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Nr. 24.

Münchner kunsttechnische Blätter.

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mittei, zweitens in dem von diesem eingehüllten Pig-
mentkörper fortpßanzt(s. Brücke, Physiologie der Farben,
§ 11 u. 14). Ist seine Bewegung im Bindemittei eine
sehr rasche im Verhäitniss zu derjenigen, die es bei
seinem Uebertritt in den Pigmentkörper annimmt, so
reflektiert dieser viel Licht, erscheint heil. In dem
Masse hingegen erscheint ein Pigment weniger hei!,
in dem sich die von seinem Bindemittei der Fort-
pflanzung des Lichts verstattete Raschheit der von ihm
selbst verstatteten nähert. In aiien gebräuchiichen
durchsichtigen Bindemittein pflanzt sich das Licht
schnelier fort, ais in den Pigmenten. Und in den hier-
her gehörigen flüchtigen Oeien etwas schneller, ais in
den Fetten oder in den Harzen. Hieraus folgt, dass
ein in Terpentin- oder Lavendeiessenz, oder auch, wie
wir hier gleich sagen wolien, in gereinigtes Petroleum
eingehülltes Pigment heller aussehen, oder das Licht
stärker reflektieren muss, als ein durch fettes Oel oder
Harzfirnisse gebundenes; eine entsprechende Aufhel-
lung wird man also auch einem Pigment verleihen,
wenn man das Harz und fette Oel, indem man es nur
reibt, mit flüchtigen Oeien verdünnt und mischt. So-
wie aber diese letzteren an der Luft verdunstet sind,
ist es mit jenem höheren Helligkeitsgrade vorüber,
und das Pigment erscheint etwas dunkler als zuvor."
Man sieht daraus, dass Ludwig die von ihm be-
schriebene Tonveränderung der Harz- und Harzölfarben
nur auf die optischen Einflüsse der Lichtreflexion zu-
rückführt, die durch die Verdunstung des flüchtigen
Bindemittelanteils veranlasst würde. Wenn diese An-
sicht richtig wäre, müsste das veränderte Aussehen
der Farbschicht nach dem Trocknen durch nachheriges
Ueberstreichen mit einer gleichen Mischung flüchtiger
Oele wieder in den ursprünglichen Zustand
versetzt werden können, wir hätten demnach die
Erscheinung des sog. Einschlagens oder Matter-
werden der Farben vor uns, die auch nicht anders
erklärt wird, als durch die Wirkung der Lichtreflexion,
weil dabei das Licht weniger tief in die Farbschicht
einzudringen vermag, wenn die die Farbpartikelchen
einschliessende Bindemittelschicht an ihrer Einheitlich-
keit (durch Verdunstung einiger Anteile oder durch
Aufsaugen in die noch nicht fest getrocknete Unter-
lage) Einbusse erlitten hat.
Nach den Ergebnissen der vorliegenden Unter-
suchung sind die besprochenen Tonveränderungen die
Folgen teils physikalischer, teils chemischer Prozesse,
die sich während des Trocknens oder nachher abspielen,
und mitunter auf einer Wechselwirkung zwischen Oel
und Farbstoff zurückgeführt werden müssen. So kommt
der chemische Prozess des verseifenden Einflusses
bestimmter Metalle, die mit den Fettsäuren des Oeles
Verbindungen emgehen, in der Verminderung der
Dichtigkeit des Aufstriches zum Ausdruck, und diese
Erscheinung wird noch gefördert durch die Zusätze,
welche die Konsistenz des Farbenbreies naturgemäss
verdünnen.
Andere optisch sich äussernde Veränderungen
können die Folge der Verdichtung sein, der die Farben

beim Auftrocknen ausgesetzt sind, und wie die Kurven
von Petruschewsky zeigen, kann eine solche Volum-
verringerung oder -Verdichtung stattßnden, ohne dass
vorher eine Volumvergrösserung, wie sie stets bei Oel-
farben infolge der Sauerstoffaulnahme bemerkbar ist,
eingetreten ist. Die Trocknungskurven neuerer Harz-
ölfarben werden vielleicht in diese letztere Farben-
kategorie gehören.
Wieder andere Tonänderungen sind durch optische
Eigenheiten der Farbstoffe bedingt, durch das im Laufe
der Zeit immer vollständigere Eindringen des Oeles
zwischen die einzelnen Farbteilchen, wie es Church
vom hellen Ocker und roher Siena erwähnt, oder wie
aus den Beobachtungen von Kollegen G. hervorzugehen
scheint, wobei Dunkelocker*) an Dichtigkeit beim
Trocknen einbüsste, und dieselbe Erscheinung sich bei
Chromoxyd feurig zeigte. Ja, das Zurückgehen des
Tones, das bei einem zweiten Aufstrich derselben
reinen, d. h. unverdünnten Oelfarbe (Fleischocker)
schon nach 14 Tagen sich einstellte, spricht deutlich
für solche optische Veränderungen.
Dazu kommen noch Aenderungen durch den gal-
lertigen Zustand einiger Oelfarben (Krapplacke), die
Beeinflussung des Farbentones durch das Gilben der
Malöle (besonders Leinöl), das „Durchschlagen" der Far-
ben organischen Ursprungs wie Asphalt, verschiedener
Alizarin- oder Teerpräparate, die neuerlich vielfach in
der Dekorationsmalerei und Lackiererei eingeführt, auch
die Palette des Künstlers bereichern. Endlich müsste
hier auch noch die mitunter jahrelange Dauer des
Trocknungsprozesses in Betracht gezogen werden, die
auf das Endergebnis der Bilderscheinung nicht minder
Einfluss hat, als auf die Haltbarkeit des Bildes selbst.
So konnte ich an zwei mir zu Versuchszwecken über-
sandten Oelfarbenfabrikaten, derenBindemittelmischung
ganz und gar voneinander verschieden waren, die
Beobachtung machen, dass einzelne Farben erhebliche
Tonveränderungen zeigten, als ich kürzlich neben die
vor zwei Jahren gestrichenen Proben dieselben Far-
ben aus der nämlichen Tube aufsetzte. Kobaltblau
hatte sich in beiden Fällen bis zur Unkenntlich-
keit verändert, es erschien geschwärzt (vielleicht
auch durch das Gilben des Oeles mitverursacht), aber
das eigentümliche war, dass die Schicht (nach zwei
Jahren!) noch nicht fest trocken war und noch klebte.
Auch Ultramarin war noch nicht völlig trocken. Stark
verändert waren in dem einen Fall Kadmium,
hell und dunkel, Ocker, hell und dunkel, sowie Krapp-
lack, bei dem zweiten Fabrikate ausser dem schon
erwähnten Kobaltblau hauptsächlich Kadmium, dun-
kel, und Ultramarinviolett, während die andern
Farben ihren Ton gut erhalten hatten und nur soweit
*) Vielleicht hängt diese Eigentümlichkeit mit der
erst vor kurzem durch Prof. Eibner näher untersuchte
Oelunechtheit einer Reihe von Erdfarben zusammen
(s. M. kunsttech. Bl. IX. Jhrg. 1913, Nr. 13 bis 13).
Demnach hätte man zwischen ölechten und ölunechten
Ockern, Sienaerden, Umbra usw. zu unterscheiden, von
denen die letzteren das sog. Durchschlagen in erhöh-
tem Masse zeigen.
 
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