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Wolf Heino Struck
Blattes spricht dafür, daß eine oder mehrere Lagen mit anderen Königsurkunden
vorangegangen sind.
Die Blätter sind 22 cm hoch und 15,5 cm breit. Der seitliche Außenrand be-
trägt auf der erhaltenen ersten Hälfte 2,5 cm, der obere Rand auf allen Seiten ca.
2,2 cm, der untere Rand ebenso gleichmäßig 3,5 cm, der Innenrand auf der ersten
Hälfte der Doppelblätter 1,7 auf der zweiten 1,4 cm. So nimmt der Text der
vorderen Blätter eine Breite von ca. 11,3, der der hinteren Blätter eine Breite von
ca. 6,5 cm und bei beiden eine Höhe von 16,3 cm ein, die in der vorderen Text-
hälfte auf den Seiten 1, 3 und 4 gleichmäßig von 35 und auf Seite 2 von 36 Zeilen
ausgefüllt wird. Die Zeilenzahl der hinteren Texthälfte läßt sich nur am inneren
Doppelblatt feststellen. Sie ist dort ungleich. Seite 4 zählt 41 Zeilen, Seite 5
hat 38.
Die Zeilen sind ohne Linierung geführt. Sie verlaufen in der vorderen Text-
hälfte peinlicli gerade, weniger dagegen auf den hinteren Blättern, wo die Sorgfalt
in dieser und anderer Hinsicht abzunehmen scheint. Die vorderen zwei Blätter
sind von einer Hand geschrieben, die sämtliche Eintragungen offenbar in einem
Zuge vorgenommen hat. Sie hat in einer zierlichen Minuskel, deren kursiver
Charakter sich in Grenzen hält, bei klarem Zeilenabstand ein deutliches, ja
schönes Schriftbild geschaffen. Die hinteren Blätter rühren von einer anderen
Hand her, die zunächst ziemlich klein gedrängt, dann besonders auf Seite 6 zu-
nehmend flüchtiger und breiter, etwas nach links geneigt schrieb; also sind mög-
licherweise die Eintragungen der hinteren Seiten nicht auf einmal entstanden.
Beide Hände zeigen einwandfrei die Schriftzüge, wie sie der Reichskanzlei König
Adolfs eignen : Die Kursive ist etwas breiter als unter König Rudolf geworden ; das
doppelstöckige a beginnt über die Zeile zu ragen 2°). Die Urkunden der vorderen
Texthälfte haben in sehr zierlicher Schrift mit roter Tusche eine gemeinsame
Überschrift und jeweilig kurze Inhaltsangaben. Diese sind teils auf dem Raum,
der in der Schlußzeile der vorhergehenden Urkunde freiblieb, teils, wo jene Zeile
keinen Platz ließ, am Rande angebracht, und erweisen sich damit ebenso wie die
am oberen Rand befindliche Überschrift eindeutig als Nachträge. Wahrscheinlich
rühren sie von der gleichen Hand her, die den hinteren Text schrieb. Bei ihm
fehlen solche Rubra. So unterscheiden sich schon äußerlich die beiden Text-
hälften. Sie stellen aber auch inhaltlicli zwei getrennte Teile dar.
~0) A. Hessel, Die Schrift der Reichskanzlei seit dem Interregnum u. die Entstehung der Fraktur
(Naclir. v. d. Ges. d. Wiss. z. Göttingen, phil.-hist. Kl., Fachgr. 2. N.F. 2 Nr. 3, 1937) S. 47 f.
