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Römer, Die Entwicklung der Naturhistorischen Museen
mußte jeder Reisende von Hause mitnehmen, denn zoologische Stationen gab es
damals noch nicht. So fehlten eigentlich alle Gelegenheiten, Material zu erhalten,
und die Museen waren froh, wenn sie überhaupt irgend etwas zum Aufstellen in
ihren Schauschränken erwerben konnten. Es ergab sich somit von selbst, daß
alles Neuangekommene ausgestopft, montiert, zu Schaustücken verarbeitet und in
breitester Weise ausgestellt wurde. Eine größere Expedition, wie sie z. B. Eduard
Rüppell in den zwanziger Jahren des vorigen Jahrhunderts für das Sencken-
bergische Museum in Frankfurt am Main unternahm, war eine hervorragende
Leistung. Die Ergebnisse dieser Forschungsfahrt durch Abessinien, die namentlich
an größeren Säugetieren eine reiche Ausbeute und eine Fülle von neuen Arten
aufzuweisen hatte, werden heute noch in Frankfurt und anderen europäischen
Museen, wohin sie durch Tausch gelangten, bewundert. Die Vorliebe für exotische
Tiere war damals stellenweise größer als das Interesse an der Fauna und Flora
der engeren Heimat, und aus der Geschichte der Institute sind genug Beispiele
bekannt, wo der ganze Etat für die Erwerbung eines Löwen oder Tigers aus-
gegeben wurde.
Mit dem gewaltigen Aufschwung, den Deutschland seit 1870 genommen,
mehrten sich mit dem zunehmenden Wohlstande nicht nur die Mittel, sondern auch
die Freude an den Wissenschaften, besonders an der Naturwissenschaft. Die große
Zahl der Handels- und Kriegsschiffe gibt jährlich Tausenden Gelegenheit, in die
weite Welt zu ziehen; zahlreiche Reichsbeamte schlagen im Auslande ihren
Wohnsitz auf und unsere Kolonien führen alljährlich viele junge Leute in die
Pracht der Tropen und bringen sie in innige Berührung mit einer herrlichen
Natur. Kolonialbeamte und Offiziere werden vor der Ausreise im Sammeln und
Konservieren ausgebildet und verpflichtet, für die heimischen Museen draußen
tätig zu sein. Das Deutsche Reich rüstete mehrfacli große Expeditionen aus,
Kriegsschiffe wurden manchmal mit wissenschaftlichen Aufgaben betraut und
Privatleute unternahmen aus eigenen Mitteln wissenschaftliche Reisen. Seitdem
Anton Dohrn im Jahre 1871 die zoologische Station in Neapel gegründet hat
und seinem Beispiel die meisten europäischen Staaten und jenseits des Ozeans
Nordamerika und Japan gefolgt sind, so daß bis heute etwa 45 solcher Stationen
an fast allen Küsten des Weltenmeeres erstanden sind, ist das Sammeln am Meer
wesentlich erleichtert und namentlich jüngeren Naturforschern ermöglicht. Der
ganze schwerfällige Apparat, der früher auf eigene Kosten beschafft und mitge-
nommen werden mußte, steht an diesen Arbeitsstätten jedem unentgeltlich zur
Verfügung.
Alle diese Umstände gaben Veranlassung und Gelegenheit, für die Museen
zu arbeiten und zu sammeln. Dazu mehrten sich noch in Deutschland die
Museums- wie die Privatzoologen, welche die Sendungen aus den fremden Ländern
durcharbeiteten, die Tiere bestimmten, die neuen Arten mit dem Namen des
Römer, Die Entwicklung der Naturhistorischen Museen
mußte jeder Reisende von Hause mitnehmen, denn zoologische Stationen gab es
damals noch nicht. So fehlten eigentlich alle Gelegenheiten, Material zu erhalten,
und die Museen waren froh, wenn sie überhaupt irgend etwas zum Aufstellen in
ihren Schauschränken erwerben konnten. Es ergab sich somit von selbst, daß
alles Neuangekommene ausgestopft, montiert, zu Schaustücken verarbeitet und in
breitester Weise ausgestellt wurde. Eine größere Expedition, wie sie z. B. Eduard
Rüppell in den zwanziger Jahren des vorigen Jahrhunderts für das Sencken-
bergische Museum in Frankfurt am Main unternahm, war eine hervorragende
Leistung. Die Ergebnisse dieser Forschungsfahrt durch Abessinien, die namentlich
an größeren Säugetieren eine reiche Ausbeute und eine Fülle von neuen Arten
aufzuweisen hatte, werden heute noch in Frankfurt und anderen europäischen
Museen, wohin sie durch Tausch gelangten, bewundert. Die Vorliebe für exotische
Tiere war damals stellenweise größer als das Interesse an der Fauna und Flora
der engeren Heimat, und aus der Geschichte der Institute sind genug Beispiele
bekannt, wo der ganze Etat für die Erwerbung eines Löwen oder Tigers aus-
gegeben wurde.
Mit dem gewaltigen Aufschwung, den Deutschland seit 1870 genommen,
mehrten sich mit dem zunehmenden Wohlstande nicht nur die Mittel, sondern auch
die Freude an den Wissenschaften, besonders an der Naturwissenschaft. Die große
Zahl der Handels- und Kriegsschiffe gibt jährlich Tausenden Gelegenheit, in die
weite Welt zu ziehen; zahlreiche Reichsbeamte schlagen im Auslande ihren
Wohnsitz auf und unsere Kolonien führen alljährlich viele junge Leute in die
Pracht der Tropen und bringen sie in innige Berührung mit einer herrlichen
Natur. Kolonialbeamte und Offiziere werden vor der Ausreise im Sammeln und
Konservieren ausgebildet und verpflichtet, für die heimischen Museen draußen
tätig zu sein. Das Deutsche Reich rüstete mehrfacli große Expeditionen aus,
Kriegsschiffe wurden manchmal mit wissenschaftlichen Aufgaben betraut und
Privatleute unternahmen aus eigenen Mitteln wissenschaftliche Reisen. Seitdem
Anton Dohrn im Jahre 1871 die zoologische Station in Neapel gegründet hat
und seinem Beispiel die meisten europäischen Staaten und jenseits des Ozeans
Nordamerika und Japan gefolgt sind, so daß bis heute etwa 45 solcher Stationen
an fast allen Küsten des Weltenmeeres erstanden sind, ist das Sammeln am Meer
wesentlich erleichtert und namentlich jüngeren Naturforschern ermöglicht. Der
ganze schwerfällige Apparat, der früher auf eigene Kosten beschafft und mitge-
nommen werden mußte, steht an diesen Arbeitsstätten jedem unentgeltlich zur
Verfügung.
Alle diese Umstände gaben Veranlassung und Gelegenheit, für die Museen
zu arbeiten und zu sammeln. Dazu mehrten sich noch in Deutschland die
Museums- wie die Privatzoologen, welche die Sendungen aus den fremden Ländern
durcharbeiteten, die Tiere bestimmten, die neuen Arten mit dem Namen des