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A e i t l ä u s e.
Am 28. Sept. Nochmittags lasen wir im Münchener Pastoral
blatt nnd merkwürdiger Weise gleichzeitig iur Bolksbote», der uns
als Nebcnhirte gesetzt zu sein scheintz ein erzbischöfliches Schreiben
an den Hrn. Cnltusminister, dat. vom 26. Septembcr, also ganz
curienwarm vcröffentlicht. Recht so, die frische Luft der Oesfent-
lichkeit ist das Beste für politische Schäden. Die kleiue Correktur,
die der Verfasser dem Adressaten gleich Eingaugs zukommcn läßt,
daß man sagei „unfehlbares Lehramt", nicht „persönliche Unfehl-
barkcit", ist wiederum dahin zu berichtigen, daß dcr erste dem
Concil vorgelegtc Entwurf wirklich die Ueberschrift hatte: „Von
der persönlichen Unfehlbarkeit". Weiters wcrden den lebeuden
Autoritäten, auf wclche sich Hr. v. Lutz bezieht, andere Autori-
täten entgegengesetzt, z. B. der selige Klee, der selige Kreitlmayer,
wobei nur fraglich bleibt, wie sich diese Seligeu verhalten würden,
wenn sie jetzt noch lebten. Der Bischof zittert für unser theures
Vaterland, das gerade als „katholisches Bahern" eine so glorreiche
Vergangenheit hat. Nun, das ist ja eben die Geschichte vom
Ch ursürsteuthum, dem übrigens Ocstreich seine glorrcichen
Thaten schlecht' belohnte. Der Minister habe, bemcrkt das Schrei-
ben, nachzuweisen unterlassen, inwieferne durch die „Neucrung"
die Bcziehungen zwischen Staat und Kirche alterirt worden seien.
Kleine Verwcchslung zwischen Perfect und Futurum! Die Be-
ziehungcn müßen alierirt werden, sobald der Pabst einmal auf
dem Gebietc der Sittcn einen irreparablen, mit bestchenden
Gesetzesbestiinmungcn nicht vereinbarlichcn Beschlnß faßt. Das
Stärkste im ganzen Aktenstück ist die erzbischösliche Be-
hanptung, daß die Unfehlbarkeit mit beinahe vollständiger
Einstiinmigkeit votirt worden seiü
Von 600 am 14. Juli in Nom noch anwesenden Bischöfen
blieben 70 von der Sitzuug ferne, 62 stimmten nnr mit Vorbehalt
bei und 88, darunter unser Hr. Erzbischof, sagten entschieden Ncin.
Und das nennt der Obcrhirte bcinahe vollständige, d. h. einc solche
Einstimmigkeit, bei welcher die Widerstrebenden gar nicht in Betracht
kommen! Wie man, auch bei nachträglicher Umwendung, sein eigenes,
laut feierlicher Erklärung aus innerstem Gewissensdrang abgege-
benes Votum derartig despektiren kann, ist bewundernswerth.
Die römische Curie hat alle Ursache zn triumphiren, über ihre
Opponenten im Concil nämlich. Uebcr Bayern in seinem der-
maligen Umfang kann sie nicht triumphiren.
A e i t l ä u s e.
Am 28. Sept. Nochmittags lasen wir im Münchener Pastoral
blatt nnd merkwürdiger Weise gleichzeitig iur Bolksbote», der uns
als Nebcnhirte gesetzt zu sein scheintz ein erzbischöfliches Schreiben
an den Hrn. Cnltusminister, dat. vom 26. Septembcr, also ganz
curienwarm vcröffentlicht. Recht so, die frische Luft der Oesfent-
lichkeit ist das Beste für politische Schäden. Die kleiue Correktur,
die der Verfasser dem Adressaten gleich Eingaugs zukommcn läßt,
daß man sagei „unfehlbares Lehramt", nicht „persönliche Unfehl-
barkcit", ist wiederum dahin zu berichtigen, daß dcr erste dem
Concil vorgelegtc Entwurf wirklich die Ueberschrift hatte: „Von
der persönlichen Unfehlbarkeit". Weiters wcrden den lebeuden
Autoritäten, auf wclche sich Hr. v. Lutz bezieht, andere Autori-
täten entgegengesetzt, z. B. der selige Klee, der selige Kreitlmayer,
wobei nur fraglich bleibt, wie sich diese Seligeu verhalten würden,
wenn sie jetzt noch lebten. Der Bischof zittert für unser theures
Vaterland, das gerade als „katholisches Bahern" eine so glorreiche
Vergangenheit hat. Nun, das ist ja eben die Geschichte vom
Ch ursürsteuthum, dem übrigens Ocstreich seine glorrcichen
Thaten schlecht' belohnte. Der Minister habe, bemcrkt das Schrei-
ben, nachzuweisen unterlassen, inwieferne durch die „Neucrung"
die Bcziehungen zwischen Staat und Kirche alterirt worden seien.
Kleine Verwcchslung zwischen Perfect und Futurum! Die Be-
ziehungcn müßen alierirt werden, sobald der Pabst einmal auf
dem Gebietc der Sittcn einen irreparablen, mit bestchenden
Gesetzesbestiinmungcn nicht vereinbarlichcn Beschlnß faßt. Das
Stärkste im ganzen Aktenstück ist die erzbischösliche Be-
hanptung, daß die Unfehlbarkeit mit beinahe vollständiger
Einstiinmigkeit votirt worden seiü
Von 600 am 14. Juli in Nom noch anwesenden Bischöfen
blieben 70 von der Sitzuug ferne, 62 stimmten nnr mit Vorbehalt
bei und 88, darunter unser Hr. Erzbischof, sagten entschieden Ncin.
Und das nennt der Obcrhirte bcinahe vollständige, d. h. einc solche
Einstimmigkeit, bei welcher die Widerstrebenden gar nicht in Betracht
kommen! Wie man, auch bei nachträglicher Umwendung, sein eigenes,
laut feierlicher Erklärung aus innerstem Gewissensdrang abgege-
benes Votum derartig despektiren kann, ist bewundernswerth.
Die römische Curie hat alle Ursache zn triumphiren, über ihre
Opponenten im Concil nämlich. Uebcr Bayern in seinem der-
maligen Umfang kann sie nicht triumphiren.