Münchner kunsttechnische matter.
Nr. 22.
11S
kann dann die Anbohrung vertragen, weiche zur Er-
langung der kostbaren Flüssigkeit erforderlich ist.
In Tonkin wächst der Lackbaum in fast ailen Berg-
regionen. Er ist ein Strauch von kräftigem Wuchs,
welcher, nach Baiauta, 2 — 4 Meter hoch ist. In den
nördiichen Provinzen Japans liefert der Saft der Firnis-
sumach (Rhus vernicifera) das wertvolle Rohmaterial.
Er ist kräftig und erreicht eine Höhe von 12 Metern.
Die Qualität des Saftes verbessert sich mit dem Alter
des Baumes und wird im April und Oktober geerntet.
Die Technik der Lackbereitung aus dem Rohstoff und
die Kunst des Lackierens umfasst verschiedene Pro-
zesse, über welche von den Völkern des Ostens so
wenig wie möglich bekannt gegeben wird.
Der Ruf der orientalischen Lacke, die man — ob-
wohl diese Bezeichnung nicht immer zutreffend ist —
in der Regel kurzweg als Japanlacke bezeichnet, be-
ruhen auf ihrer gossen Beständigkeit gegen Witterungs-
einßüsse und sonstige äussere Einwirkungen. Anderer-
seits sind die Japanlacke, die jetzt auch in Europa
vielfach Verwendung finden, zum Teil sehr giftig. Sie
wollen mit grosser Vorsicht behandelt sein.
In der deutschen Industrie ist man seit längerer
Zeit bemüht, Lacke zu erzeugen, die den japanischen
gleichwertig, die also einen hohen Glanz und grosse
Haltbarkeit, wie eine grosse Widerstandsfähigkeit gegen
chemische Agentien besitzen. Es ist gelungen, Lack-
produkte herzustellen, die sich mit den vorzüglichen
Japan-Rhus-Lacken messen können, aber nicht deren
giftige Eigenschaft besitzen. Die vielfach beobachteten
Hautentzündungen kommen also bei der Verwendung
dieser deutschen Lacke nicht vor. Die deutschen
Fabrikanten verstehen es auch, ihre Erzeugnisse dem
Verwendungszwecke anzupassen. Je nach den gestell-
ten Ansprüchen zeichnen sich die gelieferten Lacke
durch Härte, Farbenschönheit, Glanz und Farbenbe-
ständigkeit aus. Die sogenannten Temperol-Emaillen
trocknen über Nacht und erreichen dabei den Hoch-
glanz echter Email. Besonders wird aber die hohe
Widerstandsfähigkeit deutscher Emaillackfarben gegen
atmosphärische und chemische Einwirkungen hervor-
gehoben. Professor Max Bottler (Würzburg) rühmt in
der „Technischen Rundschau" die Widerstandsfähigkeit
der Asopilfarbe, des Temperollacks und des Durolits
gegen Seifen-und Sodalaugen, verdünnte Säuren, Ammo-
niakßüssigkeit, Salzwasser, verdünnten Sprit usw. Diese
Eigenschaften machen mit Lack überzogene Wannen
aus Papiermachö usw. für chemische Bäder mannig-
facher Art geeignet, ja, der Lack wird vielfach als
Schutzanstrich für Gefässe aus Metall und anderen
Materialien Verwendung finden, die dem Angriff che-
mischer Stoffe sonst nicht zu widerstehen vermögen.
Dagegen verdienen die harttrocknenden Kopallacke
nicht als Japanlacke bezeichnet zu werden, da die
Kopalharze und Kopalöle durch alkalische Lösungen
verseift werden und den Anstrich zerstören. Es werden
sogar Lacke hergestellt, die nicht nur gegen 3opro-
zentige kochende Sodalösung und i2prozentige Am-
moniaklösung, sondern auch gegen toprozentige Salz-
säure und 20 prozentige Schwefelsäure durchaus wider-
standsfähig sind.
Die bisher verwendeten schnelltrocknenden Lacke,
wie Spiritus- und Oellacke — letztere mit wenig Oel-,
aber viel Harzgehalt — platzen und reissen unter dem
Einfluss der Witterung und des Sonnenlichtes. Sie
sind in der Regel schon nach wenigen Wochen sehr
schadhaft. Auch die langsam trocknenden Ueberzugs-
lacke mit viel Oel- und wenig Harzgehalt vermögen die
Witterungseinflüsse nicht sehr lange zu ertragen. Es
werden allerdings auch ölreiche Lacke bester Beschaffen-
heit in den Handel gebracht, z. B. Kutschen- und
Schilderlacke, welche den Witterungseinflüssen jahrelang
widerstehen. Leider erfordern diese Produkte, gegen
deren Qualität sich nichts einwenden lässt, ein sehr
langsames Trocknen, wodurch grosse Verzögerungen
entstehen, welche das Arbeitsprodukt teuer machen,
den Betrieb der Lackierwerkstatt aber auch ausser-
ordentlich erschweren. Dabei ist zu berücksichtigen,
dass z. B. das Lackieren eines Wagens, sofern die
Arbeit wirklich mit der nötigen Sorgfalt ausgeführt
wird, so viel Zeit beansprucht, dass sie die Lieferungs-
frist und damit zugleich den Preis des Wagens wesent-
lich beeinflusst. Die neueren Lacke und Emaillackfarben
erfordern geringe Trockenzeit und werden als sehr
wetterbeständig gerühmt.
