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Lauffer, Das historische Museum
DAS HISTORISCHE MUSEUM
SEIN WESEN UND WIRKEN UND SEIN UNTERSCHIED
VON DEN KUNST- UND KUNSTGEWERBE-MUSEEN
VON
OTTO LAUFFER
KAPITEL III: DIE SAMMLUNGEN VON ALTERTÜMERN UND DIE LOKALE
BEGRENZUNG IHRES ARBEITSGEBIETES
Henn wir aus der Besprechung der rein wissenschaftlichen Interessen der
Archäologie die Nutzanwendung ziehen wollen auf die praktischen Fragen
der Museumsarbeit, so dürfen wir uns nicht einbilden, daß wir damit den wenigen
großen Altertumssammlungen, die wir in Deutschland besitzen, etwas Neues oder
etwas für sie Beherzigenswertes sagen könnten. Sie haben durch die besondere
Anschauungsweise ihrer Gründer sowie durch den Gang ihrer Entwicklung den
Charakter gewonnen, der ihnen heute eigen ist, sie tragen ihre Existenzberech-
tigung in sich selbst, aber ebenso wie sie durch den Reichtum ihrer Sammlungen
eine überragende Stellung erhalten, so sind sie auch ihrem Wesen nach als exzep-
tionelle Erscheinungen zu betrachten. Wir wollen daher in den folgenden Bemer-
kungen vor allen Dingen die kleinen und in manchem Betracht auch die mittel-
großen Museen ins Auge fassen, ein Vorgehen, welches neben den praktischen
Rücksichten auch noch den Vorteil mit sich bringt, daß uns durch das Fort-
schreiten vom Kleineren zum Größeren der Blick für das Gemeinsame, das
Typische geschärft wird.
Die kleinen archäologischen Museen, die Lokalmuseen, haben, wenn sie über-
haupt mit einer festen Jahreseinnahme rechnen können, fast immer nur sehr kleine
Summen zum Ausbau ihrer Sammlungen zur Verfügung. Für sie gilt W. Bodes
Wort, daß bei knappen Mitteln mit um so größerer Klarheit die Ziele gesteckt
werden müssen, in ganz besonderem Maße.1) Sie möchten wir daher vor allen
Dingen von den Einflüssen anders gearteter Sammlungen, besonders der technisch-
kunstgewerblichen befreit sehen, denen sie sich noch heute häufig nicht ohne
ganz unverhältnismäßige Opfer an Geld und Raum überlassen, nur weil vielfach
die Meinung verbreitet ist, daß man dazu verpflichtet sei. Kunstwerke der Vor-
zeit zu erwerben, sind sie meist außerstande, deshalb aber muß ihnen um so
, W. Bode, »Kunst und Kunstgewerbe am Ende des neunzehnten Jahrhunderts «. Berlin, B. u. P.
Cassirer, 1901. S. 67.
Lauffer, Das historische Museum
DAS HISTORISCHE MUSEUM
SEIN WESEN UND WIRKEN UND SEIN UNTERSCHIED
VON DEN KUNST- UND KUNSTGEWERBE-MUSEEN
VON
OTTO LAUFFER
KAPITEL III: DIE SAMMLUNGEN VON ALTERTÜMERN UND DIE LOKALE
BEGRENZUNG IHRES ARBEITSGEBIETES
Henn wir aus der Besprechung der rein wissenschaftlichen Interessen der
Archäologie die Nutzanwendung ziehen wollen auf die praktischen Fragen
der Museumsarbeit, so dürfen wir uns nicht einbilden, daß wir damit den wenigen
großen Altertumssammlungen, die wir in Deutschland besitzen, etwas Neues oder
etwas für sie Beherzigenswertes sagen könnten. Sie haben durch die besondere
Anschauungsweise ihrer Gründer sowie durch den Gang ihrer Entwicklung den
Charakter gewonnen, der ihnen heute eigen ist, sie tragen ihre Existenzberech-
tigung in sich selbst, aber ebenso wie sie durch den Reichtum ihrer Sammlungen
eine überragende Stellung erhalten, so sind sie auch ihrem Wesen nach als exzep-
tionelle Erscheinungen zu betrachten. Wir wollen daher in den folgenden Bemer-
kungen vor allen Dingen die kleinen und in manchem Betracht auch die mittel-
großen Museen ins Auge fassen, ein Vorgehen, welches neben den praktischen
Rücksichten auch noch den Vorteil mit sich bringt, daß uns durch das Fort-
schreiten vom Kleineren zum Größeren der Blick für das Gemeinsame, das
Typische geschärft wird.
Die kleinen archäologischen Museen, die Lokalmuseen, haben, wenn sie über-
haupt mit einer festen Jahreseinnahme rechnen können, fast immer nur sehr kleine
Summen zum Ausbau ihrer Sammlungen zur Verfügung. Für sie gilt W. Bodes
Wort, daß bei knappen Mitteln mit um so größerer Klarheit die Ziele gesteckt
werden müssen, in ganz besonderem Maße.1) Sie möchten wir daher vor allen
Dingen von den Einflüssen anders gearteter Sammlungen, besonders der technisch-
kunstgewerblichen befreit sehen, denen sie sich noch heute häufig nicht ohne
ganz unverhältnismäßige Opfer an Geld und Raum überlassen, nur weil vielfach
die Meinung verbreitet ist, daß man dazu verpflichtet sei. Kunstwerke der Vor-
zeit zu erwerben, sind sie meist außerstande, deshalb aber muß ihnen um so
, W. Bode, »Kunst und Kunstgewerbe am Ende des neunzehnten Jahrhunderts «. Berlin, B. u. P.
Cassirer, 1901. S. 67.