die Mitteldeutsche Ausstellung 1922 eine Anzahl Hallen, die zunächst als vorübergehende Gebäude
sehr schlicht, aber doch durchaus werkgerecht gestaltet wurden. Diese Gruppierung und Auf-
teilung durch spätere Zutaten fand Albinmüller bei seiner Berufung vor. Er stand insofern vor
einem Torso, als die „alten“ schlichten Hallen durch vergröbernde Beigaben zwar nun baulich
aneinander geschlossen waren, gleichzeitig aber dadurch in ihrem Eindruck ganz wesentlich herab-
gesetzt erschienen.
Albinmüller erkannte sogleich, daß es unmöglich sei, in den gegebenen Verhältnissen zu bleiben,
wenn man eine an das ganze gebildete Deutschland und einen großen Teil des Auslandes sich
wendende Ausstellung schaffen wollte. Denn die bisherigen Anlagen waren für eine mittlere
Gewerbe- und Industrie-Ausstellung allenfalls tragbar, wenn man die Ansprüche nicht zu hoch
stellte, sie hatten aber, da ihnen jeder monumentale Zug fehlte, sie in der großen Landschaft ge-
wissermaßen „schwammen“, als städtebaulich bedingte Kunstwerke keine Existenzberechtigung.
Albinmüller suchte nach einem monumentalen Ausdruck für den Gesamtkomplex. Ihm kam
dabei zu Hilfe, daß die längst für Magdeburg notwendig gewordene Stadthalle für das Theater-
Ausstellungsjahr geschaffen werden mußte, und daß man ihr die Lage an der Westseite
der Ausstellungsbauten zuwies. Hier entstand ein etwa 100 Meter langer, 50 Meter breiter
und 20 Meter hoher Ziegelbau, der nun die eine Platzwand abgab, gleichzeitig aber für die Ge-
staltung der Ausstellungsbauten in einem gewissen Sinne bestimmend wurde. Gegenüber
dem mächtigen, dunkelfarbigen Bau konnten die flachen, hellen Putzbauten der Ausstellung
nicht bestehen, und Albinmüller schuf zunächst einmal eine Mitte, um die sich das Ganze nunmehr
gruppierte. Es erwies sich nämlich für die Ausstellung die Erbauung eines Hauses zur Aufnahme
einer technischen Versuchsbühne als notwendig. So konnte aus der gegebenen Aufgabe
heraus ein großer Kubus gestaltet werden, der mit seinen etwa 17 Metern Höhe nun nicht nur
den Drehpunkt für die anderen Anlagen bildet, sondern auch gleichzeitig das notwendige Gegen-
gewicht für die Stadthalle abgab.
Weiterhin schuf Albinmüller zwei gegenüberliegende Bauten als Fortsetzung der Platzwände,
welche die von dem Vorführungsbühnenbau nach unten schwingende Linie emporreißen und erst
dann endgültig abgleiten lassen. Diese Gebäude wurden durch überbaute Tore so mit dem Ganzen
verbunden, daß nun eine geschlossene Bebauung erreicht war. Der Abschluß, gleichzeitig der An-
schluß an den Körper der Stadthalle, fand sich durch zwei Tore von ganz verschiedener Form.
Niedrige Pfeiler aus Glasbausteinen und sehr einfacher Uberdeckung bilden das Eingangstor.
Ihm liegt gegenüber das Tor zum Vergnügungspark, das keinerlei Gemeinschaft der Formen
hat, sondern sechs fast freistehende, nur durch Mauerbögen aneinander geschlossene Pfeiler auf-
weist, auf denen massige Pferde aus gebranntem Ton stehen. Dies „Pferdetor“, ein Gegenstück
zum Darmstädter Löwentor Albinmüllers, nimmt mit lebhafter Geste die Farbe auf, die das
Bestimmende der benachbarten Stadthalle ist. Eine Pergola in Ziegelrohbau und Eingangstore
an den gegenüberliegenden Neubauten, wiederholen das Ziegelmotiv bescheidener, so daß sich
kein Gegensatz zwischen den beiden verschiedenen Baustoffen, sondern ein Miteinander ergibt,
obwohl sonst bewußt in Stil und Material keinerlei Anschluß versucht wird.