Prof. Bottler hebt u. a. folgende bemerkenswerte
Neuerung auf dem Gebiete der Lackerzeugung hervor:
Durch D. R. P. 237601 wurde S. H. Cohn in Neukölln ein
Verfahren zur Herstellung von hart, elastisch und glän-
zend auftrocknenden Lacken aus Holzöl patentiert;
andere Fette, Oele und Harze finden für dieses Fabri-
kat keine Verwendung.
„Bisher konnte man Holzöl nur in Verbindung mit
grossen Mengen fester oder fest werdender Stoffe,
wie Harze, fette Oele, Oelsäuren, verwenden. Infolge
der Zusätze gelangten die hervorragenden guten Eigen-
schaften des Holzöls nur in sehr beschränktem Masse
zur Geltung. Mittels des neuen Verfahrens ist es mög-
lich, das Holzöl ohne notwendigen Zusatz anderer
fetter Oele, Harze oder dergleichen zu verbessern.
Die Verbesserung geschieht in der Weise, dass man
dem Holzöl neben beliebigen Trockenmitteln pflanzliche
ätherische Oele oder Terpene vom Mindestsiedepunkt
170 Grad C hinzusetzt. Ein besonderer neuartiger
Effekt wurde erzielt, als man dem Holzöl an Stelle der
erwähnten Oele solche mit einem erhöhten Siedepunkt
(altes Terpentinöl oder durch Durchblasen von Luft
verändertes frisches Terpentinöl, Kienöl) oder Terpene
(Terpentinöl u. dgl.) beifügte. Man stellte nach dieser
Methode einen Oellack her, der bei 18 Grad C in vier
Stunden trocknet und sich ausserdem (wie z. B. „Du-
rolit farbig") gegen chemische Agentien und atmosphä-
rische Einflüsse ausserordentlich widerstandsfähig er-
weist. In neuerer Zeit trat man von hygienischen
Gesichtspunkten aus der Frage näher, welchen An-
forderungen ein Wandanstrich genügen muss, der in
einfach ausgestatteten Krankenhäusern und Sanatorien
den Kachelbelag ersetzen soll."
Ein weiterer Vorzug der jetzt im Handel vorkommen-
den besseren Emailfarben besteht darin, dass sie mit
Desinfektionsmitteln behandelt werden können, ohne
ihren Emailglanz einzubüssen. Sie können mit
den gebräuchlichen Desinfektionsmitteln, z. B. 5proz.
Lysol, ßproz. Phobrol, Natronlaugen, roproz. Salzsäure-
lösung, iproz. Sublimatlösung usw. abgewaschen wer-
den. In jüngster Zeit soll es aber gelungen sein, ein
Anstrichmaterial herzustellen, welches eigene Desinfek-
tionskraft besitzt, und zwar nicht nur während des
Streichens, wie manche Anstrichfarben anderer Art,
sondern auch nach dem Trocknen und Erhärten. Diese
Eigenschaft, selbst desinfizierend zu wirken, soll z. B.
die Spezial-Temperol-Emailfarbe von Gustav Ruth in
Wandsbek besitzen; die Versuche sind aber noch nicht
abgeschlossen. Ohne Zweifel wären derartige Farben,
welche dauernd selbstdesinfizierend wirken, von grosser
Bedeutung für Krankenhäuser, Sanatorien, Lazarette,
Badeanstalten, Schulen usw. Sie würden das Abwaschen
der Wände mit Chemikalien, wie dies jetzt z. B. in
Krankenhäusern und Sanatorien absolut notwendig ist,
überflüssig machen. Von der Herstellung desinfektions-
fähiger Wandanstriche zu denen, die einer besonderen
Desinfektion nicht bedürfen, ist ein gar bedeutsamer
Schritt; es ist zu hoffen, dass die deutsche Lackindu-
strie auch dieses grosse Problem lösen wird.
(Deutsche Malerzeitung.)
Vertag der Werkstatt der Kunst (E. A. Seemann, Leipzig).