Auch blieb der Versuch, die Schreiber dieses Fragmentes mit den Notaren der Reichskanzlei,
wie sie Samanek auf Grund der Originalausfertigungen bestimmt hat (RI VI 2 S. 402 f.), zu
identifizieren, nicht ohne Ergebnis. Dabei konnte leider die Lichtbildersammlung, die Samanek
von allen Urkunden des Königs laut dem Nachwort des Universitäts-Verlags Wagner, Innsbruck,
zu den RI VI 2 angelegt hatte, nicht benutzt werden, da deren Verbleib weder dem Verlag noch
dem Institut für österr. Geschichtsforschung in Wien bekannt ist, wie ich auf Anfrage erfahren
mußte. Durch Fotokopien oder Urkundenübersendung, für die ich dem Hauptstaatsarchiv in
München und den Staatsarchiven in Darmstadt und Koblenz-Ehrenbreitstein zu danken habe,
konnte jedoch zusammen mit dem im StAW. vorhandenen und dem von V. Samanek, Neue
Beiträge zu den Regesten König Adolfs (1932) Tfl. I u. II, gelieferten Bildmaterial eine voll-
ständige Schriftprobensammlung gewonnen werden. Daraus ergab sich, daß der 1. Teil des
Fragments von dem Schreiber K 12 herrührt; die Gleichheit der Schriftformen, wie sie etwa mit
der Urkunde RI VI 2 nr. 925 bestehen: so des — bei den übrigen Notaren durchaus abweichend
gestalteten — - A von Adolfus, des großen R, des d und des Anstrichs vom v, der Abstriche von
m, n und h usw. sowie im gesamten Duktus, ist so frappierend, daß die Identität zweifelsfrei
gesichert ist. Die zweite Hand unseres Fragmentes konnte jedoch keinem der von Samanek
angegebenen Notare der Reichskanzlei zugeschrieben werden. Wenn sie auch im Duktus, in
der Formung des g und in der fehlenden Schleifenbildung bei p, qu, f und dem langen s, im
steileren Abstrich des m von der Schrift des 1. Teils abweicht, so weist im übrigen die Buchstaben-
gestaltung doch manche Ähnlichkeit auf, durch die sie dem Schreiber K 12 näher als anderen
Notaren des Königs steht; vielleicht haben wir es also mit einem Schülerverhältnis zu tun.
Die Kanzleitätigkeit von K 12 ist nur durcli 5 Urkunden der Jahre 1297—98 zu belegen (RI VI 2
S. 403). Zum ersten Male tritt er in einer Urkunde von 1297 Nov. 18 in Erseheinimg, doch bleibt
die Möglichkeit offen, daß auch einige der sonst nicht überlieferten Urkunden unseres Fragments -
von ihm ausgefertigt sind.
Wolf Heino Struck
Blattes spricht dafür, daß eine oder mehrere Lagen mit anderen Königsurkunden
vorangegangen sind.
Die Blätter sind 22 cm hoch und 15,5 cm breit. Der seitliche Außenrand be-
trägt auf der erhaltenen ersten Hälfte 2,5 cm, der obere Rand auf allen Seiten ca.
2,2 cm, der untere Rand ebenso gleichmäßig 3,5 cm, der Innenrand auf der ersten
Hälfte der Doppelblätter 1,7 auf der zweiten 1,4 cm. So nimmt der Text der
vorderen Blätter eine Breite von ca. 11,3, der der hinteren Blätter eine Breite von
ca. 6,5 cm und bei beiden eine Höhe von 16,3 cm ein, die in der vorderen Text-
hälfte auf den Seiten 1, 3 und 4 gleichmäßig von 35 und auf Seite 2 von 36 Zeilen
ausgefüllt wird. Die Zeilenzahl der hinteren Texthälfte läßt sich nur am inneren
Doppelblatt feststellen. Sie ist dort ungleich. Seite 4 zählt 41 Zeilen, Seite 5
hat 38.
Die Zeilen sind ohne Linierung geführt. Sie verlaufen in der vorderen Text-
hälfte peinlicli gerade, weniger dagegen auf den hinteren Blättern, wo die Sorgfalt
in dieser und anderer Hinsicht abzunehmen scheint. Die vorderen zwei Blätter
sind von einer Hand geschrieben, die sämtliche Eintragungen offenbar in einem
Zuge vorgenommen hat. Sie hat in einer zierlichen Minuskel, deren kursiver
Charakter sich in Grenzen hält, bei klarem Zeilenabstand ein deutliches, ja
schönes Schriftbild geschaffen. Die hinteren Blätter rühren von einer anderen
Hand her, die zunächst ziemlich klein gedrängt, dann besonders auf Seite 6 zu-
nehmend flüchtiger und breiter, etwas nach links geneigt schrieb; also sind mög-
licherweise die Eintragungen der hinteren Seiten nicht auf einmal entstanden.