So war aus ziellos im Baum stehenden Bauten mit unerfreulichen Zutaten voraufgegangener
Jahre nun doch ein Platz gestaltet worden. Ein Ehrenhof von der Größe eines bedeutenden Stadt-
Forums, mit all der Bewegung, die seinen Platzwänden zukommt, und auch mit all der Ruhe
und Einheitlichkeit, die den Betrachter eines solchen Platzes erst froh werden läßt. Was einst
zerfloß, war im besten, ja geradezu vorbildlichen Sinne gefaßt worden. Es war ein Raum von fest-
licher Größe entstanden, der namentlich, nachdem er nun auch noch eine monumentale Aufteilung
der Bodenfläche erfahren hatte, dem Besten zugerechnet werden darf, was an modernen Ausstellungs-
plätzen und überhaupt an neuzeitlichen Platzschöpfungen entstanden ist.
Albinmüller hatte das Werk in den Entwürfen so weit gefördert, als er erkannte, daß dem
Gesamten der Ausstellung, in gewissem Sinne auch dem Eindruck des Platzes, eine letzte, ent-
scheidende Geste fehlte. Von fern verschwanden die Ausstellungsbauten in dem reichen und
üppigen Grün der großen Parkanlage. Es fehlte für die über eine monumentale Brücke aus der
Stadt kommenden Fremden der Blickpunkt. Es fehlte das Wahrzeichen einer großen Schau.
Es mangelte aber auch aus rein städtebaulichen Erwägungen heraus an einer gebietenden Senk-
rechten. Hier schuf Albinmüller noch zur rechten Stunde eine neue Möglichkeit. Er entwarf
den Ausstellungsturm und gab damit den entscheidenden und bezwingenden Ausdruck der
Schau, zugleich aber auch eine Formulierung der Verbindung von moderner Bautechnik mit neu-
zeitlichem Architekturwillen, wie sie in dieser Art noch nicht geglückt war. Ursprünglich auf etwa
45 Meter Höhe berechnet, wurden die Maße des Turmes später auf 60 Meter gesteigert. Heute
kann man sich weder in der Elbsicht des Ausstellungsgeländes, noch auf dem Platze selbst diesen
Turm, der die Dominante des Ganzen geworden ist, wegdenken.
Die Ostseite des Bühnenhauses hat eine große Muschel für die Musik aufgenommen. Die bis dahin
zerrissenen östlichen Fronten zur Rechten und Linken des Bühnenhauses wurden mit einfachen,
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sehr schlicht, aber doch durchaus werkgerecht gestaltet wurden. Diese Gruppierung und Auf-
teilung durch spätere Zutaten fand Albinmüller bei seiner Berufung vor. Er stand insofern vor
einem Torso, als die „alten“ schlichten Hallen durch vergröbernde Beigaben zwar nun baulich
aneinander geschlossen waren, gleichzeitig aber dadurch in ihrem Eindruck ganz wesentlich herab-
gesetzt erschienen.
Albinmüller erkannte sogleich, daß es unmöglich sei, in den gegebenen Verhältnissen zu bleiben,
wenn man eine an das ganze gebildete Deutschland und einen großen Teil des Auslandes sich
wendende Ausstellung schaffen wollte. Denn die bisherigen Anlagen waren für eine mittlere
Gewerbe- und Industrie-Ausstellung allenfalls tragbar, wenn man die Ansprüche nicht zu hoch
stellte, sie hatten aber, da ihnen jeder monumentale Zug fehlte, sie in der großen Landschaft ge-
wissermaßen „schwammen“, als städtebaulich bedingte Kunstwerke keine Existenzberechtigung.
Albinmüller suchte nach einem monumentalen Ausdruck für den Gesamtkomplex. Ihm kam
dabei zu Hilfe, daß die längst für Magdeburg notwendig gewordene Stadthalle für das Theater-
Ausstellungsjahr geschaffen werden mußte, und daß man ihr die Lage an der Westseite
der Ausstellungsbauten zuwies. Hier entstand ein etwa 100 Meter langer, 50 Meter breiter
und 20 Meter hoher Ziegelbau, der nun die eine Platzwand abgab, gleichzeitig aber für die Ge-
staltung der Ausstellungsbauten in einem gewissen Sinne bestimmend wurde. Gegenüber
dem mächtigen, dunkelfarbigen Bau konnten die flachen, hellen Putzbauten der Ausstellung
nicht bestehen, und Albinmüller schuf zunächst einmal eine Mitte, um die sich das Ganze nunmehr
gruppierte. Es erwies sich nämlich für die Ausstellung die Erbauung eines Hauses zur Aufnahme
einer technischen Versuchsbühne als notwendig. So konnte aus der gegebenen Aufgabe
heraus ein großer Kubus gestaltet werden, der mit seinen etwa 17 Metern Höhe nun nicht nur
den Drehpunkt für die anderen Anlagen bildet, sondern auch gleichzeitig das notwendige Gegen-
gewicht für die Stadthalle abgab.
