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Naeher, Julius [Hrsg.]
Die Baudenkmäler der unteren Neckargegend und des Odenwaldes: Aufnahme, Autographie und Beschreibung (Band 5): Zwingenberg, Burghelde bei Eberbach, Minneburg, Mosbach, Lohrbach, Neckarelz, Neuburg, Dauchstein, Horneck, Guttenberg, Ehrenberg, Wimpfen — Heidelberg, 1893

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https://doi.org/10.11588/diglit.13158#0014
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gang in der Dicke der Mauer liegt. Dieser zieht sich um
das Eck herum auf die Ostseite, wo der erkerartige Vor-
ban des Aüortes sichtbar ist. Ätan bringt diese Einrich-
tnng oft irrthümlich mit einem Gießloch (inaolriLul,) in
Verbindung. Der Jnnenraum der Wachtstnbe hat anch
noch 2 Nischen, die eine diente wohl als Schlafraum, die
andere als Schrank. Die Beleuchtung war sehr spärlich,
sie geschah durch eine schmale Schlitzöffnung auf der West-
seite. Än der äußeren Eingangsseite sieht man noch die
Reihe der Löcher, iu welchen sich die Tragbalken eines
Söllers befanden. Von dem Hohenstaufenpalast sind an
der Nordseite nvch schöne spätromanische Arkadenreihen nüt
geknppelten 1,48 m hohen Sänleu erhalten. Die Mauer
ist 1 m stark und enthält deni Mathildenbad zn noch
manche intercssante größere Fenfteröffnungen. Die Arkaden-
reihen gehvren zu dem Corridor, der sich von den Zimmer-
reihen gegen nußen hinzog und den Blick in'S Freie ge-
währte, welcher hier an landschastlicher Schönheit seines
glcichcn suchte. Das große steinerne Haus vor dem sog.
blauen Thnrm ist der einzige bedentendere Gebüuderest der
kaiserlichen Pfalz. Der blane Thnrm bildet den Abschluß
derselben und diente zur Neberwachnng der Westscite. Scine
Grnndform ist, wic die dcs rothen ThnrmeS, qnadratisch
bei 10 m Seitc uud 3 m starkcn Wandungen. Scine
Lage nnd seinc Höhc bon 30 m über dcin Boden, erlanbten

den umfassendsten Rundblick auf die Zugänge und die Um-
gebung der Stadt. Seinen Namen hat er von den blauen
Kalksteinen, aus welchen er hergestellt ist.

Der Besucher von Wimpfen wird nicht versäumen, auch
die beiden letzten kirchlichen Bandenkmäler, nämlich die
Pfarrkirche und das frühere Dominikanerkloster mit seiner
Kirche und dem gnt erhaltenen Kreuzgang, zu besuchen.
Er wird hier eine Fülle von Denkmälern der gothischen
Bauknnst finden. Wir verweisen Diejenigen, welche sich
inshesondere interessiren, anf die Beschreibung vou Lorent
nnd Paulns (Schriften des württemb Alterthnmsvereins,
Jahrgang,1866, Heft 7).

Nnchträglich ist noch zn bemerken, daß die Benennungen
als blauer und rother Thnrm für die einzelnen Thürme
unserer Stadtbefestigungen am richtigsten in der Ursache
des verschiedenen Banmaterials, mit dem sie ausgeführt
sind, gesucht werden dürften. So gab der blane Kalkstein
wohl den Grund zur Beneunung als blauer Thurm,
wührend der rothe Sandstein den Namen des rothen
Thurmes veranlaßte. Die Dachdecknng mit Ziegel oder
Schiefer käme also für die Verschiedenheit der Bezeichnung
nicht in Betracht. Ein Beweis für die erstere Annahme
licgt neben den Wimpfener Thürmcn anch in der Bauart
dcr Stadtthürmc von Eberbach. —

-i- *

*

Werichtigmrgen.

1. Jn Heft 1, S. 3 „Die Burgen vou Neckarsteinach"
ist die Bezeichnung der Vorderburg als die Harfenburg
unrichtig. Als solche ist nur die Stammbnrg der Ritter
von Steinach bei Heddesbach im Odenwald bekannt. Die
Harfe ülieb anch im Wappen der Dynasteu von Steinach.

2. Jn Heft 3, S.20wird einJnschriftenstein besprochen,
der neben dem Allianzwappen der von Frankenstein nnd
Böcklin noch die Namen Balthasar, Kaspar und Melchior
trägt. Nach Mone's Biittheilung sind dies die drei Könige,
und ist es heute noch in katholischen Lündern üblich, daß
am Dreikönigstag der Geistliche mit zwei Ministranten,
die Weihranch nnd Wasser tragen, vor jeder Thüre eines
Hanses, also auch vor den Stallthüren erscheincn und drei-
mal sowohl das Weihrauchkesselchen schwenken, als auch
dreimal den Weihwasserwedel geben. Nach dieser Ein-
segnung der menschlichen Wohnnüg und der Stallgebäude
schreibt der Geistliche mit Kreide an den Thürsturz die
Zeichen -s- 6 -s- Ll -s- L, das heißt Kaspar, Btelchior,
Balthasar. Dies bedentet, daß Christns in dem Herzeu
der Hansbewohner erscheinen möge. Hierauf wird die Be-
nennung „Npipiianis" des heiligen Drei - Königsfestes
znrückgeführt.

Mit vorliegendcm Hcfte schließen wir unscre Untcrsnchnngcn nnd Betrachtiingcn übcr die Bandcnkmäler der bezeichneten deutschen Landestheile von Baiern, Württem-
bcrg, Hessen nnd Baden ab. Vorzngsweise hat cs sich hier nm die Dorstcllnng nnd Beschreibung dcr betrcffenden Kricgsbaudenkmäler gehandelt nnd es sind anch im Ganzen
an 50 dieser stolzen Zengcn der mittelalterlichen Bauknnst znr Geltung gckommcn. — Eine gcnane Würdignng werden die kirchlichen Knnstbandenkmäler in den Jnventarisirungen
finden, welche die Herren Conservatoren der Alterthümer dcr genannten vier Regiernngen vorberciten und schon znm Theil ansgearbeitet haben.

Heidelberg, im August 1893.

I. Naeher.
 
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