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SAMMLUNG ALEXANDER KOCH

VORWORT.

Jede Kunstsammlung von Bedeutung und Belang hat für den Kenner ihr eigenes Gesicht,
das in seinen Wesenszügen immer ein erkennbares geistiges Abbild dessen ist, der sie zusammen-
brachte. Wir wissen, wie Goethe sammelte und fühlen den Abglanz seines olympischen Hauptes
in dem, was wir von seinem Schönheitssinn in Weimar zusammengetragen finden. Wir kennen
gelehrte Sammlungen, Wunder an Systematik und Vollständigkeit, die uns deutlich die zähen, von
Sammlerfanatismus durchfurchten Züge ihrer Schöpfer widerspiegeln, wir empfinden im geistigen
Hintergrunde anderer Sammlungen hier den prachtliebenden Grandseigneur oder den barocken
Liebhaber des Grotesken oder Kuriosen, und dort erscheinen uns die Physiognomien von sonder-
baren Querköpfen, die sonst noch nie Gesammeltes, manisch gepeinigt, um sich häufen. Eine seltsame
Welt alle diese Sammlerfypen vom Nursammler bis zum Amateur- und periodischen Gelegenheits-
sammler, und doch einer wie der andere unentbehrlich im Haushalt der Kultur, an der sie bewußt
und unbewußt arbeiten. Ja man könnte sagen, daß das, was die Künstler als ihre Unsterblichkeit
fühlen, zu einem großen Teil durch die Sammler verbürgt und verwirklicht wird.

Manche Sammler haben in ihrer Tätigkeit geradezu etwas Schöpferisches, sodaß man ihre
Sammlungen getrost als sammlerische Kunstwerke bezeichnen kann, wenn man sie in ihrer Gesamtheit
als Zusammenschluß von verschiedenartigen künstlerischen Gegenständen in einem sorgsam gewählten
und durchgeführten Rahmen betrachtet.

Dieser Sammlertypus ist nun freilich nicht der allgemein verbreitete allein schon um des
Umstandes willen, daß er eine Persönlichkeit von einem gewissen Format und mancherlei nicht
häufig zusammentreffenden Eigenschaften bedingt. Wo man ihm aber begegnet, da pflegt man stets
ästhetisch auf seine Rechnung zu kommen. Zu den Sammlern dieses Schlages gehört Alexander
Koch. Seine Sammlung erhielt ihren Charakter als Gesamtkunstwerk durch zwei Umstände: Sie
entstand in Parallele mit seinem publizistischen Wirken und in unmittelbarer Beziehung zu seiner
Tätigkeit als Anwalt aller modernen künstlerischen und raumkünstlerischen Bestrebungen. Sie
wuchs im Laufe manchen Jahres mit und in ihrem eigenen Rahmen aus den inneren Notwendig-
keiten ihres Schöpfers heraus. Da nun diese Notwendigkeiten weder eine vorsichtige Systematik
— wer kann ein künstlerisches Gegenwartsschaffen gleich systematisieren? — noch überhaupt vor-
sichtiges Wägen und Erwägen erlaubten, so wurde Alexander Koch eine Art von sammlerischem
Improvisator im schönsten Sinne. Wo sich einem, für alles wahrhaft Künstlerische schnell begei-
stertem Sinne Neues, Ursprüngliches, Wesentliches im Zeitschaffen zeigt, da greift er zu und zwar
meist mit Glück, denn sein Feingefühl täuscht ihn selten. Aber mit dem Erwerb allein ist's noch
nicht getan — das ist das Charakteristische und Interessante an Kochs Art zu sammeln: Kaum
ist das Kunstwerk in Besitz genommen, so ist auch schon der Gedanke der Eingliederung in die
eigenste Umwelt da. Der sammelnde Raumkünstler ruht nicht eher, als bis er die Neuerwerbung
mit allem Vorhandenem in ornamentale, kulturelle, geistige Beziehung gesetzt hat.

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