter-
suchungen vereinigt, die als Vorarbeiten zu einer
Geschichte der romanischen Architektur und Plastik
Deutschlands zu gelten haben. Zu solcher Dar-
stellung bot sich allerdings kein ruhig strömendes
Wasser, aber Weise ist daran gegangen und hat
eine Stromschnelle nach der andern weggesprengt
und die Strudel beseitigt. Es ist erstaunlich, was
hier allein durch geschickte Interpretation der
Quellen zutage gefördert wird. Überresten, die
bisher unbeachtet geblieben waren, widmet Weise
sorgfältige Untersuchungen, teils durch Grabungen
unterstützt, die schon durch die methodische Gründ-
lichkeit der Beachtung wert blieben, selbst wenn
nicht so bedeutsame Resultate herausgekommen
wären, die unser Wissen besonders um die archi-
tektonische Entwicklung der fränkischen und karo-
lingischen Zeit erheblich klären und bereichern.
In Dompeter bei Avolsheim im Elsaß (XIII)
gräbt Weise unter dem Bau des 10. Jahrhunderts
einen Grundriß hervor, der als Typus des ältesten
Kirchengrundrisses im Abendland zu gelten und
auf deutschem Boden nur noch die Aachener Ba-
silika als weiteres Beispiel neben sich hat. Ein
nahezu quadratisches, dreischiffiges Langhaus mit
dreiteiliger Chorpartie. Das Mittelschiff erhält in
einer großen Apsis seine Resonanz, die Seiten-
schiffe schließen gerade, finden aber eine Art Fort-
setzung in zu beiden Seiten der Apsis gerade
schließenden Nebenräumen. Vorbilder des 5. Jahr-
hunderts für diesen ursprünglichen Bau weist
Weise im Römerreiche, also Kleinasien und Nord-
afrika nach, wo auch eine halbrunde mittlere Apsis
in Verlängerung der Abseiten von zwei gerade
schließenden Nebenräumen umgeben ist.
Dieser älteste Typus, der in Spanien durch die
559 gegründete S. Eulalia in Toledo vertreten ist,
wandelt sich um die Mitte des 6. Jahrhunderts in
das spätere Schema, das eine aus drei recht-
eckigen Räumen bestehende Chorpartie zeigt.
Dies läßt sich an der langen Reihe syrischer Bauten
klar erweisen und dürfte für das Abendland um
die gleiche Zeit anzunehmen sein, da der spätere
Typus in Spanien mit den Kirchen S. Lucas in
Toledo 641 und S.Juan in Banos wie in Deutsch-
land mit der Peterskirche auf der Zitadelle in Metz
(y.Jahrh.) einsetzt. Zu dieser gesellt sich die 763
geweihte Lorscher Klosterkirche auf der Weschnitz-
insel. Weise führt den Beweis (V. Die älteste
Kirche des Klosters Lorsch), daß die Urkunde Abt
Ulrichs von 1071, „cellam Aldenmunster, primiti-
vam ecclesiae nostrae matrem etc. diu desolatam
renovavimus etc." sich auf die Klosteranlage auf
der Kreuzwiese bezieht, da nur hier von einer
Erweiterung der Anlage durch einen regelmäßigen
Kreuzgang und anschließende Gebäude dem Aus-
grabungsbefund entnommen werden kann. Damit
ist ein vorkarolingischer Grundriß festgestellt, ein-
schiffig, ohne Querhaus mit flacher, rechteckiger
Chornische. Ein westlicher Raum ist vorhallen-
artig abgetrennt. Verwandt mit diesem Grundriß
ist ein reicherer Typ, den Weise in Schlüchtern,
Petersberg und an der Ostpartie der Fuldaer Abtei-
kirche aufdeckt; also an Kirchen, die kurz vor
oder um 800 entstanden sind. Ihnen allen fehlt
das Querhaus. Bei geradem Chorschluß wird
die Ostpartie in drei kapellenartig abgeschlossene,
durch Scheidewände getrennte Chorräume geteilt.
