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Naeher, Julius [Hrsg.]
Die Baudenkmäler der unteren Neckargegend und des Odenwaldes: Aufnahme, Autographie und Beschreibung (Band 3): Die hessische Bergstraße: Heppenheim, Starkenburg, Bensheim, Schönberg, Auerbacher Schloss, Bickenbacher Schloss, Tannenburg, Frankenstein und Lindenfels — Heidelberg, 1892

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https://doi.org/10.11588/diglit.13156#0008
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18

Liliöndaeli. a 8ili6iidki6li supor likMiiIiag'lm, a liki^ou-
IiaAauusczuo aä parvum I-uäouK-issoori. a Ouäsu>vissoo2
usczuo aä NitäsIsoäruu. Hioluuauusstsu usczuo ^.Idouos-
Iiaoti liuo ultora illuo. I?rouorut. Ltouuouros usczuo
Looliuonoäal. Lloxo^onrut. Lulicbao usczuo aä uioäium
Irotum ^Vagouäonror. Lluouosbuoliol Haäollonbao.
IloräouAos b(ruuuo). ^uollon^ioico usHiio iu moäium
'Vsisgor! ot iu moäiotato 'VVisAOii usczuo aä Ouäorou
Iloo tormiuatio laota ost anuo äomiuioo iuoaruatiouis
805 a Nug'uo Xurolo Homauorum Imxoratoro.

Der Stein ist durch Sprünge beschädigt und es sind
dadurch einige Bnchstnben unkenntlich geworden.

Dcr ganze Charakter der Jnschrift weist übrigens auf
das 12. Jahrhundert hiu, wo diese Uikunde auf dem Stein
ausgehauen worden sein dürfte. Auch erhielt Kart der
Große erst nach seiner Heiligsprechnng im 12. Jahrhundert
den Beinamen Magnus.

Die Jnschriften aus dem 10. Jahrhuudert sind in
vertieften römischen Majuskeln (große lateinische Buchstaben)
geschrieben, welche Künstlcrschrift bis zu dem 12. Jahr-
hundert fortdauert.

Vou da au zeigeu die Jnschrifteu schou Anfänge von
romauischen Majuskeln, welche sodann in der Mitte des
12. Jahrhunderts zu einem Gemische beider Arten von
Buchstaben werdeu. Die romanische Majuskelschrift tritt
hauptsächlich vom Jahr 1300 bis 1400 auf, wo sie der
Minuskelschrift weicht.

Wic finden in unserer Jnschrift schou die Anfänge
der romanischen Majuskeln, vorzugswcise habcn einzelne
LI, H, d uud den Typus dicser Schrift.

Wir fügen hier uoch die geuauere Ausleguug über
diese Zuschrift an, welche uns Herr Christ gütigst mitge-
theilt hat.

Hienach bedeutet:

1) Ouäoro ein Gatter oder eine Schleuße an der
Weschnitz bei Lorsch, wo also die Greuzbeschreibuug be-
ginnt. Ju dieser Gegeud an der heutigen sogew Gatter-
hecke hat auch Herr Archivdircclor Freiherr Schcnk zu
Schweinsberg in Darmstadt diesen Grenzpunkt uach-
gewiesen. Unrichtig ist es, wcnn lAaäoro uach dem Octe
Gadernheim im OLenwald verlegt wird.

2) HuoälmräMooli. Hierin kanu loob auch — lob
looli oder den Sumpfwald eines gewissen Huoälmrä be-
deuten, wohl den heutigen Niickenbruch.

3) ^u^oudasal, ebenfalls mit einem Personennamen
verknüpft, also der Hasselbusch eiues gewissen ^urio.

4) IIa§6ubuoobL eine Hainbuche, Hagenbuche, oder eiu
Wald von solchen, bei Unterhambach.

5) 8upor moutom lümmiuosbor^, jetzt mit falschem
H, — der Hemsberg, südlich von Bensheim.

6) Osc^uo aä Cilorvaräos äorsul, die Thorsäule oder
der Thorpfosten eincs gewissen Oilovurä.

7) Looolbor», der noch beim Volk so heißcude Kcsscl-
berg oder Heiligenberg bei Oberhambach.

8) liorousoluu bedeutet einen mit Röhricht bestauden
Suhl, ein im Odenwalde sehr verbreitetes Wort für feuchte
Plätze. Es scheint die Gegend von Schannenbach zu sein,
wo feuchte Wiesengründe heute noch vorkommen.

9) ^.buruouoo§L, Ecke, Bergkamm, worauf Ahorn
steht, dürfte der Krehberg, d. b. die Seidenbucher Höhe sein.

10) Ilscsuo uä 8iboubriob (jetzt Seidenbach).

11) u 8iboubaob suxor jkriroubaAau — Wald eines
Razo, jetzt der Katzenberg.

