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Inhalt: Ein Maimittei der Rubenszeit. Von Georg Geissier. — Die Musivische- und die Kabinets-Giasmaierei.
Von Ch. Mangoid. (3. Fortsetzung.) — Kuppeimaierei. Von E. B. (i. Fortsetzung.) —Einfache Unter-
suchung von Maierfirnissen aus Leinöl.

Ein Malmittel der Rubenszeit.
Von Georg Geissier.

In seiner, in den ,,M. K. Bi." erschienenen in-
teressanten Abhandlung über die Technik der
Rubenszeit nennt Prof. Ernst Berger u. a. den
sog. Strassburger Terpentin als Bindemittel des
niederländischen Blumenmalers Daniel Seghers,
welchen dieser mit Nussöl zusammenkochte. Vor
Jahren schon las ich in den Bergerschen „Bei-
trägen zur Geschichte der Maltechnik" in den
Noten zum Majerne Manuskript diese Notiz.
Damals konnte ich das Harz nicht bekommen
und als später die Eastlake-Uebersetzung von
Dr. J. Hesse erschien, fand ich Seite 267 wieder
eine Bemerkung über dieses Harz unter dem
Namen Olio d'abezzo, hier jedoch mit Föhren-
harz verdeutscht. Church (Farben und Malerei)
und Eibner (Malmateralienkunde) erwähnen es
unter dem Namen Strassburger Terpentin als Pro-
dukt der Abies pectinata, das ist die Silbertanne.
Nach Eibner kommt diese als Hauptvertreter der
Nadelhölzer in den Vogesen vor, woher wohl
auch obige Bezeichnung rühren mag.
Kürzlich nun kam ich durch Gefälligkeit in
den Besitz dieses Harzes und konnte mich von
den Vorzügen desselben, an sich sowohl, als auch
im Vergleich zu dessen Vetter, dem sog. Vene-
zianischen Terpentin hinlänglich überzeugen. Was
Church über den Strassburger Terpentin (Seite 74)
sagt, stimmt. Der Strassburger Terpentin ist hel-
ler noch und schneller trocknend als der Vene-
zianische. Nicht vergessen darf hier allerdings
werden, was Berger in seinem Artikel erwähnt,
dass nämlich früher die Bezeichnung venezia-
nischer Terpentin mehr ein Sammelname gewesen
ist und darunter wohl auch Tannenharz als sol-
cher benannt worden ist.

Technisch nun, d. h. in Bezug auf den Pinsel-
strich sind sich die beiden Terpentine sehr ähn-
lich und diese Erscheinung*) ist es eben, was
die Annahme Bergers von der ausgedehnten An-
wendung dieser Harze zur Zeit Rubens als ge-
rechtfertigt erscheinen lässt. Wenn auch der
Mastix z. B. einen ähnlichen Pinselstrich gestattet,
(siehe van Dyk), so darf doch wohl angenommen
werden, das jene Maler nicht immer zum Teuer-
sten gegriffen haben dürften, wenn ihnen in die-
sen beiden Terpentinen doch so Vortreffliches
zu Gebote stand.
Im Verfolge des Gedankens an die Notiz
über Seghers nun versuchte ich den echten Strass-
burger Terpentin in Mischung mit Nussöl sowohl,
als auch zu einer käuflichen „reinen Oelfarbe"
und konnte mich überzeugen, dass der Strich
eine frappante Aehnlichkeit mit dem jener Maler
bekommt. Es lasssen sich die feinsten Blatt-
und Blumenstiele bezw. Ranken damit malen, da
dieses Binde- bezw. Malmittel eine langstrichige
Technik gestattet. Die Lichter sitzen präzis und
und versinken, wenn nicht zu dünn, d. h. zu stark
verdünnt gemalt wird. Mit einer unserer gang-
baren Farben lässt sich dies nicht machen. Ich
probierte vor einem Bilde von Breughel mit die-
sem Terpentin, zu einer reinen Oelfarbe ge-
mischt, ein paar Striche auf der Palette -eines
Kollegen und wir überzeugten uns sofort von
der auffallenden Aehnlichkeit des Striches und der
ganzen Erscheinung, denn der Terpentin gibt der
Farbe selbst bei dünnem Auftrag eine gewisse

*) Verglichen mit jener der Bilder aus der Rubens-
zeit.
 
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