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Münchner kunsttechnische Blätter.

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örtert. Auch hinsichtlich der aristotelischen Reihe
wiederholt Runge den bekannten Ausspruch, wenn er
unter der 12. Position sagt:
„Die undurchsichtigen Farben stehen zwischen
dem Weissen und Schwarzen; sie können nie so hell
wie Weiss und nie so dunkel wie Schwarz sein."
Was aus den Eigenschaften der Körperfarben, wie
sie dem Maler zur Verfügung stehen, für die Chromatik
gefolgert werden kann, das hat Runge wohl richtig
zusammengefasst und in ein einfaches Schema gebracht.
Es ist seither stets wiederholt worden und ist auch
heute giltig geblieben, wo es für Zwecke der Malerei
in Anwendung gebracht werden kann. So besonders
in der Dekorationsmalerei, bei der sich auf der Grund-
lage des Dreifarbensystems eine Harmonielehre der
Farben entwickelt hat.
Diese Lehre zeichnet sich vor allem durch ihre
Einfachheit aus; sie basiert ebenso auf den drei Grund-
farben (Primärfarben), durch deren Vermischung die
Mischfarben (Sekundärfarben) entstehen, und deren
weitere Vermischung Farben dritter Ordnung, die
Tertiärfarben, bilden. Werden diese Farben in einem
sog. Farbenkreis passend aneinandergereiht, dann har-
monieren die sich gegenüberliegenden Farben mitein-
ander, sie bilden komplementäre Farbenpaare.
Aus der hier folgenden Zusammenstellung, die dem
„Meisterkursus für das Malergewerbe" (Abschnitt 16)
der Leipziger Malerzeitung entnommen ist, kann man
ersehen, wie die neueren optischen-physikalischen
Grundsätze mit dem Dreifarbensystem, wenn auch et-
was gewaltsam, kombiniert werden. Diese Kombination
ist so bezeichnend für die Unsicherheit der gegen-
wärtigen Anschauung, dass wir diesen Abschnitt hier
fast ungekürzt zum Abdruck bringen; er lautet:
Kenntnis der Grundregeln über das har-
monische Zusammenpassen der Farben (Far-
benkreis).
„Wenn der Maler von Farben spricht, so meint er
gewöhnlich die in seinen Fässern oder Paketen ent-
haltenen farbigen Pulver oder Pigmente. Die Bezeich-
nung „Farbe" ist in diesem Sinne aber nicht vollständig



richtig. Unter Farbe versteht man in der Physik eine
Wirkung des Lichtes auf unsere Sehnerven. Was der
Maler als Farbe bezeichnet ist nichts anderes als ein
gefärbtes Pulver, ein Farbkörper oder Pigment.

Die Ursache der Farbenempündung in unserem
Auge ist das Licht. Ohne Licht können wir keine
Farben wahmehmen. Das Licht besteht in wellenför-
migen Schwingungen des Aethers von ungeheurer
Schnelligkeit. Die Farben sind die verschiedenen
Empfindungsarten der Netzhaut und des Sehnervs, die
in unserem Auge durch die Einwirkung des Lichtes
oder einzelner Strahlen derselben von verschiedener
Wellenlänge hervorgerufen werden.
Die verschiedene Länge der Lichtwellen, sowie
die verschiedene Geschwindigkeit ihrer wellenförmigen
Bewegung bedingt eine verschiedene Farbe derStrahlen.
Die ungeheure Geschwindigkeit dieser wellenför-
migen Bewegung beträgt zwischen 481 und 764 Billionen
Aetherschwingungen in der Sekunde und hat dabei die
rote Farbe die wenigsten und die violette die meisten
Schwingungen.
Das weisse oder farblose Licht der Sonne ist eine
Vereinigung verschiedener Arten farbiger Lichtstrahlen.
(Fortsetzung folgt.)

Künstliche Harze*).
Ueber die Herstellung von Harzen auf chemischem
Wege sowie die Anwendbarkeit der so gefertigten Er-
zeugnisse brachten kürzlich verschiedene Tageszeitungen
nach einer amerikanischen Quelle eine sehr interessante
Abhandlung, die wir nachstehend auch unseren Lesern
vorlegen.
Künstliche Harze. Die seit einiger Zeit her-
gestellten Kunstharze dienen, wie man weiss, den ver-
schiedensten Zwecken und bilden einen Ersatz für
Knochen, Horn, Elfenbein, Zelluloid, Bernstein, Kasein
(Galalith), Ebenholz und Hartgummi. Sie sind in allen
Temperaturen unschmelzbar, erweichen sich auch nicht
nennenswert oder brennen gar wie Gummi oder Zel-
luloid. Werden sie an der Luft auf Temperaturen
über 260 Grad C erhitzt, so verkohlen sie oder
brennen langsam ohne helle Flamme. In allen gewöhn-
lichen Lösungsmitteln sind sie unlöslich. Benzin, Al-
kohol, Ammoniak, Waschsoda und Säuren üben keinerlei
Einfluss auf sie aus.
Nach einem Bericht des „Scientific American" sind
nun neuerdings in der industriellen Abteilung der Uni-
versität Lawrence im Staate Kansas Versuche angestellt
worden, die nicht allein die Herstellungsmethoden der
synthetischen Harze um neue bereichern, sondern auch
in den letzteren selbst grosse Veränderungen und Un-
terschiede hervorbringen.
Nach dem älteren oder nassen Verfahren werden
die Harze sehr einfach hergestellt, indem man Karbol-
säure und Formaldehyd mit einer dritten Substanz, die
als Kondensierungsmittel zur Beschleunigung der Harz-
bildung dient, zusammenkocht. Nachher müssen die
Harze von der Wasserschicht getrennt werden. Das
Kondensierungsmittel wird herausgewaschen, die Harze
werden getrocknet und später zum Zwecke des Formens
erwärmt. Die Härte des fertigen Produktes wird durch
Erhitzen, gewöhnlich unter Druck, auf Temperaturen
über 175 Grad C erzielt. — Nach dem neuen, trok-
kenen (wasserfreien) Verfahren erhitzt man Formin und
Phenol (Karbolsäure) in trockenem Zustande zusammen.
Das Wasser wie auch das manchmal so lästige Kon-
densierungsmittel fallen bei dieser Methode der Harz-
bildung gänzlich weg. Das Harz hat zunächst die
Gestalt einer schönen goldgelben Flüssigkeit und wird

*) Abgedruckt aus „Deutsche Malerzeitung", Mün-
chen.
 
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