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Münchner kunsttechnische Blätter.

Nr. 22.

"4

(14. März 1901) berichtete*). Der Genannte ging von
dem Gedanken aus, auf der Grundlage physikalischer
Methoden die Gesetze kennen zu iernen, denen zufolge
die gute oder schlechte Erhaltung von Malereien zu-
zuschreiben sein müsste, und er begann seine Unter-
suchungen damit, die Veränderungen, die die verschie-
denen Oele als Anreibemittel für Farben durch den
Trockenprozess im Laufe der Zeit erleiden, systematisch
durch die sich ergebenden Gewichtsveränderungen
festzustellen. Da das Austrocknen der Oelfarben ein
Resultat der Oxydation des Oeles, bei manchen Farben
auch die Folge einer chemischen Verbindung zwischen
Oel und Farbstoff ist, und die erstere sich zunächst
durch eine Gewichtszunahme kenntlich macht, suchte
er durch Wägungen den Grad dieser Gewichtzunahme
bei den verschiedenen Oelen und mit Oelen angerie-
benen Farben festzustellen. Dabei war es nötig, die
Wägungen anfänglich mehreremal am Tage, dann in
immer grösseren Zwischenräumen vorzunehmen, bis
endlich ein Zustand der Unveränderlichkeit die zu Ende
gegangene völlige Trocknung anzeigte. Um gleichzeitig
die dabei stattßndende Volumveränderung zu messen
und zu notieren, war es nötig, die auf kleinen Glas-
scheibchen mit den Pinsel oder der Spachtel aufgestri-
chenen Farbproben erst an der Luft, dann im Wasser zu
wiegen, so dass aufdieseWeisedieAusmessungensowohl
die spezifischen Gewichte als auch das Volumen der Far-
ben ergaben. Da das vollständige Eintrocknen der
Oelfarben und folglich auch der chemische Prozess, '
welcher dabei vor sich geht, einen viel langsameren
Verlauf nimmt, als der Anfangsprozess des Eintrocknens,
das Gewicht der Farbe in der ersten Zeit ziemlich
stark wächst, um dann nach jahrelangen Perioden wieder
an Gewicht abzunehmen, waren im Laufe der 14 Jahre, ^
über die sich die Beobachtungen erstreckten, wohl
Tausende von Messungen und Wägungen nötig.
Es stellte sich heraus, dass die Gewichtszunahme
beim Trocknen im Laufe der ersten 20 Tage am grössten
war und auch die Volumvergrösserung damit ziemlich
gleichen Schritt hielt, bis zum 70. Tage war noch eine
Steigerung nach beiden Richtungen zu bemerken, um
dann ganz langsam abzufallen. !m weiteren Verlauf
des Trockenprozesses, der sich mehrere Jahre (in
einzelnen Fällen zwischen 4 — 8 Jahren und länger) hin-
auszog, fand Petruschewsky, dass das Gewicht und
auch das Volumen um ein Erhebliches (mitunter bis
zu 12 — i8°/o) unter der ursprünglichen Masse zurück-
gegangen war. In einzelnen Fällen hatte die Trock-
nungskurve aber die ursprüngliche Gewichtszahl nicht
erreicht, der völlige Trocknungsprozess war trotz der
Länge der Zeit, wie Petruschewsky meint, „vielleicht
noch nicht beendigt".
Die hier nur kurz angedeuteten Resultate des ge-
nannten Physikers sind für die Kenntnis der Vorgänge
beim Trocknungsprozess verschiedener Oele und der

*) Vgl- „Ueber die Fabrikation der Farben", Vor-
trag von Prof. Th. Petruschewsky in Tech. Mitt. f. Mal.
XIX. Jhg. Nr. 13—16.

damit angeriebenen Oelfarben von Bedeutung für die
Wissenschaft der Maltechnik, oder vielmehr, sie sind
ein Beitrag für die erst zu begründende Wissenschaft
der Maltechnik, wenn auch nach meiner Meinung die
Gesetze der künstlerischen Maltechnik niemals so
exakt festgelegt werden könnten, wie die der einfachen
Aufstriche von Farben auf einer Fläche. Denn die
künstlerische Maltechnik ist eine viel kompliziertere
Sache, schon durch die grosse Verschiedenheit der
Dicke der Farbschichtungen auf einer und derselben
Fläche, durch die Verschiedenheit der zur Anwendung
kommenden Malmedien, Verdünnungsmittel und Zwi-
schenlagen, sowie durch die Unterschiede der künst-
lerisch-optischen Zwecke, die wir bei einem Bilde
verfolgen.
Immerhin sind die Ergebnisse des gelehrten Phy-
sikers von Interesse für unsere Zwecke, weil sie manche
Erscheinung während der Trocknung der Oelfarben
zu erklären imstande sind. Besonders lehrreich sind
die graphischen Darstellungen des Verlaufes des
Trockenprozesses bei einzelnen Farbentypen, die ich
aus der genannten Abhandlung hier einschalte.
Fig. i.
T,g, o 20 3a 40 50 M 70


Fig. 2.


Im Laufe der Untersuchung hat Petruschewsky
nämlich gewisse Aehnlichkeiten festgestellt, die in der
 
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