Bernhard geschriebene Lobrede es tun würde; trotzdem finden sich der Plan und
die großen Linien ohne weiteres wieder. Der Kirchenplan ist derselbe wie in
Citeaux. Dort war die Zahl der Priesterbrüder groß, ihre Verpflichtung, täglich
Messe zu lesen, veranlaßte den Architekten, die Zahl der Kapellen zu vermehren.
Es geschah, indem er die große Strenge des Ordens innehielt. Der viereckige
Chor wurde mit einem Umgang umgeben, auf welchen sich rechtwinkelige Ka-
pellen öffneten. Diese strengen Formen standen im Gegensatz zu den Chor-
umgängen und strahlenförmigen Kapellen des Ordens von Cluny, wo die gebogenen
Linien voll Grazie ineinanderflossen. Die Ebracher Kirche gab den Plan von
Citeaux mit größter Genauigkeit wieder, wie eine Ehrfurchtsbezeugung der Tochter
an die Mutter. Im Aufriß ist Ebrach eine gotische Kirche aus Burgund: dasselbe
Kreuzgewölbe, dieselben angelehnten Säulen, die schroff abbrechen, bevor sie den
Erdboden erreichen. Die durch die Zisterzienser übernommene Gotik ist eine edle,
aber strenge Architektur, die durch Verwerfung des Strebebogens allem Schwung
entsagte.
Die Kirche von Ebrach ist um das Jahr 1200 begonnen, wuchs aber nur langsam.
Die von Riddagshausen (Braunschweig) muß etwa 1230 begonnen sein. Der Plan
dazu stammt wie der in Ebrach aus Citeaux. Im Aufriß finden wir das rein
Gotisch-Burgundische wieder, aber es läuft ein Germanismus mit unter: ein
starker Pfeiler wechselt mit einem schwachen ab, so daß das Spitzbogengewölbe
zwei Emporen umfaßt. Selbst die Zisterzienser konnten trotz ihrer starken Dis-
ziplin nicht überall die veralteten Gewohnheiten der deutschen Maurer ausmerzen.
Diese Eigentümlichkeit der Abwechslung des starken und schwachen Pfeilers findet
sich auch in vielen anderen deutschen Zisterzienser-Kirchen; man findet sie ferner
in der zerfallenen Kirche von Walkenried in Braunschweig, die sonst so burgun-
disch ist.
Es ist nicht möglich, hier die ganze Reihe der von dem Citeaux-Orden er-
bauten Kirchen durchzugehen. Zisterzienser-Kirchen erheben sich im Sande Bran-
denburgs und in dem wilden Lande der Wenden, an den Grenzen der christlichen
Welt. Überall trugen die Mönche Blumen in die Wüste, überall führten sie eine
einfache, strenge, reine Architektur ein, die die Gotik aus Burgund darstellte.
IV.
Klösterliche Ordenseinflüsse haben die burgundische Kunst nach Deutschland
eingeführt, Handelsbeziehungen trugen die Kunst von Anjou und Poitou dorthin.
Von Mitte des 12. Jahrhunderts ab nahm in unsern westlichen Provinzen die
gotische Kunst eine sehr eigenartige Physiognomie an. Über ein einziges Kirchen-
schiff, das nach Art derer von Perigord gebaut schien, stülpte, um eine Kuppel-
bedachung zu erhalten, der Architekt der Kathedrale von Angers Gewölbe, welche
in ihrer Art etwas Kuppelähnliches bewahren, aber getragen werden von gekreuzten
Spitzbogen. Es ist dies der gewölbte gotische Bogen, den man den Domicalen
nennt. Zunächst einfach, wurde das Anjou-Gewölbe alsbald komplizierter: statt
der vier Gewölbekappen (wie in der Ile-de-France) erhielt es bald deren acht.
(Bekanntlich werden die so hinzutretenden Nebenrippen Zwingrippe genannt). Die
Gotik von Anjou hat den Namen Plantagenet-Stil erhalten, eine glückliche Bezeich-
nung, denn unter den Plantagenet, die Könige von England geworden waren,
lernte die englische Architektur den komplizierten Spitzbogen von Anjou kennen;
er wurde dort noch komplizierter gestaltet.
