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Münchner kunsttechnische Blätter — 8.1911/​1912

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Nr. 23
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Berger, Ernst: Zur Einführung der Teerfarben, [4]
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https://doi.org/10.11588/diglit.36590#0095
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Nr. 2ß.

Münchner kunsttechnische Blätter.

9'

sie von ersten chemischen Fabriken eingeführt wurden,
bezeichnet, so dass der Namen zumeist die Substanz be-
deutet, aus der sie bestehen.
Nach den uns zugesandten Proben haben wir die
Farben hinsichtlich ihrer Trocknungszeiten geprüft,
worüber die folgende Tabelle Aufschluss gibt:
Am schnellsten, d. h. innerhalb fünf Wochen,
trockneten:
S.&C. 9 Helioechtrosa,
„ 12 Indanthrenblau i,
„ 13 Indanthrenblau 3,
,, 16 Echtmischgrün.
Nach sechs Wochen waren trocken:
S.&C. 6 Permanentrot 2G extra,
„ 7 Helioechtrot,
„ S Pigmentscharlach (in dünner Schicht),
„ :o Krapp BS extra,
„ 11 Indanthrenbordeaux,
„ 14 Indanthrenblau 3,
„ 1 Helioechtgelb,
,, 2 Hansagelb.
Es blieben nach zwölf Wochen noch nass:
S.&C. 3 Indanthrengelb,
„ 4 Tuscalinorange,
„ 5 Lithoiechtorange,
„ 13 Indanthrenblau 2.
Das letztere war nach fünfzehn Wochen getrocknet,
während Tuscalinorange und Litholorange nach neun
Monaten (!) noch nicht fest aufgetrocknet waren.
Diese Tabelle zeigt, dass man ohne Trockenmittel
hier kaum auskommen könnte*) — die Aufstriche
waren in mässiger Dicke vollzogen worden, — es sei
denn, dass man mit Terpentin sehr verdünnter Farbe
malt, oder aber einen saugenden Grund wählt. Als
weiteres Mittel käme noch in Betracht, die Unter-
schichten (erste Anlage, Untermalung) mit Tempera
als Malmittel anzulegen, die dann schnell trocknet und
die Uebermalungsschichten mit Oelfarben zu vollenden.
Bei Mischungen mit Bleiweiss wird übrigens die Trock-
nung durch die bekannte schnelle Trocknungsfähigkeit
dieser Farbe ohnedies beschleunigt.
Inzwischen hat auch die bekannte Künstlerfarben-
fabrik H. Schmincke&Co., Düsseldorf-Grafenberg,
der Herstellung einiger Teerfarben für Künstlerzwecke
besondere Aufmerksamkeit geschenkt und sich in den
von dieser Firma veröffentlichten „Maltechnischen
Mitteilungen" über ihre bezüglichen Beobachtungen
und Untersuchungen, besonders was die Einführbarkeit
der als „lichtecht" geltenden Teerfarblacke betrifft,
in der 9., 10. und n. Lieferung dieser Mitteilungen
geäussert.
In der 9. Lieferung, betitelt „Lichtecht?", sind
die Resultate bekanntgegeben, die die Chemiker der
Firma mit den neuen Farbstoffen gemacht haben, und
diese Resultate sind vorerst für die Einführung der-
selben nicht günstig.
Es heisst daselbst: „Es kann in der Einführung
und bei dem Gebrauch solcher neuer Farben nicht
genug vor Ueberstürzung gewarnt werden", und als
Grundsatz für die Lichtechtheit wird festgestellt: „Ein
lichtechter Farbstoff muss nicht nur in dem Tongrade,
mit welchem er aus der Tube kommt, sondern auch

*) Neuestens ist bei Kollegen der Gebrauch auf-
gekommer, die Farben möglichst lange nass zu halten,
und sie bedienen sich hierzu die Trocknung verlang-
samender Beigaben (Kopaivaätheröl, Nelkenöl, Euge-
nol u. a.). Ich möchte an dieser Stelle gegen diese
Methode einwenden, dass dieses künstliche Nasshalten
schon deshalb misslich ist, weil sich Russteile auf die
FarbHäche lagern, die niemals davon entfernt werden
können, und wenn dagegen das Bild durch Glas ge-
schützt würde, der Trocknungsprozess überhaupt all-
zulange verzögert wird.