Weiterhin schuf Albinmüller zwei gegenüberliegende Bauten als Fortsetzung der Platzwände,
welche die von dem Vorführungsbühnenbau nach unten schwingende Linie emporreißen und erst
dann endgültig abgleiten lassen. Diese Gebäude wurden durch überbaute Tore so mit dem Ganzen
verbunden, daß nun eine geschlossene Bebauung erreicht war. Der Abschluß, gleichzeitig der An-
schluß an den Körper der Stadthalle, fand sich durch zwei Tore von ganz verschiedener Form.
Niedrige Pfeiler aus Glasbausteinen und sehr einfacher Uberdeckung bilden das Eingangstor.
Ihm liegt gegenüber das Tor zum Vergnügungspark, das keinerlei Gemeinschaft der Formen
hat, sondern sechs fast freistehende, nur durch Mauerbögen aneinander geschlossene Pfeiler auf-
weist, auf denen massige Pferde aus gebranntem Ton stehen. Dies „Pferdetor“, ein Gegenstück
zum Darmstädter Löwentor Albinmüllers, nimmt mit lebhafter Geste die Farbe auf, die das
Bestimmende der benachbarten Stadthalle ist. Eine Pergola in Ziegelrohbau und Eingangstore
an den gegenüberliegenden Neubauten, wiederholen das Ziegelmotiv bescheidener, so daß sich
kein Gegensatz zwischen den beiden verschiedenen Baustoffen, sondern ein Miteinander ergibt,
obwohl sonst bewußt in Stil und Material keinerlei Anschluß versucht wird.
So war aus ziellos im Baum stehenden Bauten mit unerfreulichen Zutaten voraufgegangener
Jahre nun doch ein Platz gestaltet worden. Ein Ehrenhof von der Größe eines bedeutenden Stadt-
Forums, mit all der Bewegung, die seinen Platzwänden zukommt, und auch mit all der Ruhe
und Einheitlichkeit, die den Betrachter eines solchen Platzes erst froh werden läßt. Was einst
zerfloß, war im besten, ja geradezu vorbildlichen Sinne gefaßt worden. Es war ein Raum von fest-
licher Größe entstanden, der namentlich, nachdem er nun auch noch eine monumentale Aufteilung
der Bodenfläche erfahren hatte, dem Besten zugerechnet werden darf, was an modernen Ausstellungs-
plätzen und überhaupt an neuzeitlichen Platzschöpfungen entstanden ist.
Albinmüller hatte das Werk in den Entwürfen so weit gefördert, als er erkannte, daß dem
Gesamten der Ausstellung, in gewissem Sinne auch dem Eindruck des Platzes, eine letzte, ent-
scheidende Geste fehlte. Von fern verschwanden die Ausstellungsbauten in dem reichen und
üppigen Grün der großen Parkanlage. Es fehlte für die über eine monumentale Brücke aus der
Stadt kommenden Fremden der Blickpunkt. Es fehlte das Wahrzeichen einer großen Schau.
Es mangelte aber auch aus rein städtebaulichen Erwägungen heraus an einer gebietenden Senk-
rechten. Hier schuf Albinmüller noch zur rechten Stunde eine neue Möglichkeit. Er entwarf
den Ausstellungsturm und gab damit den entscheidenden und bezwingenden Ausdruck der
Schau, zugleich aber auch eine Formulierung der Verbindung von moderner Bautechnik mit neu-
zeitlichem Architekturwillen, wie sie in dieser Art noch nicht geglückt war. Ursprünglich auf etwa
45 Meter Höhe berechnet, wurden die Maße des Turmes später auf 60 Meter gesteigert. Heute
kann man sich weder in der Elbsicht des Ausstellungsgeländes, noch auf dem Platze selbst diesen
Turm, der die Dominante des Ganzen geworden ist, wegdenken.
Die Ostseite des Bühnenhauses hat eine große Muschel für die Musik aufgenommen. Die bis dahin
zerrissenen östlichen Fronten zur Rechten und Linken des Bühnenhauses wurden mit einfachen,
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