Diesen älteren fränkischen Kirchengrundriß glaubt
Weise auch bei der Stiftskirche zu Reichenau-
Niederzell (XII) feststellen zu können, wobei er
sich der Schwierigkeiten bewußt bleibt, die durch
die organisch mit der Chorpartie verbundenen
Türme über den Nebenchören erwachsen. Solange
solche Turmanordnung nicht als karolingisch er-
wiesen ist, wäre allenfalls an ein beharrliches Fest-
halten an diesem Grundriß zu denken in einer
wesentlich späteren Zeit, die für den Aufbau schon
mit ganz anderen Möglichkeiten zu rechnen wußte
Dieser frühkarolingische Basilikengrundriß findet
sich nun nicht nur in Westdeutschland und Ober-
italien (Agliate, S. Maria in Valle in Cividale)
verbreitet, sondern auch eine Anzahl westgotischer
Bauten aus dem 7. und 8. Jahrhundert in Spanien
weisen ihn auf. Als herrschendes Schema, be-
sonders für kleinere Bauten, aber findet er sich
in Nordzentralsyrien vom 6. Jahrhundert ab und
ist vielleicht von dort ins Abendland gedrungen.
„Etwa um das Jahr 800 wurde dieser Grundrißtyp
am Mittelrhein von der Basilika mit weit aus.
Monatshefte für Kunstwissenschaft, X. Jahrg. 1917, Heft 8/9
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ich Venus als schrille Dissonanz. Von der Reise
Hettners in Griechenland 1852 mit Preller und
Göttling (S. 20) hat Preller auf der Philologen-
versammlung 1852 einen frischen Bericht gegeben.
Der Druck ist schön, die Reproduktion der Ta-
feln vorbildlich. So wird das Buch gerade jetzt
freudige Leser und Schauer finden, wo mancher,
der zu Rom und römischer Kunst ein erworbenes
Verhältnis besitzt, nicht wieder in die Winkel der
ewigen Stadt zurückkehren und alte, jetzt uns
schaal gewordene Erinnerungen bei der dick-
bäuchigen, umsponnenen Flasche auffrischen mag.
T. O. Achelis.
GEORG WEISE, Zur Architektur und
Plastik des früheren Mittelalters.
Leipzig 1916.
In diesem Band sind eine Anzahl Einzelunter-
suchungen vereinigt, die als Vorarbeiten zu einer
Geschichte der romanischen Architektur und Plastik
Deutschlands zu gelten haben. Zu solcher Dar-
stellung bot sich allerdings kein ruhig strömendes
Wasser, aber Weise ist daran gegangen und hat
eine Stromschnelle nach der andern weggesprengt
und die Strudel beseitigt. Es ist erstaunlich, was
hier allein durch geschickte Interpretation der
Quellen zutage gefördert wird. Überresten, die
bisher unbeachtet geblieben waren, widmet Weise
sorgfältige Untersuchungen, teils durch Grabungen
unterstützt, die schon durch die methodische Gründ-
lichkeit der Beachtung wert blieben, selbst wenn
nicht so bedeutsame Resultate herausgekommen
wären, die unser Wissen besonders um die archi-
tektonische Entwicklung der fränkischen und karo-
lingischen Zeit erheblich klären und bereichern.
In Dompeter bei Avolsheim im Elsaß (XIII)
gräbt Weise unter dem Bau des 10. Jahrhunderts
einen Grundriß hervor, der als Typus des ältesten
Kirchengrundrisses im Abendland zu gelten und
auf deutschem Boden nur noch die Aachener Ba-
silika als weiteres Beispiel neben sich hat. Ein
nahezu quadratisches, dreischiffiges Langhaus mit
dreiteiliger Chorpartie. Das Mittelschiff erhält in
einer großen Apsis seine Resonanz, die Seiten-
schiffe schließen gerade, finden aber eine Art Fort-
setzung in zu beiden Seiten der Apsis gerade
schließenden Nebenräumen. Vorbilder des 5. Jahr-
hunderts für diesen ursprünglichen Bau weist
Weise im Römerreiche, also Kleinasien und Nord-
afrika nach, wo auch eine halbrunde mittlere Apsis
in Verlängerung der Abseiten von zwei gerade
schließenden Nebenräumen umgeben ist.
