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Eduard Ziehen
Reichsflandern vom Reichsoberhaupt zu Lehen nehmen dürfe. König Adolf
mußte Ende Mai 1292 in Boppard die Reichsacht gegen den Grafen erneuern.
Allen Reichsgetreuen gab er Befehl, dem Hennegauer gegen den Flandrer zu
helfen, der das Reich mißachte. Im März 1295 bat Adolf aus Oppenheim
den Papst, über den Grafen Bann und Exkommunikation zu verhängen, da die*
ser der Reichsacht verfallen sei. Der Geächtete sollte Flandern an den Gra#
fen von Hennegau herausgeben.
Doch dann ergriff Graf Johann von Hennegau selbst die Partei des Fran#
zosenkönigs. In Flandern brach im Sommer 1297 König Philipp von Frank#
reich mit zwei starken Heersäulen ein. Nun brauchte das vielumkämpfte,
wertvolle Land die Hilfe des Reiches. Adolf von Nassau sprach den Grafen
in aller Form von der Reichsacht los. In Graf Guidos Heer kämpften u. a.
Graf Heinrich von Nassau, Graf Wilhelm von Cleve, Grafen von Jülich, von
Katzenelnbogen und von Sponheim. Auf die versprochene englische Hilfe
harrte der Bedrohte vergeblich.
Mit einem Sohn des Grafen von Flandern zusammen drang damals Hein#
rieh von Nassau bis Douai vor. Die Grafen von Jülich und von Cleve ver#
teidigten Bergues und Cassel. Der Herzog von Brabant blieb in Gent, dessen
Bürgerschaft man mißtraute. Reichsvölker halfen bei der Verteidigung Lilles,
das der König von Frankreich selbst belagerte. In einem blutigen Kampf bei
Veurne (Furnes) geriet Wilhelm von Jülich in Gefangenschaft. Die Grafen
von Katzenelnbogen und von Sponheim fielen dort für die Sache Flanderns
und des Reiches. König Eduard von England aber landete erst gegen Ende
August in Sluis.44
Das Reichsoberhaupt bemühte sich nach Kräften, mittel# und oberrhei#
nische Reichsstände für die Heerfahrt zu gewinnen, und sparte nicht mit
Vergabung von Pfandschaften. Doch mußte er Ende August aus Schlett#
stadt dem Grafen von Flandern schreiben, hochverräterische Umtriebe eini#
ger hervorragender Reichsfürsten hätten ihn aufgehalten. Schon ging die
Saat auf, die der Erzbischof von Mainz, besonders während der Prager Krö#
nungstage, gesät hatte. Während König Adolf mit den Reichstruppen, die
er zusammengebracht hatte, rheinabwärts zog, verständigten sich indessen
England und Frankreich. König Eduard, in Schottland bedroht, ließ seinen
Schwiegersohn, den Grafen von Flandern, im Stich. Adolfs von Nassau
Mißerfolg „kann nicht ihm zur Last gelegt werden, sondern höchstens seinem
Nachfolger und denen, die diesen zum König erhoben haben“.45
Aus vielen Einzelzügen zusammengefügt, ist uns nunmehr das Bild von
Adolfs gesamtrheinischer Reichspolitik vor Augen getreten. Staufischer Tra#
dition gemäß umspannte des Königs Wirken das weite rheinische Reich vom
Fels zum Meer. Doch die Übermacht reichsfeindlicher Kräfte
sollte allen frohen Hoffnungen ein jähes Ende bereiten.
Wir haben mehrfach beobachtet, wie Philipp der Schöne von Frank#
reich auf langer Front von Burgund bis Flandern das Reich bedrohte. Pa#
ris war das eine Zentrum, von dem aus eine zielbewußte Politik gegen das
Reichsoberhaupt arbeitete.
Unmittelbar auf die rheinischen Kirchenfürsten wirkte Rom. Wir kennen
die Anfrage des ersten geistlichen Reichsfürsten beim Papst und dessen Ant#
wort, die den Mainzer sogar seines Treueides gegen das Reich ledig sprach.
Wir wissen, daß Bonifaz VIII. die drei rheinischen Erzbischöfe zum Ungehor#
sam gegen das Reichsoberhaupt aufforderte. Gerade hier zeigt sich, wie das
Übergewicht geistlicher Fürsten am Rhein jede rheinische Reichspolitik
eines deutschen Königs vereiteln konnte. Im Mai 1295 warnte der Papst das
Reichsoberhaupt in aller Form: er selbst werde darauf achten, die Rechte eines
Kaisertums zu wahren, das, wie Adolf wohl wisse, einst der Papst von den
Eduard Ziehen
Reichsflandern vom Reichsoberhaupt zu Lehen nehmen dürfe. König Adolf
mußte Ende Mai 1292 in Boppard die Reichsacht gegen den Grafen erneuern.
