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Monatshefte der kunstwissenschaftlichen Literatur — 1.1905

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Fünftes Heft (Mai 1905)
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Haupt, Albrecht: [Rezension von: Theodor Alt, Die Entstehungsgeschichte des Ottheinrichsbaues zu Heidelberg]
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Sachs, Curt: [Rezension von: Robert Bruck (Hg.), Das Skizzenbuch Albrecht Dürers in der kgl. öffentlichen Bibliothek zu Dresden]
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https://doi.org/10.11588/diglit.50013#0117
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Mai-Heft.

Monatshefte der kunstwissenschaftlichen Literatur.

109

Wahrem sich Falsches, Missverstandenes, verkehrte
Auslegung, selbst falsche Zitate und ungeregelte
Vermuterei sich mischen, wenn auch alles unter
dem Gewände grosser Gelehrsamkeit und Sicher-
heit marschiert. Es wäre aber wieder ein Buch
nötig, um alles das der Reihe nach festzunageln.
Nur ein Beispiel sei noch angeführt als Muster
dafür, wie Alt wohlbekannte Dinge für seine Be-
hauptungen umwertet: „Es bestehe eine Urkunde
vom höchsten Gewichte dafür, dass der Otto-
Heinrichsbau von Otto Heinrich begonnen und
implicite, dass er von ihm auch geplant worden
sei“, sagt er. Nämlich der Brief von Dr. Mundt,
28. 11. 1559, in dem steht, Otto Heinrich habe zu
Heidelberg einen Prachtbau begonnen, zu dem er
von überallher die namhaftesten Künstler heran-
gezogen habe; der Nachfolger aber spare sehr bei
der Fortführung. Dieser Satz, der doch nichts
enthält, als die Klage darüber, dass Otto Heinrich
seinen prächtigen Bau nicht selber habe vollenden
können, soll eine „Urkunde vom höchsten Ge-
wichte“ dafür sein, dass Friedrich II. den Bau
nicht schon beabsichtigt und angefangene Arbeiten
für ihn hinterlassen haben könne! Solche Beweis-
führung ist doch geradezu monströs. Und das ist
das Hauptstück.
Ferner will ich auf eine recht bezeichnende
Idee, die die gänzliche Unhaltbarkeit und Willkür
der eigenen Kombinationen Alts grell beleuchtet,
aufmerksam machen. Oechelhäuser hat früher in
geistreicher Beziehung gelegentlich des Anthonj in
Heidelberg auf den 1546 in Brieg auftauchenden
Antonio (di Teodoro?) hingewiesen.
Dies genügte, um Alt zu veranlassen, nach
Brieg zu fahren, und da er dort die bekannte feine
Architektur des Portalbaus mit Ornamentpilastern
und Friesen verfand, zu vermuten, jener Antonio
möge der Erfinder des Brieger Portals und des
Otto-Heinrichsbaus sein. — Nur weil „die Gleich-
artigkeit der künstlerischen Tendenz“ vorhanden
sei. Daran wird dann allerlei Wunderliches in Be-
ziehung auf die Namen Bahr — Bawor — Bohario
u. s. w. geknüpft, wie so etwas nur ein Schrift-
gelehrter fertig bringt. Alles anf Grund der archi-
valischen Nachrichten von — Lübke, Kunz, Pfnor!
Die wirklichen Archivalien, oder die ausführlichen
Nachrichten des Denkmäler-Inventars von Lutsch
wären da doch eher heranzuziehen gewesen; aber
auch der Augenschein macht sofort das gänzlich
Unhaltbare solcher Vermutungen klar.
Ich will hier mit drei Worten nur kurz sagen:
Die Hofhallen von Brieg sind absolut identisch
mit den jüngeren zu Güstrow. Dort ist ein älterer
Meister Jakob Bahr oder Parr, hier ein Franciscus
Parr tätig. — Es lässt sich daraus mit Sicherheit

ableiten, dass der Franciscus Parr aus Brieg kam
und ein jüngerer Verwandter von Jakob war.
Ferner, dass die Hofhallen in Brieg letzterem an-
gehören. Die feine und prächtige Fensterarchi-
tektur des Hofes ist aber zu Gunsten der oberen
Hofhalle roh verstümmelt, also älter und nicht von
Parr, jedoch von dem Künstler des äusseren
Portals.
Die Ausführung dieser letzteren unvergleich-
lichen und in Deutschland einzigen Architektur-
teile ist zum Teil aber italienischer Art; klingt
häufig stark an Brescia an. Die Anwesenheit ober-
italienischer Künstler (Mailand) ist beglaubigt.
Die Architektur selber und ein Teil des Orna-
ments erinnert dagegen unverkennbar an — Spa-
nien. In Valladolid, Alcalä, Sevilla finden sich
stärkste Beziehungen. Die überreiche Unteransicht
ist spezifisch dorthin gehörig.
Der Geist und der Aufbau — wie das System
dieser Architektur hat mit Heidelberg nicht die
Spur zu tun, so wenig als „die künstlerische Ten-
denz“, hier nur ein klingendes Wort ohne Inhalt.
Die raffinierte Profilierung der Architektur ist
durch eine Welt von der Heidelberger Art, die
auch in ihren besten Teilen immerhin primitiv ist,
geschieden.
Die Architektur in Brieg hat mit der Heidel-
berger nichts gemein, — als dass hier wie dort
Ornamentpilaster und Friese vorkommen. —
Welchen Schaden könnten nun solche Schrif-
ten anrichten, wie die vorliegende, die auf überall
unzureichendem Grunde aufgebaut, den Schein
wirklicher Zuverlässigkeit zu erwecken versucht
und sicher auch hie und da erweckt! Darum war
es zu meinem tiefen Bedauern nötig, einem per-
sönlich geschätzten Manne hier Unerfreuliches zu
sagen.
Aber nur, weil die Ueberzeugung und das ehr-
liche Streben, der Wahrheit zu dienen, mich dazu
zwangen.
Albrecht Haupt
Das Skizzenbuch Albrecht Dürers in der
kgl. offen fliehen Bibliothek zu Dresden. Her-
ausgegeben von Dr. Robert Bruck. Strass-
burg, J. H. Ed. Heitz. 1905. Gr. 4<\ 40 S. und
160 Tafeln. Mk. 50,-.
Seit Ludwig Justis epochemachendem Buch
über die Proportionen bei Dürer ist das allge-
meine Interesse auf des Meisters Proportionsstudien
gelenkt worden, da Justis Schrift zeigte, in wie
hohem Masse Dürers theoretische Studien Einfluss
auf seine künstlerischen Schöpfungen gewonnen
haben, ja, wie viele seiner Kunstwerke aus solchen
 
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