Koetschau, Die Generalkommission der Kunstsammlungen des bayerischen Staates 139
»Ihr braucht einen Mann.« Unter den Münchner Museumsbeamten ist mehr
als einer. Aber man scheint sich in maßgebenden Kreisen der Kräfte, die man
besitzt, nicht bewußt zu sein. Wäre man es, würde man sie nicht so in den
Hintergrund gedrängt haben, als es tatsächlich der Fall ist. Denn etwas anderes
ist es docli nicht, wenn in Punkt I des ersten Teiles der Bestimmungen gesagt
wird, daß zwar die Vorstände der Kunstsammlungen Mitglieder der General-
kommission sind, aber es gleichzeitig weiter heißt, daß sie » auf Einladung« des
Kultusministers an den Beratungen mit Sitz und Stimme teilnehmen. Und wenn
sie einmal nicht » eingeladen« werden, wer trifft dann die Entscheidungen? Kunst-
historiker, Kunstfreunde und Künstler, die auf die Dauer von drei Jahren in die
Kommission berufen worden sind. Namentlich Künstler, wie die bekannt gegebenen
Namen zeigen. Denn nur ein Kunsthistoriker, der Privatgelehrter ist, und nur
ein Kunstfreund — ob man den Kultusminister, der den Vorsitz führt, als zweiten
hierher rechnen kann, weiß ich nicht — sind in dieser Gruppe zu finden. Damit
wäre man also glücklich wieder auf dem Standpunkt angelangt, den man als ge-
fährlich anderswo seit Jahren verlassen hat. Denn ein Künstler kann auf seinem
Gebiete noch so tüchtig sein, eine reife historische Bildung wird er sehr selten
sein eigen nennen können. Und sie ist nun einmal das A und O in der Leitung
eines Museums, auch einer Sammlung moderner Kunst, da sie allein ja den rechten
Maßstab für die bleibenden Werte in der Gegenwart darbieten kann. Im übrigen
hat man gerade in München schon erlebt, wie die Arbeit des Künstlers im
Museum sich bewährt. Die Kritik Brinckmanns, die in dieser Zeitschrift erschien,
ist zwar als unsachgemäß und befangen von den Künstlern dargestellt worden,
aber der Kunsthistoriker kann mit Ruhe auf ihren Erfolg warten. Er wird
kommen.
Den Sammlungen von Gemälden älterer und von Gemälden und Skulpturen
neuerer Meister ist nocli weniger Freiheit als den übrigen gelassen worden. Diese,
die graphische Sammlung, das Münzkabinett, die Vasensammlung, das Antiquarium
und das Nationalmuseum dürfen wenigstens bis zu 1000 Mark für Erwerbungen
ausgeben, ohne vorher die Kommission zu befragen, jene gar nichts. Nach dem
Ankauf muß freilich auch da noch die Zustimmung der Spezialkommission ein-
geholt werden. Weiß man denn im bayerischen Kultusministerium so wenig über
die Verhältnisse des Kunstmarktes Bescheid? Mit dieser Summe ist sehr, sehr
wenig, fast nichts anzufangen, und wenn nicht der Bayerische Museumsverein
immer rechtzeitig zur Stelle ist, wird nach wie vor mancher Besitz, der für Bayern
unbedingt erhalten werden müßte, ihm entgehen.
Nur in einem Punkte ist den Direktoren ein Recht eingeräumt, dessen Be-
deutung freilich bei näherem Zusehen nicht zu hoch angeschlagen werden darf.
Es kann kein Gegenstand erworben werden, den der Sammlungsvorstand nicht
gut heißt. Aber wenn er sich nun gegen seine Kommission wehrt, wozu wird
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»Ihr braucht einen Mann.« Unter den Münchner Museumsbeamten ist mehr
als einer. Aber man scheint sich in maßgebenden Kreisen der Kräfte, die man
besitzt, nicht bewußt zu sein. Wäre man es, würde man sie nicht so in den
Hintergrund gedrängt haben, als es tatsächlich der Fall ist. Denn etwas anderes
ist es docli nicht, wenn in Punkt I des ersten Teiles der Bestimmungen gesagt
wird, daß zwar die Vorstände der Kunstsammlungen Mitglieder der General-
kommission sind, aber es gleichzeitig weiter heißt, daß sie » auf Einladung« des
Kultusministers an den Beratungen mit Sitz und Stimme teilnehmen. Und wenn
sie einmal nicht » eingeladen« werden, wer trifft dann die Entscheidungen? Kunst-
historiker, Kunstfreunde und Künstler, die auf die Dauer von drei Jahren in die
Kommission berufen worden sind. Namentlich Künstler, wie die bekannt gegebenen
Namen zeigen. Denn nur ein Kunsthistoriker, der Privatgelehrter ist, und nur
ein Kunstfreund — ob man den Kultusminister, der den Vorsitz führt, als zweiten
hierher rechnen kann, weiß ich nicht — sind in dieser Gruppe zu finden. Damit
wäre man also glücklich wieder auf dem Standpunkt angelangt, den man als ge-
fährlich anderswo seit Jahren verlassen hat. Denn ein Künstler kann auf seinem
Gebiete noch so tüchtig sein, eine reife historische Bildung wird er sehr selten
sein eigen nennen können. Und sie ist nun einmal das A und O in der Leitung
eines Museums, auch einer Sammlung moderner Kunst, da sie allein ja den rechten
Maßstab für die bleibenden Werte in der Gegenwart darbieten kann. Im übrigen
hat man gerade in München schon erlebt, wie die Arbeit des Künstlers im
Museum sich bewährt. Die Kritik Brinckmanns, die in dieser Zeitschrift erschien,
ist zwar als unsachgemäß und befangen von den Künstlern dargestellt worden,
aber der Kunsthistoriker kann mit Ruhe auf ihren Erfolg warten. Er wird
kommen.
Den Sammlungen von Gemälden älterer und von Gemälden und Skulpturen
neuerer Meister ist nocli weniger Freiheit als den übrigen gelassen worden. Diese,
die graphische Sammlung, das Münzkabinett, die Vasensammlung, das Antiquarium
und das Nationalmuseum dürfen wenigstens bis zu 1000 Mark für Erwerbungen
ausgeben, ohne vorher die Kommission zu befragen, jene gar nichts. Nach dem
Ankauf muß freilich auch da noch die Zustimmung der Spezialkommission ein-
geholt werden. Weiß man denn im bayerischen Kultusministerium so wenig über
die Verhältnisse des Kunstmarktes Bescheid? Mit dieser Summe ist sehr, sehr
wenig, fast nichts anzufangen, und wenn nicht der Bayerische Museumsverein
immer rechtzeitig zur Stelle ist, wird nach wie vor mancher Besitz, der für Bayern
unbedingt erhalten werden müßte, ihm entgehen.
Nur in einem Punkte ist den Direktoren ein Recht eingeräumt, dessen Be-
deutung freilich bei näherem Zusehen nicht zu hoch angeschlagen werden darf.
Es kann kein Gegenstand erworben werden, den der Sammlungsvorstand nicht
gut heißt. Aber wenn er sich nun gegen seine Kommission wehrt, wozu wird
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