Nr. 22.
11S
kann dann die Anbohrung vertragen, weiche zur Er-
langung der kostbaren Flüssigkeit erforderlich ist.
In Tonkin wächst der Lackbaum in fast ailen Berg-
regionen. Er ist ein Strauch von kräftigem Wuchs,
welcher, nach Baiauta, 2 — 4 Meter hoch ist. In den
nördiichen Provinzen Japans liefert der Saft der Firnis-
sumach (Rhus vernicifera) das wertvolle Rohmaterial.
Er ist kräftig und erreicht eine Höhe von 12 Metern.
Die Qualität des Saftes verbessert sich mit dem Alter
des Baumes und wird im April und Oktober geerntet.
Die Technik der Lackbereitung aus dem Rohstoff und
die Kunst des Lackierens umfasst verschiedene Pro-
zesse, über welche von den Völkern des Ostens so
wenig wie möglich bekannt gegeben wird.
Der Ruf der orientalischen Lacke, die man — ob-
wohl diese Bezeichnung nicht immer zutreffend ist —
in der Regel kurzweg als Japanlacke bezeichnet, be-
ruhen auf ihrer gossen Beständigkeit gegen Witterungs-
einßüsse und sonstige äussere Einwirkungen. Anderer-
seits sind die Japanlacke, die jetzt auch in Europa
vielfach Verwendung finden, zum Teil sehr giftig. Sie
wollen mit grosser Vorsicht behandelt sein.
In der deutschen Industrie ist man seit längerer
Zeit bemüht, Lacke zu erzeugen, die den japanischen
gleichwertig, die also einen hohen Glanz und grosse
Haltbarkeit, wie eine grosse Widerstandsfähigkeit gegen
chemische Agentien besitzen. Es ist gelungen, Lack-
produkte herzustellen, die sich mit den vorzüglichen
Japan-Rhus-Lacken messen können, aber nicht deren
giftige Eigenschaft besitzen. Die vielfach beobachteten
Hautentzündungen kommen also bei der Verwendung
dieser deutschen Lacke nicht vor. Die deutschen
Fabrikanten verstehen es auch, ihre Erzeugnisse dem
Verwendungszwecke anzupassen. Je nach den gestell-
ten Ansprüchen zeichnen sich die gelieferten Lacke
durch Härte, Farbenschönheit, Glanz und Farbenbe-
ständigkeit aus. Die sogenannten Temperol-Emaillen
trocknen über Nacht und erreichen dabei den Hoch-
glanz echter Email. Besonders wird aber die hohe
Widerstandsfähigkeit deutscher Emaillackfarben gegen
atmosphärische und chemische Einwirkungen hervor-
gehoben. Professor Max Bottler (Würzburg) rühmt in
der „Technischen Rundschau" die Widerstandsfähigkeit
der Asopilfarbe, des Temperollacks und des Durolits
gegen Seifen-und Sodalaugen, verdünnte Säuren, Ammo-
niakßüssigkeit, Salzwasser, verdünnten Sprit usw. Diese
Eigenschaften machen mit Lack überzogene Wannen
aus Papiermachö usw. für chemische Bäder mannig-
facher Art geeignet, ja, der Lack wird vielfach als
Schutzanstrich für Gefässe aus Metall und anderen
Materialien Verwendung finden, die dem Angriff che-
mischer Stoffe sonst nicht zu widerstehen vermögen.
Dagegen verdienen die harttrocknenden Kopallacke
nicht als Japanlacke bezeichnet zu werden, da die
Kopalharze und Kopalöle durch alkalische Lösungen
verseift werden und den Anstrich zerstören. Es werden
sogar Lacke hergestellt, die nicht nur gegen 3opro-
zentige kochende Sodalösung und i2prozentige Am-
moniaklösung, sondern auch gegen toprozentige Salz-
säure und 20 prozentige Schwefelsäure durchaus wider-
standsfähig sind.
Die bisher verwendeten schnelltrocknenden Lacke,
wie Spiritus- und Oellacke — letztere mit wenig Oel-,
aber viel Harzgehalt — platzen und reissen unter dem
Einfluss der Witterung und des Sonnenlichtes. Sie
sind in der Regel schon nach wenigen Wochen sehr
schadhaft. Auch die langsam trocknenden Ueberzugs-
lacke mit viel Oel- und wenig Harzgehalt vermögen die
Witterungseinflüsse nicht sehr lange zu ertragen. Es
werden allerdings auch ölreiche Lacke bester Beschaffen-
heit in den Handel gebracht, z. B. Kutschen- und
Schilderlacke, welche den Witterungseinflüssen jahrelang
widerstehen. Leider erfordern diese Produkte, gegen
deren Qualität sich nichts einwenden lässt, ein sehr
langsames Trocknen, wodurch grosse Verzögerungen
entstehen, welche das Arbeitsprodukt teuer machen,
den Betrieb der Lackierwerkstatt aber auch ausser-
ordentlich erschweren. Dabei ist zu berücksichtigen,
dass z. B. das Lackieren eines Wagens, sofern die
Arbeit wirklich mit der nötigen Sorgfalt ausgeführt
wird, so viel Zeit beansprucht, dass sie die Lieferungs-
frist und damit zugleich den Preis des Wagens wesent-
lich beeinflusst. Die neueren Lacke und Emaillackfarben
erfordern geringe Trockenzeit und werden als sehr
wetterbeständig gerühmt.
