der Zusammensetzung des Zuges scheint Tizian sich eng an
Savonarola angeschlossen zu haben. Unsere Abbildung I zeigt
nur den dritten, also mittleren Teil der Serie, den eigentlichen
Wagen, der von den Symbolen der vier Evangelisten - Adler,
Löwe, Stier und Engel - gezogen wird, während Kirchenväter
helfend in die Räder greifen. Angeführt von Adam und Eva
schreiten Patriarchen und Propheten dem Wagen voraus, dann
einige Sibyllen, die ebenfalls als prophetische Künderinnen des
Erlösers Verehrung genossen. Dem Wagen folgen Märtyrer
und Leute im geistlichen Gewand. Palmentragende Jungfrauen
beschließen den Zug. Man vergleiche nun den entsprechenden
Passus bei Savonarola: »Dinanzi al carro sieno li apostoli e pre-
dicatori, in modo ehe paia ehe tirino il carro; alli quali preceda-
no li patriarchi e profeti, con innumerabile multitudine di
uomini e di donne del Vecchio Testamento. Intorno al carro,
come una corona, sia grandissima multitudine di martiri; circa
li quali sieno li dottori della chiesa con libri aperti in mano,
e circa loro innumerabile multitudine di vergini e vergine
ornate di gigli8.« In diesem Gefolge lassen sich die mittelalter-
lichen Paradieseschöre wiedererkennen. Auch der Triumphzug
Lope de Vegas setzt sich in ähnlicher Weise zusammen. Nur ist
er komplizierter gegliedert und gruppiert sich um mehrere
Wagen.
Die allgemeinere Tendenz der Spiritualisierung, von der wir
oben sprachen, durchzieht als literarisch-religiöse Strömung
das ganze 16. Jahrhundert und hatte wie alle anderen italieni-
schen Klassiker auch Petrarca ergriffen. Die wohl am meisten
verbreitete geistliche Umdeutung eines Dichters war der so-
genannte Petrarca spirituale, den Gerolamo Malipiero im Jahre
1536 erstmals herausgab und der im Laufe des gleichen Jahr-
hunderts noch neun weitere Auflagen erlebte9. Die irdische Ma-
donna Laura ist in diesem Werke ausgelöscht und wechselweise
9
Savonarola angeschlossen zu haben. Unsere Abbildung I zeigt
nur den dritten, also mittleren Teil der Serie, den eigentlichen
Wagen, der von den Symbolen der vier Evangelisten - Adler,
Löwe, Stier und Engel - gezogen wird, während Kirchenväter
helfend in die Räder greifen. Angeführt von Adam und Eva
schreiten Patriarchen und Propheten dem Wagen voraus, dann
einige Sibyllen, die ebenfalls als prophetische Künderinnen des
Erlösers Verehrung genossen. Dem Wagen folgen Märtyrer
und Leute im geistlichen Gewand. Palmentragende Jungfrauen
beschließen den Zug. Man vergleiche nun den entsprechenden
Passus bei Savonarola: »Dinanzi al carro sieno li apostoli e pre-
dicatori, in modo ehe paia ehe tirino il carro; alli quali preceda-
no li patriarchi e profeti, con innumerabile multitudine di
uomini e di donne del Vecchio Testamento. Intorno al carro,
come una corona, sia grandissima multitudine di martiri; circa
li quali sieno li dottori della chiesa con libri aperti in mano,
e circa loro innumerabile multitudine di vergini e vergine
ornate di gigli8.« In diesem Gefolge lassen sich die mittelalter-
lichen Paradieseschöre wiedererkennen. Auch der Triumphzug
Lope de Vegas setzt sich in ähnlicher Weise zusammen. Nur ist
er komplizierter gegliedert und gruppiert sich um mehrere
Wagen.
Die allgemeinere Tendenz der Spiritualisierung, von der wir
oben sprachen, durchzieht als literarisch-religiöse Strömung
das ganze 16. Jahrhundert und hatte wie alle anderen italieni-
schen Klassiker auch Petrarca ergriffen. Die wohl am meisten
verbreitete geistliche Umdeutung eines Dichters war der so-
genannte Petrarca spirituale, den Gerolamo Malipiero im Jahre
1536 erstmals herausgab und der im Laufe des gleichen Jahr-
hunderts noch neun weitere Auflagen erlebte9. Die irdische Ma-
donna Laura ist in diesem Werke ausgelöscht und wechselweise
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