in starker Ausmischung mit Weiss gegen die zerstö-
rende Wirkung des Lichtes unempfindlich sein (d. h.
nach längerer direkter Sonnenbestrahlung). Ist
eine Farbe im direkten Sonnenlichte monatelang (wie-
viel Monate, wird nicht gesagt) haltbar, so wird sie im
Zimmer Jahrhunderte hindurch (wie viele Jahrhunderte?)
frisch und leuchtend bleiben."
Von den einzelnen sogenannten,.lichtechten"gelben
Teerfarbstoffen, dem Indanthrengelb G und R so-
wie Indanthrengoldorange, käme keines ernstlich
als Ersatz für Indischgelb in Betracht, da die daraus
hergestellten Farblacke mit der Zeit etwas grau im
Ton werden. Alizarinorange verblasste in kurzer
Zeit.
Von der Gruppe der Azofarben verblassten ver-
schiedene Sorten, Permanentrot mit Weiss ausge-
mischt nach einiger Zeit, selbst das relativ beste,
Permanentrot 2G extra, verlor als Wasserfarbe
in Verdünnung mit Zinkweiss, ca. 100 Stunden dem
Sonnenlichte ausgesetzt, die Farbe vollständig, wäh-
rend unvermischt aufgetragen, sich diese Farbe sehr
beständig gegen das Licht erwies. Mischungen mit
Kremserweiss sind dagegen gegen Licht weniger emp-
findlich und „gut lichtbeständig" zu nennen.
Andere Rotpigmente (Helioechtrot, Pigmentschar-
lach) entbehrten genügender Lichtbeständigkeit. In-
danthrenbordeaux, als Farblack von ziemlicher
Widerstandskraft gegen die bleichende Wirkung des
Lichtes, könne vom koloristischen Standpunkt entbehrt
werden. Thioindigo würde durch die Einwirkung
des fetten Oeles ausgeblichen, komme auch wegen
seiner „Oellöslichkeit" nicht in Betracht, aber als
Aquarellfarbe hat diese Farbe sich glänzend bewährt.
Ebenso auch der künstliche Alizarinkarmin, der
mindestens so lichtecht ist, wie der aus der Krapp-
wurze! gewonnene Krapplack.
Ein als Echtgrün bezeichneterTeerfarblack, aus
Coerulein hergestellt, ist als Wasserfarbe unersetzlich
und sei geeignet, das aus Chromgelb und Preussisch-
blau gemischte unzuverlässige Zinnobergrün zu ver-
drängen. Als Oelfarbe seien die Versuche noch nicht
abgeschlossen.
Bezüglich des Indanthrenblau wird gesagt, dass
es als Aquarellfarbe in manchen Fällen an Stelle des
veränderlichen Pariser- und Preussischblau treten
könne, und selbst mit Ultramarin und Kobalt in Kon-
kurrenz kommen könne, an Lichtbeständigkeit aber
von diesen beiden übertroflen werde. Auch Ausmi-
schungen dieses Farblackes mit Zinkweiss (Aquarell-
farbe) verbleichen ganz erheblich, während Ausmi-
schungen mit Kremserweiss unveränderlich bleiben.
Als Oelfarbe verdiene Indanthrenblau wohl Be-
rechtigung, doch wäre es in seinem Verhalten noch
nicht genügend studiert.
„Ueberblickt man", so heisst es in der „Zusammen-
fassung" (S. 9), „diese kritische Abhandlung über diese
als ,echt' bezeichneten Teerfarblacke, so bleibt wenig
übrig, was mit vollerUeberzeugung nach jeder
Richtung hin als gänzlich einwandfrei für die
Kunstmalerei zu empfehlen wäre", es müsse, da
die ganze Materie noch nicht genügend durchgearbeitet
sei, bei Anwendung dieser Farben noch grosse Vor-
sicht uud eingehende Prüfung angeraten werden.
Die relativ lichtbeständigenTeerfarblacke(T-Farben)
wurden von der Fabrik im Sortiment ihrer Mussini-
ölfarben und ihrer Horadams-Patent-Aquarellfarben
aufgenommen, und zwar finden sich in der Liste ver-
zeichnet:
Oelfarben: Aquarellfarben:
1. Indanthrengelb . . . Indanthrengelb
2. — Indanthrenorange
3. Permanentrot I . . . Permanentrot I
4. Alizarinrot hell . . . Alizarinrot hell
 
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