Allen Reichsgetreuen gab er Befehl, dem Hennegauer gegen den Flandrer zu
helfen, der das Reich mißachte. Im März 1295 bat Adolf aus Oppenheim
den Papst, über den Grafen Bann und Exkommunikation zu verhängen, da die*
ser der Reichsacht verfallen sei. Der Geächtete sollte Flandern an den Gra#
fen von Hennegau herausgeben.
Doch dann ergriff Graf Johann von Hennegau selbst die Partei des Fran#
zosenkönigs. In Flandern brach im Sommer 1297 König Philipp von Frank#
reich mit zwei starken Heersäulen ein. Nun brauchte das vielumkämpfte,
wertvolle Land die Hilfe des Reiches. Adolf von Nassau sprach den Grafen
in aller Form von der Reichsacht los. In Graf Guidos Heer kämpften u. a.
Graf Heinrich von Nassau, Graf Wilhelm von Cleve, Grafen von Jülich, von
Katzenelnbogen und von Sponheim. Auf die versprochene englische Hilfe
harrte der Bedrohte vergeblich.
Mit einem Sohn des Grafen von Flandern zusammen drang damals Hein#
rieh von Nassau bis Douai vor. Die Grafen von Jülich und von Cleve ver#
teidigten Bergues und Cassel. Der Herzog von Brabant blieb in Gent, dessen
Bürgerschaft man mißtraute. Reichsvölker halfen bei der Verteidigung Lilles,
das der König von Frankreich selbst belagerte. In einem blutigen Kampf bei
Veurne (Furnes) geriet Wilhelm von Jülich in Gefangenschaft. Die Grafen
von Katzenelnbogen und von Sponheim fielen dort für die Sache Flanderns
und des Reiches. König Eduard von England aber landete erst gegen Ende
August in Sluis.44
Das Reichsoberhaupt bemühte sich nach Kräften, mittel# und oberrhei#
nische Reichsstände für die Heerfahrt zu gewinnen, und sparte nicht mit
Vergabung von Pfandschaften. Doch mußte er Ende August aus Schlett#
stadt dem Grafen von Flandern schreiben, hochverräterische Umtriebe eini#
ger hervorragender Reichsfürsten hätten ihn aufgehalten. Schon ging die
Saat auf, die der Erzbischof von Mainz, besonders während der Prager Krö#
nungstage, gesät hatte. Während König Adolf mit den Reichstruppen, die
er zusammengebracht hatte, rheinabwärts zog, verständigten sich indessen
England und Frankreich. König Eduard, in Schottland bedroht, ließ seinen
Schwiegersohn, den Grafen von Flandern, im Stich. Adolfs von Nassau
Mißerfolg „kann nicht ihm zur Last gelegt werden, sondern höchstens seinem
Nachfolger und denen, die diesen zum König erhoben haben“.45
Aus vielen Einzelzügen zusammengefügt, ist uns nunmehr das Bild von
Adolfs gesamtrheinischer Reichspolitik vor Augen getreten. Staufischer Tra#
dition gemäß umspannte des Königs Wirken das weite rheinische Reich vom
Fels zum Meer. Doch die Übermacht reichsfeindlicher Kräfte
sollte allen frohen Hoffnungen ein jähes Ende bereiten.
Wir haben mehrfach beobachtet, wie Philipp der Schöne von Frank#
reich auf langer Front von Burgund bis Flandern das Reich bedrohte. Pa#
ris war das eine Zentrum, von dem aus eine zielbewußte Politik gegen das
Reichsoberhaupt arbeitete.
Unmittelbar auf die rheinischen Kirchenfürsten wirkte Rom. Wir kennen
die Anfrage des ersten geistlichen Reichsfürsten beim Papst und dessen Ant#
wort, die den Mainzer sogar seines Treueides gegen das Reich ledig sprach.
Wir wissen, daß Bonifaz VIII. die drei rheinischen Erzbischöfe zum Ungehor#
sam gegen das Reichsoberhaupt aufforderte. Gerade hier zeigt sich, wie das
Übergewicht geistlicher Fürsten am Rhein jede rheinische Reichspolitik
eines deutschen Königs vereiteln konnte. Im Mai 1295 warnte der Papst das
Reichsoberhaupt in aller Form: er selbst werde darauf achten, die Rechte eines
Kaisertums zu wahren, das, wie Adolf wohl wisse, einst der Papst von den