In Frankreich gehen die Ausstrahlungen des Plantagenet-Stils ziemlich weit in
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die großen Linien ohne weiteres wieder. Der Kirchenplan ist derselbe wie in
Citeaux. Dort war die Zahl der Priesterbrüder groß, ihre Verpflichtung, täglich
Messe zu lesen, veranlaßte den Architekten, die Zahl der Kapellen zu vermehren.
Es geschah, indem er die große Strenge des Ordens innehielt. Der viereckige
Chor wurde mit einem Umgang umgeben, auf welchen sich rechtwinkelige Ka-
pellen öffneten. Diese strengen Formen standen im Gegensatz zu den Chor-
umgängen und strahlenförmigen Kapellen des Ordens von Cluny, wo die gebogenen
Linien voll Grazie ineinanderflossen. Die Ebracher Kirche gab den Plan von
Citeaux mit größter Genauigkeit wieder, wie eine Ehrfurchtsbezeugung der Tochter
an die Mutter. Im Aufriß ist Ebrach eine gotische Kirche aus Burgund: dasselbe
Kreuzgewölbe, dieselben angelehnten Säulen, die schroff abbrechen, bevor sie den
Erdboden erreichen. Die durch die Zisterzienser übernommene Gotik ist eine edle,
aber strenge Architektur, die durch Verwerfung des Strebebogens allem Schwung
entsagte.
Die Kirche von Ebrach ist um das Jahr 1200 begonnen, wuchs aber nur langsam.
Die von Riddagshausen (Braunschweig) muß etwa 1230 begonnen sein. Der Plan
dazu stammt wie der in Ebrach aus Citeaux. Im Aufriß finden wir das rein
Gotisch-Burgundische wieder, aber es läuft ein Germanismus mit unter: ein
starker Pfeiler wechselt mit einem schwachen ab, so daß das Spitzbogengewölbe
zwei Emporen umfaßt. Selbst die Zisterzienser konnten trotz ihrer starken Dis-
ziplin nicht überall die veralteten Gewohnheiten der deutschen Maurer ausmerzen.
Diese Eigentümlichkeit der Abwechslung des starken und schwachen Pfeilers findet
sich auch in vielen anderen deutschen Zisterzienser-Kirchen; man findet sie ferner
in der zerfallenen Kirche von Walkenried in Braunschweig, die sonst so burgun-
disch ist.
Es ist nicht möglich, hier die ganze Reihe der von dem Citeaux-Orden er-
bauten Kirchen durchzugehen. Zisterzienser-Kirchen erheben sich im Sande Bran-
denburgs und in dem wilden Lande der Wenden, an den Grenzen der christlichen
Welt. Überall trugen die Mönche Blumen in die Wüste, überall führten sie eine
einfache, strenge, reine Architektur ein, die die Gotik aus Burgund darstellte.
IV.
Klösterliche Ordenseinflüsse haben die burgundische Kunst nach Deutschland
eingeführt, Handelsbeziehungen trugen die Kunst von Anjou und Poitou dorthin.
Von Mitte des 12. Jahrhunderts ab nahm in unsern westlichen Provinzen die
gotische Kunst eine sehr eigenartige Physiognomie an. Über ein einziges Kirchen-
schiff, das nach Art derer von Perigord gebaut schien, stülpte, um eine Kuppel-
bedachung zu erhalten, der Architekt der Kathedrale von Angers Gewölbe, welche
in ihrer Art etwas Kuppelähnliches bewahren, aber getragen werden von gekreuzten
Spitzbogen. Es ist dies der gewölbte gotische Bogen, den man den Domicalen
nennt. Zunächst einfach, wurde das Anjou-Gewölbe alsbald komplizierter: statt
der vier Gewölbekappen (wie in der Ile-de-France) erhielt es bald deren acht.
(Bekanntlich werden die so hinzutretenden Nebenrippen Zwingrippe genannt). Die
Gotik von Anjou hat den Namen Plantagenet-Stil erhalten, eine glückliche Bezeich-
nung, denn unter den Plantagenet, die Könige von England geworden waren,
lernte die englische Architektur den komplizierten Spitzbogen von Anjou kennen;
er wurde dort noch komplizierter gestaltet.
In Frankreich gehen die Ausstrahlungen des Plantagenet-Stils ziemlich weit in
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