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Münchner kunsttechnische Blätter — 14.1917-1918

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https://doi.org/10.11588/diglit.36602#0031
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Münchner kunsttechnische Blätter.

2?

Nr. 5.

Gipfelpunkt erreichte, als Makart gelegentlich der
Silberhochzeit des österreichischen Kaiserpaares
jenen pompösen Festzug arrangierte, der fast ganz
allein seinem Kopfe entsprossen, eine seiner gröss-
ten künstlerischen Taten gewesen ist. Alle Ent-
würfe für die Festwagen und die Tausende von
Kostümen gingen durch seine Hand, monatelang
wurden Hunderte von Schneidern und Näherinnen
beschäftigt, eigene Stoffe wurden gewebt und die
Gewebe nach Makarts Angaben eingefärbt und
bestickt. Sein Atelier glich einer Theatergarde-
robe, wo echte und imitierte Waffen und Ge-
schmeide aller Art der Verwendung harrten. Der
Festzug, der glänzendste, der jemals die Strassen
einer grossen Stadt passierte, gestaltete sich dann
zu einem wahren Triumph für Makart selbst, der
im Kostüm der Rubenszeit, mit breitkrempigem
Hut und wallender Feder auf weissem, herrlich
geschirrtem Araber, umgeben von den Künstlern,
an der Spitze der „Künstlergruppe" einherritt. Die
Hurrahrufe und das Tücherschwenken, die Akkla-
mierung des Meisters nahmen kein Ende, ganz
Wien und die Tausende von auswärts zugereis-
ten Fremden waren Zeugen dieser Art von An-
erkennung des Mannes, der wie ein Feldherr nach
gewonnenem Siege geehrt wurde.
(Fortsetzung folgt.)
Goethes Vorarbeiten zur Farbenlehre.
(4. Fortsetzung.)
i Man sieht daraus, wie Goethe geflissentlich
einer Erklärung der „Strahlungen" aus dem Wege
geht! Er beobachtet hin und her, ohne sich zu
etwas entschlossen zu können: Ob die Strahlun-
den von der rot-gelben, oder blau-violetten Seite
nach Weiss oder Schwarz stärker sind, oder um-
gekehrt, es lässt Mch schwerer sagen, ob das Blaue
mehr in das Weisse oder Rot mehr in das Schwarze
verbreitert (Qi).
„Soviel aber können wir inzwischen bemerken,
dass das Blaue wenig in das Weisse, das Rote
wenig in das Schwarze, das Violette viel in
das Schwarze, das Gelbe viel in das Weisse
hineinstrahlt. Da nun unter der Bedingung, wie
wir das Prisma beständig halten, die beiden starken
Strahlungen abwärts, die beiden schwächeren hinauf-
wärts gehen, so wird sowohl ein schwarzer Gegen-
stand auf weissem Grund als ein weisser auf schwar-
zem Grund oben wenig und unten viel gewinnen.
Ich brauche daher das Wort Rand, wenn ich
von den schmälern blauen und roten Farbenstreifen,
dagegen das Wort Strahlung, wenn ich von den
breitem violetten und gelben spreche, obgleich jene
schmalen Streifen auch mässig strahlen und sich ver-
breitern, und die breitem Strahlungen von den Rän-
dern unzertrennlich sind" (92).
(NB. im Entwurf zur Farbenlehre nennt Goethe
Ränder die schmalen, und Säume die breiteren
Farbenstreifen.)
Und wie verhält sich die Sache eigent-

Die Erklärung nach Newton beruht aus der
diversen Brechbarkeit der homogenen Farbenstrah-
len, und zwar bricht rot am wenigsten und violett
am stärksten! Nach seiner Erklärung entstehen
eben die Farbendurch die Br echung der Strahlen,
wenn sie von einem Medium in ein anderes über-
gehen. Nach dem allgemeinen Gesetze der Bre-
chung wird das Bild dabei an einer anderen Stelle
erscheinen, im Prisma werden dann ausserdem
die Lichtstrahlen zerstreut, d. h. in ihre Teile
getrennt (Dispersion des Lichts).
Von dieser doppelten Aenderung der Licht-
strahlen, bei Betrachtung eines Bildes durch das
Prisma, sagt uns Goethe nichts, weil er nach
anderen Gesetzen und anderen Erklärungen sucht.
Trotz vielfältiger und mit grösster Liebe an-
gestellter Versuche kommt Goethe also bei Be-
urteilung der prismatischen Phänomene nicht weiter
als zur Erkenntnis der „Strahlung" von zwei
Seiten, zwischen den Grenzen von Hell und
Dunkel, und er führt die gleichen Versuche mit
gleichem Erfolge bei grauen und an farbigen
Flächen (§ 93 —122) des zweiten Stückes durch,
um die Richtigkeit seiner Annahmen auch hierin
zu erweisen.
HI.
Goethes weitere Vorarbeiten und sein
„Versuch, die Elemente der Farbenlehre
zu entdecken".
Die Aufnahme, die Goethes „Beiträge zur Optik,
Erstes und zweites Stück", in der gelehrten Welt
fand, entsprach durchaus nicht seinen Erwartungen.
Goethe beklagte sich in der „Konfession" bitter
darüber: „In gelehrten Zeitungen, Journalen, Wör-
terbüchern sah man stolzmitleidig auf mich her-
ab, und keiner von der Gilde trug Bedenken, den
Unsinn (!) nochmals abzudrucken, den man nun
fast hundert Jahre als Glaubensbekenntnis wieder-
holte. Mit mehr oder weniger dünkelhafter Selbst-
gefälligkeit betrugen sich Green in Halle, die
Gothaischen gelehrten Zeitungen, die allgemeine
Jenaische Literaturzeitu§g, Gehler und besonders
Fischer in ihren physikalischen Wörterbüchern. Die
Göttingischen gelehrten Anzeigen, ihrer Aufschrift
getreu, zeigten meine Bemühungen auf eine Weise
an, um sie sogleich auf ewig vergessen zu machen". *)
*) Die hier verwiesenen Stellen finden sich in fol-
genden Veröffentlichungen:
1. Green, Einige Bemerkungen über Herrn v. Goethes
Beiträge zur Optik, in Greens Journal der Phy-
sik, Bd. VII, S. 3 ff.
2. Jenaische Allg. Literaturzeitung, Nr. 3:
(vom 28. Januar) 1792, S. 241 — 243.
3. Gehler, D. Joh. Sam. Traugott, Physikal. Wörter-
buch, V. Teil (Supplem). Leipzig, t799. S. 383 H,
über Goethes Beiträge, wobei auf Green (s. oben)
verwiesen wird, sowie auf Newton und Klügel
(in Priestley, Geschichte der Optik, S. 203, Anm.
und Encyclopadie, 2. Ausg., Berlin und Stettin,
!792, S. 447).
 
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