Prof. Bottler hebt u. a. folgende bemerkenswerte
Neuerung auf dem Gebiete der Lackerzeugung hervor:
Durch D. R. P. 237601 wurde S. H. Cohn in Neukölln ein
Verfahren zur Herstellung von hart, elastisch und glän-
zend auftrocknenden Lacken aus Holzöl patentiert;
andere Fette, Oele und Harze finden für dieses Fabri-
kat keine Verwendung.
„Bisher konnte man Holzöl nur in Verbindung mit
grossen Mengen fester oder fest werdender Stoffe,
wie Harze, fette Oele, Oelsäuren, verwenden. Infolge
der Zusätze gelangten die hervorragenden guten Eigen-
schaften des Holzöls nur in sehr beschränktem Masse
zur Geltung. Mittels des neuen Verfahrens ist es mög-
lich, das Holzöl ohne notwendigen Zusatz anderer
fetter Oele, Harze oder dergleichen zu verbessern.
Die Verbesserung geschieht in der Weise, dass man
dem Holzöl neben beliebigen Trockenmitteln pflanzliche
ätherische Oele oder Terpene vom Mindestsiedepunkt
170 Grad C hinzusetzt. Ein besonderer neuartiger
Effekt wurde erzielt, als man dem Holzöl an Stelle der
erwähnten Oele solche mit einem erhöhten Siedepunkt
(altes Terpentinöl oder durch Durchblasen von Luft
verändertes frisches Terpentinöl, Kienöl) oder Terpene
(Terpentinöl u. dgl.) beifügte. Man stellte nach dieser
Methode einen Oellack her, der bei 18 Grad C in vier
Stunden trocknet und sich ausserdem (wie z. B. „Du-
rolit farbig") gegen chemische Agentien und atmosphä-
rische Einflüsse ausserordentlich widerstandsfähig er-
weist. In neuerer Zeit trat man von hygienischen
Gesichtspunkten aus der Frage näher, welchen An-
forderungen ein Wandanstrich genügen muss, der in
einfach ausgestatteten Krankenhäusern und Sanatorien
den Kachelbelag ersetzen soll."
Ein weiterer Vorzug der jetzt im Handel vorkommen-
den besseren Emailfarben besteht darin, dass sie mit
Desinfektionsmitteln behandelt werden können, ohne
ihren Emailglanz einzubüssen. Sie können mit
den gebräuchlichen Desinfektionsmitteln, z. B. 5proz.
Lysol, ßproz. Phobrol, Natronlaugen, roproz. Salzsäure-
lösung, iproz. Sublimatlösung usw. abgewaschen wer-
den. In jüngster Zeit soll es aber gelungen sein, ein
Anstrichmaterial herzustellen, welches eigene Desinfek-
tionskraft besitzt, und zwar nicht nur während des
Streichens, wie manche Anstrichfarben anderer Art,
sondern auch nach dem Trocknen und Erhärten. Diese
Eigenschaft, selbst desinfizierend zu wirken, soll z. B.
die Spezial-Temperol-Emailfarbe von Gustav Ruth in
Wandsbek besitzen; die Versuche sind aber noch nicht
abgeschlossen. Ohne Zweifel wären derartige Farben,
welche dauernd selbstdesinfizierend wirken, von grosser
Bedeutung für Krankenhäuser, Sanatorien, Lazarette,
Badeanstalten, Schulen usw. Sie würden das Abwaschen
der Wände mit Chemikalien, wie dies jetzt z. B. in
Krankenhäusern und Sanatorien absolut notwendig ist,
überflüssig machen. Von der Herstellung desinfektions-
fähiger Wandanstriche zu denen, die einer besonderen
Desinfektion nicht bedürfen, ist ein gar bedeutsamer
Schritt; es ist zu hoffen, dass die deutsche Lackindu-
strie auch dieses grosse Problem lösen wird.
(Deutsche Malerzeitung.)
Vertag der Werkstatt der Kunst (E. A. Seemann, Leipzig).