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Auctionshaus für Kunstsachen etc. Emil Mühlenpfordt <Hamburg> [Hrsg.]
Sammlungen Ferdinand Worlée †, Hamburg: japanische und chinesische Kunst; europäisches Kunstgewerbe; Arbeiten in Edelmetall, Bronze, Messing, Zinn und Eisen; Gläser; Steinzeug und Fayencen; Holzschnitzereien; Dosen, Fächer u.s.w.; Waffen; Folterinstrumente; Naturwissenschaftliche und ethnographische Sammlungen; Bibliothek etc.; Versteigerung: Montag, 14. April bis inkl. Montag, 28. April 1913 — Hamburg, 1913

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https://doi.org/10.11588/diglit.32802#0009
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Unter den kunstgewerblichen Reihen nimmt die japanische Kleinkunst den
ersten Rang ein. Worlee sammelte Objekte ostasiatischen Kunstgewerbes bereits
seit den sechziger Jahren des vorigen Jahrhunderts. Damals kamen gute alte
Sachen noch massenhaft nach Hamburg. Wenige beachteten sie und vorteilhaft
konnten sie erworben werden. Worlee war stets bei den Händlern auf der Suche,
er durchstöberte, meist als Erster, jede Konsignationssendung und liess keine Ver-
steigerung aus. Nie gab er ein gutes Stück wieder fort. Und so nur konnte es
geschehen, dass er diese Unmenge feiner Sachen zusammenbrachte. Netzke in
Elfenbein, Holz usw., Knopfnetzke, feine Lackarbeiten wie Tuschkästen, Papier-
kästen, Dosen für Räucherwerk und Schminke, Inros, sodann Bronzen, Waffen,
Schwertzieraten, Stichblätter, wunderbär feine Arbeiten in Eisen, und alles was
sonst noch der japanische Kunstfleiss hervorbrachte ist in ausgesuchten Stücken
massenhaft vorhanden, alles in 'der Mehrzahl mit Signum der Künstler versehen.
Alles ist alt, fein und schön. Seit 30 Jaliren ist in Deutschland keine so reichhaltige
und ausgewählte Sammlung von Gegenständen japanischer Kleinkunst auf den Markt
gekommen. Der Katalog gibt auch hiervon keine rechte Charakterisierung. Da
finden sich z. B. in einem Lot eine Sammlung von ftinfzig Kämmen. Aber von
welcher Schönheit sind diese Kämme, es ist eine Kollektion, wie sie vielleicht nie
wieder auf den Markt kommen wird. Eine andere Nummer enthält zehn Stich-
blätter, eine andere zweiunddreissig Schwertbeschläge oder „102 diverse Zier-
stiicke“, und so geht es weiter, kalt und nüchtern aufgezählt, und in jedem Lot
Stücke, die der eingehenden Beschreibung und Abbildung würdig sein würden. -
Die meisten Einzelnummern dieser Japansammlung sind fein und gewählt, so wie
sie in Japan sogar heute nur nocli schwer aufzutreiben sind; ja es ist wahrschein-
lich, dass man das beste Verkaufsresultat für die Kollektion erzielen würde, wenn
man sie in Japan selbst zum Verkauf brächte. Für Museen und Privatsammlungen
bietet sich hier eine einzige Gelegenheit, die Reihen zu vervollständigen und ganze
geschlossene Abteilungen neu aufzunehmen.

Auch die chinesische Kunst ist gut vertreten, einige Goldbronzen, wie be-
sonders Nr. 754, und einige Arbeiten in hartem Stein sind besonders beachtenswert.

Das europäische Kunstgewerbe trägt vorwiegend heimischen Charakter. Es
sind meist Arbeiten, die im Gebiet von Hamburg und in seiner weiteren Umgebung
entstanden sind. — Es sind nicht Gegenstände allerersten Ranges, aber fast durch-
weg gute alte Stücke von tadelloser Erhaltung, wie man sie heute gern sammelt und
bei Händlern, wenn echt, hoch bezahlen muss. Zinn ist mit etwa 50 Nummern
vertreten, unter denen einige sehr gute Innungs-Pokale und Kannen. Das Messing
besteht meist aus getriebener Bauernarbeit; unter den Eisengegenständen befinden
sich schöne Kunstschlösser, Schliissel und Türbeschläge. In der Abteilung Bronzen,
in die auch eine Sammlung von etwa fünfzig gravierten und getriebenen holländi-
schen Tabaksdosen eingereiht ist, befindet sich manch gutes Stück. Die Sammlung
von Schmuck und Gerät aus Edelmetall bringt eine tiberraschende Fiille von alten
Riechdosen, Flacons, Anhängern und Bauernschrnuck. Eigene Gruppen bilden die
Fächer, die zahlreichen Dosen in Silber, Gold, Messing, Email und Porzellan, die
Bestecke und die Miniaturen. Unter den Folter-Instrumenten befinden sich einige
feine Stücke, u. a. die so seltene Mundbirne. Die Sammlung von Waffen und
Rüstungsteilen ist bedeutend und namentlich reich an guten Hamburgensien. Die
Kleidungsstücke und Stickereien entstammen rneist den bäuerlichen Gemeinwesen
aus der Umgebung Hamburgs.

Unter den Holzschnätzereien ragen zwei Flensburger Truhen hervor, unter
den keramischen Arbeiten eine grosse Paüssy-Schüssel. Über das Alter dieser
prachtvollen Schüssel könnten Meinungsverschiedenheiten möglich sein. Allein die
verbürgte Provenienz und der Habitus lassen sie als eclit erscheinen. Feine Por-
zellane enthält die Sammlung nicht, aber gute Fayencen von Delft und von den
schleswig-holsteinischen Manufakturen aus der zweiten Hälfte des achtzehnten Jahr-
hunderts. Schöne Töpferwaren, besonders aus Raeren, sind auch vorhanden.
 
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