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Münchner Jahrbuch der bildenden Kunst — N.F. 1.1924

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Sieveking, Johannes: Römische Kleinbronze: Nachtrag
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https://doi.org/10.11588/diglit.67746#0085

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RÖMISCHE KLEINBRONZE
(NACHTRAG)
Von JOHANNES SIEVEKING
Ich muß selbst leider gleich die Unhaltbarkeit meiner Vermutung über den Sockel
der von mir veröffentlichten Bronzestatuette aus der Sammlung James Loeb
(oben S. 5) feststellen. Ich konnte den mit dem Löwenfell bedeckten Sitz des Jüng-
lings, wie ihn der Abguß in Roanne zeigt, nur nach der kleinen von Reinach gege-
benen Abbildung, die ich in meinem Text wiederholt habe, beurteilen. Aus ihr
glaubte ich entnehmen zu dürfen, daß es der antike Bronzesockel der Figur sei,
der aus irgendeinem mir unbekannten Grunde durch den jetzigen aus bronziertem
Marmor ersetzt und dann verloren gegangen sei. Es zeigt sich in diesem Fall
wieder einmal, wie gefährlich es ist, solch ein Urteil lediglich auf Grund einer
Abbildung zu wagen, sie täuscht, besonders wenn sie durch Verkleinerung und
Reproduktion unklarer geworden ist, nur allzuleicht.
Herr Dr. A. Rumpf in Leipzig hat auf Grund meines Aufsatzes festgestellt, daß
das Antikenmuseum der Universität Leipzig ebenfalls einen Gipsabguß der Bronze
von Feurs besitzt, der laut Inventar im Jahre 1850 von einem Dr. Härtel dorthin
geschenkt worden ist. Herr Dr. Rumpf war so freundlich für mich zwei Auf-
nahmen dieses Abgusses herstellen zu lassen, von denen ich die eine hier wieder-
gebe. Sie läßt deutlich genug erkennen, daß der Sockel der gleiche wie der in
Roanne ist, aber außerdem auch, was noch wichtiger ist, daß es keine
antike Arbeit ist. Es ist nicht ein Fels, wie ich zu erkennen geglaubt hatte,
sondern vielmehr wie der jetzige von Vallois angefertigte Sitz, ein knorriger
Baumstumpf mit abgesägten Ästen, von denen einer, mit dem Kopf des Tier-
felles bedeckt, der linken Hand als Stütze dient, und mit verzweigten Wurzeln,
die besonders vor dem rechten Fuß sichtbar werden. Jetzt, wo die Einzelheiten
des Felles klarer erkennbar sind, sticht die unruhige Silhouette des seitwärts
herausragenden Löwenkopfes und der auf der rechten Seite über die Standplatte
herabfallenden Schweifquaste von den einfach gehaltenen Umrissen der Figur
selbst auffällig ab und wirkt ihr gegenüber reichlich barock. Der Jüngling sitzt
auch nicht, wie mir die alte Abbildung vorgetäuscht hatte, eingebettet in die
Falten des Felles und der rechte hochgezogene Fuß stößt nicht mit der Ferse
an den Stamm an. Also ich wiederhole, auch dieser Sockel ist eine Erfindung
neuerer Zeit und die Statuette ist, wie wir nunmehr annehmen müssen, ohne
einen solchen gefunden worden. Man hat den Jüngling nach Stirnbinde und
Pankratiastenohren für einen heroischen Athleten gehalten und wie eine Deutung
ihn Theseus nannte, ist hier der Versuch gemacht worden, ihn zu einem Herakles
zu ergänzen und zwar durch das Löwenfell auf dem Sitz und die Keule im
Münchener Jahrbuch der bildenden Kunst N. F. I, 2/3.
 
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