Dieser älteste Typus, der in Spanien durch die
559 gegründete S. Eulalia in Toledo vertreten ist,
wandelt sich um die Mitte des 6. Jahrhunderts in
das spätere Schema, das eine aus drei recht-
eckigen Räumen bestehende Chorpartie zeigt.
Dies läßt sich an der langen Reihe syrischer Bauten
klar erweisen und dürfte für das Abendland um
die gleiche Zeit anzunehmen sein, da der spätere
Typus in Spanien mit den Kirchen S. Lucas in
Toledo 641 und S.Juan in Banos wie in Deutsch-
land mit der Peterskirche auf der Zitadelle in Metz
(y.Jahrh.) einsetzt. Zu dieser gesellt sich die 763
geweihte Lorscher Klosterkirche auf der Weschnitz-
insel. Weise führt den Beweis (V. Die älteste
Kirche des Klosters Lorsch), daß die Urkunde Abt
Ulrichs von 1071, „cellam Aldenmunster, primiti-
vam ecclesiae nostrae matrem etc. diu desolatam
renovavimus etc." sich auf die Klosteranlage auf
der Kreuzwiese bezieht, da nur hier von einer
Erweiterung der Anlage durch einen regelmäßigen
Kreuzgang und anschließende Gebäude dem Aus-
grabungsbefund entnommen werden kann. Damit
ist ein vorkarolingischer Grundriß festgestellt, ein-
schiffig, ohne Querhaus mit flacher, rechteckiger
Chornische. Ein westlicher Raum ist vorhallen-
artig abgetrennt. Verwandt mit diesem Grundriß
ist ein reicherer Typ, den Weise in Schlüchtern,
Petersberg und an der Ostpartie der Fuldaer Abtei-
kirche aufdeckt; also an Kirchen, die kurz vor
oder um 800 entstanden sind. Ihnen allen fehlt
das Querhaus. Bei geradem Chorschluß wird
die Ostpartie in drei kapellenartig abgeschlossene,
durch Scheidewände getrennte Chorräume geteilt.
Diesen älteren fränkischen Kirchengrundriß glaubt
Weise auch bei der Stiftskirche zu Reichenau-
Niederzell (XII) feststellen zu können, wobei er
sich der Schwierigkeiten bewußt bleibt, die durch
die organisch mit der Chorpartie verbundenen
Türme über den Nebenchören erwachsen. Solange
solche Turmanordnung nicht als karolingisch er-
wiesen ist, wäre allenfalls an ein beharrliches Fest-
halten an diesem Grundriß zu denken in einer
wesentlich späteren Zeit, die für den Aufbau schon
mit ganz anderen Möglichkeiten zu rechnen wußte
Dieser frühkarolingische Basilikengrundriß findet
sich nun nicht nur in Westdeutschland und Ober-
italien (Agliate, S. Maria in Valle in Cividale)
verbreitet, sondern auch eine Anzahl westgotischer
Bauten aus dem 7. und 8. Jahrhundert in Spanien
weisen ihn auf. Als herrschendes Schema, be-
sonders für kleinere Bauten, aber findet er sich
in Nordzentralsyrien vom 6. Jahrhundert ab und
ist vielleicht von dort ins Abendland gedrungen.
„Etwa um das Jahr 800 wurde dieser Grundrißtyp
am Mittelrhein von der Basilika mit weit aus.
Monatshefte für Kunstwissenschaft, X. Jahrg. 1917, Heft 8/9
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