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München, 4. Oktbr. 191$.

Beilage zar „Werkstatt der Knnst" (E. A. See Haan, Leipzig).
Erscheint !4 tägig nnter Leitang von Maier Prof. Ernst Berger.

BI. jahrg. Nr. 1.

Inhalt: Die Musivische- und die Kabinets-Giasmaierei. Von Ch. Mangoid. — Was soii der Künstier, der
Maler, von der Chemie wissen. Von Georg Büchner. (Schluss.) — Leichtes Reinigen der Oelmaler-
pinset. — Maitechnische Anfragen.

Die Musivische- und die Kabinets-GIasmalerei.
Von Ch. Mangold.

Von jeher bildete die Glasmalerei einen ganz
eigenartigen Zweig der Dekorationsmalerei und
ist auch als solcher zu behandeln. Gerade unsere
deutsche Glasmalerei kann sich einer glücklichen
Entwicklung rühmen, denn sie hat rasche Fort-
schritte in ihrer künstlerischen Beschaffenheit ge-
macht. Welchen Zauber ein wirklich gutes Glas-
gemälde auszuüben vermag, das weiss ein Jeder.
Aber nur Künstler können solche farbenprächtige
und richtig wirkende Glasgemälde hervorbringen,
ein erfreulicher Zustand, der uns die Hoffnung
verleiht und die Gewissheit dafür gibt, dass das
Glasgemälde nie als Fabrikationsartikel auftreten
kann.
Betrachten wir die Wandlungen, welche die
Glasmalerei durchgemacht hat, so werden wir
sofort erkennen, dass sich dieselben nur auf die
künstlerischen Seiten beziehen. In Bezug auf die
Technik hat sich seit Jahrhunderten kaum etwas
geändert. Trotzdem hat man mit der alten Kunst
gelernt, neue Kunst zu schaffen.
Neue Kunst ist mit ihr geschaffen worden,
denn die Glasmalerei ist heute mit ein wichtiges
Dekorationsmittel der Profanbauten geworden und
ist somit aus der sakralen Kunst herausgetreten.
Glas- und Mosaikgemälde, das sind heute beim
Profanbau die wirkungsvollsten und feinsten De-
korationsmittel geworden. Finden sie auch ihre
Anwendung, wo sie wollen, so sind dieselben ihrer
alten Tradition treugeblieben, indem sie einzig
und allein nur der Pracht, dem Reiz der Farbe
den Dekorationswert beimessen. Das Glasgemälde
kennt nur die Farbe; voll und kräftig kommt
sie zur Wirkung und Erscheinung. So voll und
kräftig die Farbenwirkung beim Glasgemälde auch

auftritt, muss es sich doch in den Raum einfügen, für
den es geschaffen wird. Aus diesem Zusammen-
arbeiten leitet sich der Grundsatz, dass die Glas-
malerei und die Brandmalerei ihrem Wesen nach
trotz der Verschiedenheit der Techniken eng zu-
sammen verknüpft sind.
Die Glasmalerei ist ihrem Wesen nach für
hgurale wie für rein ornamentale Darstellung ge-
eignet. Sie verlangt vor allem sehr korrekte
Zeichnung und breite Behandlungsweise in ihrer
Ausführung. Dabei vergesse man aber nie, dass
Farbenglanz und Leuchtkraft das Wichtigste ist.
Ja selbst die tiefsten Schatten müssen noch durch-
sichtig sein. Das Glasgemälde am Fenster muss
in allen seinen Teilen Licht nach innen durchlassen.
Ist ein Glasgemälde in einem Fenster anzubringen,
welches nach Süden gerichtet ist, so ist es vor-
teilhaft im Hauptgrund eine kalte graue Färbung,
in den leitenden Farben dagegen im Vorzüge grün,
blau und Purpur anzubringen. Bei Nordlicht da-
gegen, kann brauner Grund, rubinrot, gelb und
orange vorherrschen. Gelb und Purpur wirken
sehr weich, sie sind also da vorzuziehen, wo eine
spärliche Lichtquelle ist. Die Farben verhalten
sich im durchfallenden Licht anders, als im auf-
fallenden Licht. Dies ist von hoher Bedeutung
beim Glasgemälde, weil hier nicht allein das
Kolorit, sondern auch die Zeichnung berührt wird.
Durchfallendes Licht macht die Lichter heller, die
Umrisse erscheinen schmäler und das Glas lässt
mehr Licht durch, als im auffallenden Lichte re-
flektiert wird. Weisses Glas lässt die Fläche
grösser erscheinen, blaues zeigt durch Licht ver-
wischte Ränder mit einem blauen Schimmer in
seiner Umgebung. Gelb erscheint am Rande scharf,
 
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