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Münchner kunsttechnische Blätter — 1.1904-1905

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Nr. 24
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Anfragen und Beantwortungen / Literatur
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https://doi.org/10.11588/diglit.36597#0112
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108

Münchner kunsttechnische Blätter.

Nr. 24.

Fleischer'schen „Meisterfarben der Renais-
sance" aufmerksam gemacht, welche dem neuerer
Zeit auftretenden Bedürfnisse, die Malerei längere
Zeit nass erhalten zu können, möglicherweise nach-
kommen; das „Geheimnis", mit dem Herr Frof.
Fleischer sein vielleicht sehr gutes Material umgibt,
habe Sie aber abgehalten, Versuche mit seinen
Farben zu machen. Auf Ihre Frage nach der Zu-
sammensetzung des Fleischer'schen Bindemittels
können wir keine Antwort geben. Die Firma Schoen-
feld in Düsseldorf ist, wie sie uns kürzlich mitteilte,
kontraktlich zu strengster Geheimhaltung verpflich-
tet. Was uns betrifft, so haben wir kein Verlangen,
in Geheimnisse anderer einzudringen; überdies wider-
strebt es uns, ein Malmittel unbekannter Zu-
sammensetzung zu künstlerischen Werken zu ver-
wenden. Unserer Ansicht nach sollte jeder gewissen-
hafte Maler prinzipiell ein Malmaterial zurückweisen,
dessen Bestandteile ihm aus irgend einem Grunde
verschwiegen werden und wenn auch dessen Eigen-
schaften noch so verführerisch angepriesen werden.
In dem uns vorliegenden Prospekt heisst es: „Die
Meister der Renaissance gebrauchten zwei ver-
schieden zusammengesetzte Arten von Far-
ben, die für sich allein oder zusammen angewandt
wurden. Durch geeignete Malmittel waren sie in der
Lage, das Trocknen der Farben in beliebiger
Weise zu verlangsamen oder zu beschleu-
nigen. Dieselben Eigenschaften besitzen auch
Prof. Fleischers Farben. Diesen Farben und Binde-
mitteln liegt ein ganz besonderer, nur von den
altenMeisternverwandterUrstoffzuGrunde."
Dem gegenüber möchten wir uns die Fragen
erlauben: i. Welche Meister der Renaissance sind
eigentlich gemeint? Denn soviel ist doch sicher, dass
die Van Eycks anders als Tizian, die Rubenszeit
anders als die des Boticelli gemalt hat?
2. Aus welchen geschichtlich erweisbaren Tat-
sachen schliesst Prof. Fleischer, dass die alten Meister
die Trocknung ihrer Farben beliebig verlangsamen
oder beschleunigen konnten? Er sagt, die alten
Meister benützten zu dem angegebenen Zweck einen
„nur von ihnen verwandten Urstoff", und genau
diesen „Urstoff" enthalten die Fleischer'schen Meister-
farben! Hält Prof. Fleischer uns Maler für so —
naiv, dass wir ihm das ohne weiteres glauben sollen ?
Oder meint er, die geschichtliche Forschung wäre
bis jetzt mit geschlossenen Augen vor dem nur ihm
allein offenbaren „Geheimnis" vorübergegangen?
Weder in den gelehrten Büchern von Merriüeld,
Eastlake, Merimée oder Ludwig, noch in den „Bei-
trägen zur Entwicklungsgeschichte der Maltechnik",
deren IV. Folge sich ausschliesslich mit den Quellen
für die Technik der Renaissance befasst und die
Hauptquelle der Rubenszeit, das De Mayerne-Ms.
enthält, wird man dafür Anhaltspunkte finden. Was
allen Forschem auf maltechnischem Gebiete, trotz
eifrigen Bemühens, bisher verborgen blieb, war Herrn
Prof. Fleischer zu entdecken Vorbehalten, nämlich

den nur von den alten Meistern verwandten „Urstoff" !
War er wirklich so vom Glück begünstigt, so möge
er uns doch bekannt geben, welche äusseren Um-
stände ihn dazu geführt, durch welche Beobach-
tungen oder Untersuchungen historischer oder che-
misch-technischer Art er dazu gelangt ist. Damit
würde er uns zu grösstem Dank verpflichten, und
der maltechnischen Wissenschaft einen grossen Dienst
erweisen.
Die neuen „Meisterfarben der Renaissance"
mögen ausgezeichnete Eigenschaften haben, sie ge-
statten vielleicht die allerhöchste Ausnützung der
Leuchtkraft der Farben, eine vereinfachte Technik,
den Glanz und das vielbewunderte Email der Alten
zu imitieren u. s. w., sie kommen möglicherweise der
Lösung des Problems, die Farben beliebig lange
nass zu halten und beliebig schnell zu trocknen,
nahe — wir haben darüber noch kein Urteil —,
aber die Geschichte von dem „nur von den alten
Meistern verwandten Urstoff" bedarf entschieden
der Aufklärung.
Herrn H. D. in Freiburg i. Br. Auf Ihre Frage:
„Wie wird ein Oelgemälde (Leinwand auf Keil-
rahmen gespannt), in das ein kleines Loch ge-
stossen wurde, am besten hinterkleidet, um die
betreffende Stelle wieder zumalen 2U können?" kann
folgendes Verfahren als zweckmässig empfohlen wer-
den: Von einem der Form des Loches entsprechend
grossen Stück ungebleichten Leinens feiner Webart
zupft man die Fäden zwei bis drei Finger breit von
den vier Seiten aus, so wie man Charpie zupft.
Dann bestreicht man das Stück Leinen nebst den
Fäden mit Diacholon-Pflaster (Heftpflaster, in der
Apotheke frisch erhältlich) und klebt das ganze auf
die schadhafte Stelle fest. Am besten ist es natür-
lich, wenn man das Bild mit der Malseite auf einen
Tisch legt und von rückwärts manipuliert. Hernach
deckt man das Loch von vorne mit Farbe zu, lässt
gut trocknen und schabt die Stelle eben. Ein Unter-
kleben des ganzen Bildes ist in diesem Falle nicht
nötig, es sei denn, dass man den Schaden unsicht-
bar machen will. Es genügt dann einfaches Unter-
spannen mit ungrundierter Leinwand.
Literatur.
Bei der Redaktion eingetroRen:
Wilh. Ostwald, Kunst und Wissenschaft. (Ein
Vortrag.) Verlag von Veit & Co., Leipzig.
Franz Wolter, Wie hat Lenbach gemalt? Im
ersten Band der von Dr. Ulrich Schmid herausge-
gebenen „Walhalla" (Bücherei für vaterländische Ge-
schichte, Verlag Georg D. W. Callwey) behandelt der
Autor mit grösserer Ausführlichkeit das auch in den
„Münchner kunsttechnischen Blättern" Nr. 3 und 4
besprochene interessante Thema.
Vertag der Werkstatt der Kunst (E. A. Seemann, Leipzig).
 
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