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Münchner kunsttechnische Blätter — 1.1904-1905

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Nr. 11
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Berger, Ernst: Antike Maltechnik [2]: altägyptische Mumiensargmalereien
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https://doi.org/10.11588/diglit.36597#0051
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Nr. H.

Münchner kunsttechnische Blätter.

47

waren, wodurch eine entzückende Wirkung er-
zielt ist.
Naturgemäss folgen auf Zeiten der Blüte
auch Zeiten des Verfalles. Sie kennzeichnen sich
auch auf unserem Gebiete in vielfachen Ueber-
treibungen: Die Ornamente werden unruhig, die
Einteilung der einzelnen Bilderreihen durch schräg
nach aufwärts oder abwärts angeordnete geflügelte
Symbole verwirrt, die plastischen Erhöhungen
durch Wiederholung der gleichen Motive um
ihre Wirkung gebracht und auch in der Farben-
gebung tritt mitunter Buntheit und Monotonie ein.
4. Periode.
Neuerungen in koloristischer Beziehung.
Wie lange sich die oben geschilderten Arten
der Ausschmückung erhalten hatten, lässt sich
schwer sagen. Sie mögen in einzelnen Städten
des Landes länger üblich gewesen, in anderen
aber wieder durch neuere Methoden verdrängt
worden sein. Die nun folgende Periode kenn-
zeichnet sich durch das Auftreten koloristi-
scher Neuerungen, hauptsächlich durch die
Ausfüllung des Grundes mit roter, blauer
oder grüner Farbe. Dadurch erscheinen die Fi-
guren hell auf dunklem Grund, während früher
durch die einfache Ausfüllung der Umrisse eine
umgekehrte Wirkung erzielt war. Diese Neue-
rung muss als ein völliger Umschwung des
früheren Systems bezeichnet werden, da sie der
altnationalen Tradition ganz fremd ist. Demnach
liegt die Vermutung nahe, dass sich hier ausser-
ägyptische, etwa assyrische oder griechische Ein-
flüsse geltend gemacht haben mussten.
In Bezug auf den Stil ist durch die oben-
genannte Neuerung vorerst keine erhebliche Aen-
derung zu bemerken, aber es gelangt grössere
Ruhe in die Komposition und die Figuren treten
besser in Erscheinung. (Figur 2 oben.) Jetzt wer-
den auch hellfarbige Figuren oder Symbole direkt
auf dunklen Fond gemalt, und die schwarze
Farbe, die bisher nur als Umrandung gedient
hatte, tritt in breiten Flächen, wieder mit hell-
gelben Hieroglyphen bedeckt, als neues Glied
in die Farbenkomposition ein.
Mit dem Einsetzen der koloristischen
Periode, wie man sie nennen könnte, kommen
nun auch andere technische Erfahrungen zur
Geltung, und es mögen auch Verbesserungen
des Grundes, der Bindemittel und der Firnis-
bereitung durch den Verkehr mit aus Griechen-
land eingewanderten Handwerkern sehr bald Ein-
gang gefunden haben. Von jetzt ab werden die
Farben noch satter und die allgemeine Erschei-
nung der Malerei überhaupt glänzender. Man
begnügte sich nicht mit dem Glanze des Fir-
nisses, sondern man glättete oftmals die Ma-
lerei selbst, was bei mit Eitempera bereiteten
Farben auf geleimtem Kreidegrund leicht zu er-

zielen ist, insbesondere wenn dem Grundierungs-
material Beigaben gemacht werden, welche das
Glätten erleichtern (z. B. verseiftes Olivenöl oder
etwas trocknendes Oel). Der gleiche Effekt lässt
sich auch mittels des sogen. Punischen Wachses
erzielen, welches in dünner Schichte auf dem
Gipsgrund aufgetragen und dann geglättet wor-
den war.
Auf diesen Umstand wurde ich gelegentlich
der in Figur 2 gegebenen Kopie des Oberteils
einer Votivtafel aus der Zeit von ca. 550 v. Chr.
im Wiener Hofmuseum (Saal V, Kasten X Nr. 68,
Inv.-Nr. 5073) aufmerksam gemacht, welche in


der äusseren Erscheinung einem geglätteten
Steine ähnlich war. Die Farben sind viel durch-
sichtiger und leuchtender als auf anderen Holz-
malereien, so dass ich diese Wirkung anfänglich
dem vermeintlich verwendeten Stein zuschrieb.
Erst als der Kustos des Museums, Herr Dr. Alex.
Dedekind, mit liebenswürdiger Zuvorkommen-
heit das Objekt aus der Vitrine nahm, erkannte
ich meinen Irrtum. Das etwa 6 cm dicke Holz-
brett zeigte sich von allen Seiten mit einer krei-
digen und glatten Schichte überzogen, auf welcher
die Farben durchsichtig und wie lasiert er-
schienen. Die erwähnte Grabtafel stammt aus
dem 6. Jahrhundert vor unserer Zeitrechnung,
 
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