12) aä parvum ibuäou 'Wissoor, erschcint auch im
Heppenheimer Centbuch als Ludenweschenz. Der Name
Wißcoz veränderte sich später in Weschenz, dann in
Weschnitz. Der genannte Ort, jetzt Lauteuweschnitz, liegt
au der kleinen Weschnitz, eineni Seitenbach der Wcschnitz.

13) a I-uäouwissoo^ usczuo aä Nitäolooärun, letz-
teres ist der Ort Miitellechtern bei Fürth.

14) Hiobmauuostou soviel wie Richmannsstein, wohl
die jctzige Niesentrappe, eine Felsmasse aus Granitblöcken
mit Cisschliffen, die das Volk für Tcufelshufeisen hält.

15) Ilsc^uo uä Hbouosbaob, una-4Ibouosbaob buo:
von der Höhe der Riesentrappe die Schlucht hinab zum
Dorf Albersbach, dann die sich uuterhalb desselben damit
vereinigende sogen. wüste Albersbach wieder hinauf.

16) ultora üluo, d. h. bis zum hohen Kreiswald,
dann weiter westlich nach

17) Hrouorut, welches Frohnreut, eine herrschaftliche
Nodung bedeutet. (Der spätere pfälzische Kammerforst
Frauenheck.)

18) 8tounouros, eine sozenannte Steiurutsche in der
Gegend der Juchhöhe.

19) ^oolmouoäal, das ist das Schelmenthal bei Ober
liebersbach am Boxberg.

20) No§62ourut — die Reutung eines gewissen Megezo.

21) 8ul2bao, ohne Zweifel der Ort Sulzdach au der
Bergstraße.

22) HsHiio aä moäium trotum FVriAouäouror, also
bis mitten in einen wogendeu Nohr- oder Schilssee.

23) Lluouosbuobol, Seebühl, jctzt der Seeböhl, See-
bühl oder der Busenbruch.

24) Haäolloub-ro, Bach eiues Hadillo, jetzt der
Schwalbenzahlgraben.

25) Horä6o§6s(b)ruuno, Brunnen eincs gewissen
Herding, jetzt etwa die Brunnenstücke nordöstlich vom
Rennhof. —

26) 8uoIl6llAio20 (schneller Gießcn) scheint die schon
frühzeilig abgeleuete neue Weschnitz zu sein, die damals
wahrscheiulich noch ein selbständiger Wasserlauf war.

27) IIsHiio iu moäium 'VVisAOL, bis in die Mitte der
alten Weschnitz und weiler in der Milte abwärls bis zuni
Aufangspunkt unter 1. genannteu Ouäoron.

Somit dürflen die langjährigen Bemühungen des Herrn
Christ um die Erforschung dieser iuteressanten Jnschrifl
mit Erfolg gekrönt seiu, und es kann niittelst einer genauen
Karte die Grenze des alteu Kirchspieles mit wenig Mühe
ermittelt werden. —

An dec Bergstraße bei Laudenbach steht an der oberen
Böschung derselben der sog. Schla u g en ste i n, an welchcn
sich die Volkssage knüpft, daß hier ein Nitter von Cron-
berg von einer Schlange gebissen uud getödtet wurde.

Der etwa 1 m hohe Sockelsteiu enthält an der Vorderseite
eiuen knieenden Nitter neben seinem Schilde. Die von
oben kommeude Schlange ist kaum noch zu erkennen, wie
überhaupt das Bildwerk und dic Schrift durch einen moos-
artigcn Ueberzug fast ganz verwischt sind.

Jm Jahc 1460 fand hier ein Kampf zwischeu den
Mainzern und Pfälzern statt, wobei der Anführer der
ersteren, der Nitter von Cronberg, Burggraf von Starken-
burg, fiel. Es ist also ein sog. Marterkreuz, das dem-
selben errichtet wurde. Auf dem Spruchband des Steiues
hat Grimm die Juschrift wie folgt entziffert: Auno 1460
uff St. Nuffinstag ist hier . . . sele durch . ; . vo Cron-
berg, dess sele gott gnad.

Nach der Erklärung von den Herren Christ uud Mone
bedeutet die Schlange am Fuße des Crucifixes die Schlange
des Paradieses oder den Teufel, welcher jetzt den Apfel des
Ungehorsams des Menscheugeschlechtes, den er als Faust-
pfand vom Sündenfalle an hatte, herausgeben muß, weil
durch den Gehorsam Christi die Erlösung vollbracht ist.

Es ist auch bekannt, daß man für einen Verstorbenen,
der ohne Absolution starb, au der Stelle, wo er verschied,
ein Krenz errichlete. Es wäre sehr zu wünschen, daß unser
Schlangeustein an seinem jetzigen Standort wieder er-
ncuert und mit eiuem Kreuz versehen würde.
 
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