Beide Hände zeigen einwandfrei die Schriftzüge, wie sie der Reichskanzlei König
Adolfs eignen : Die Kursive ist etwas breiter als unter König Rudolf geworden ; das
doppelstöckige a beginnt über die Zeile zu ragen 2°). Die Urkunden der vorderen
Texthälfte haben in sehr zierlicher Schrift mit roter Tusche eine gemeinsame
Überschrift und jeweilig kurze Inhaltsangaben. Diese sind teils auf dem Raum,
der in der Schlußzeile der vorhergehenden Urkunde freiblieb, teils, wo jene Zeile
keinen Platz ließ, am Rande angebracht, und erweisen sich damit ebenso wie die
am oberen Rand befindliche Überschrift eindeutig als Nachträge. Wahrscheinlich
rühren sie von der gleichen Hand her, die den hinteren Text schrieb. Bei ihm
fehlen solche Rubra. So unterscheiden sich schon äußerlich die beiden Text-
hälften. Sie stellen aber auch inhaltlicli zwei getrennte Teile dar.
~0) A. Hessel, Die Schrift der Reichskanzlei seit dem Interregnum u. die Entstehung der Fraktur
(Naclir. v. d. Ges. d. Wiss. z. Göttingen, phil.-hist. Kl., Fachgr. 2. N.F. 2 Nr. 3, 1937) S. 47 f.
Auch blieb der Versuch, die Schreiber dieses Fragmentes mit den Notaren der Reichskanzlei,
wie sie Samanek auf Grund der Originalausfertigungen bestimmt hat (RI VI 2 S. 402 f.), zu
identifizieren, nicht ohne Ergebnis. Dabei konnte leider die Lichtbildersammlung, die Samanek
von allen Urkunden des Königs laut dem Nachwort des Universitäts-Verlags Wagner, Innsbruck,
zu den RI VI 2 angelegt hatte, nicht benutzt werden, da deren Verbleib weder dem Verlag noch
dem Institut für österr. Geschichtsforschung in Wien bekannt ist, wie ich auf Anfrage erfahren
mußte. Durch Fotokopien oder Urkundenübersendung, für die ich dem Hauptstaatsarchiv in
München und den Staatsarchiven in Darmstadt und Koblenz-Ehrenbreitstein zu danken habe,
konnte jedoch zusammen mit dem im StAW. vorhandenen und dem von V. Samanek, Neue
Beiträge zu den Regesten König Adolfs (1932) Tfl. I u. II, gelieferten Bildmaterial eine voll-
ständige Schriftprobensammlung gewonnen werden. Daraus ergab sich, daß der 1. Teil des
Fragments von dem Schreiber K 12 herrührt; die Gleichheit der Schriftformen, wie sie etwa mit
der Urkunde RI VI 2 nr. 925 bestehen: so des — bei den übrigen Notaren durchaus abweichend
gestalteten — - A von Adolfus, des großen R, des d und des Anstrichs vom v, der Abstriche von
m, n und h usw. sowie im gesamten Duktus, ist so frappierend, daß die Identität zweifelsfrei
gesichert ist. Die zweite Hand unseres Fragmentes konnte jedoch keinem der von Samanek
angegebenen Notare der Reichskanzlei zugeschrieben werden. Wenn sie auch im Duktus, in
der Formung des g und in der fehlenden Schleifenbildung bei p, qu, f und dem langen s, im
steileren Abstrich des m von der Schrift des 1. Teils abweicht, so weist im übrigen die Buchstaben-
gestaltung doch manche Ähnlichkeit auf, durch die sie dem Schreiber K 12 näher als anderen
Notaren des Königs steht; vielleicht haben wir es also mit einem Schülerverhältnis zu tun.
Die Kanzleitätigkeit von K 12 ist nur durcli 5 Urkunden der Jahre 1297—98 zu belegen (RI VI 2
S. 403). Zum ersten Male tritt er in einer Urkunde von 1297 Nov. 18 in Erseheinimg, doch bleibt
die Möglichkeit offen, daß auch einige der sonst nicht überlieferten Urkunden unseres Fragments -
von ihm ausgefertigt sind.