Eine neue Quelle zur Geschichte König Adolfs von Nassau
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Die Lesung des Textes war, abgesehen von den Innenseiten des zweiten
Doppelblattes, die auf dem der Untersuchung beigefügten Lichtbild (Tafel II)
wiedergegeben sind, infolge der Verleimung und der Beschädigung der Blätter
nicht ohne Schwierigkeiten und z. T. nur lückenhaft möglich. Ein Versuch, die
gebräunten Außenseiten mittels infrarotem Licht lesbar zu machen, hatte keinen
Erfolg; die Schrift war bei infraroter Strahlung in dem zugehörigen Sehgerät
völlig unsichtbar. Auch die Quarzlampe erhöhte die Lesbarkeit dieser Seiten nur
wenig; auf der besonders stark mit brauner Farbe bestrichenen Rückseite des
ersten Blattes mußte der Text daher ganz ungeklärt bleiben. Im übrigen gelang
mittels der Quarzlampe auf den hinteren Blättern, die durch den Leim besonders
gelitten hatten, noch manche Entzifferung, die mit bloßem Auge trotz mehrfach
wiederholter Vornahme nicht möglich gewesen war 21).
II.
Auf der vorderen Hälfte der Doppelblätter sind 11 Urkunden eingetragen,
deren letzte allerdings mitten im Text abbricht. Diese sind alle zusammenge-
halten durch die Überschrift des ersten Blattes : „Hier beginnen die Vergabungen
und Verpfändungen von Reichsgut." Die erste Eintragung ist infolge der aufge-
tragenen Farbe großenteils unleserlich, doch ist der Hauptinhalt dadurch ange-
deutet, daß die erwähnte Überschrift fortfährt: „Zuerst von der Verpfändung
einer Stadt für die Ausgaben, die jemand für den König durch Rückkauf von
Reichsgut hatte." Durch Kombination dieser Überschrift mit einzelnen in jeder
Zeile lesbaren Worten oder Silben ließ sich die Eintragung eindeutig nachweisen
als Wiedergabe einer Urkunde König Adolfs vom 10. Juli 1297 für Gerlach von
Breuberg, die Joannis bereits 1724 durch einen Druck bekanntgemacht hat 22).
Da Joannis als Vorlage nur ein Kopialbuch von 1426 23) hatte, gewinnen wir durch
unsere Quelle eine zweite, ältere Überlieferung. In Gerlach von Breuberg, dessen
Stammschloß in Hessen- Starkenburg nördlich von Neustadt liegt, lernen wir
gleich einen wichtigen Gefolgsmann und Diener König Adolfs kennen 24). Er hatte
bereits unter Rudolf von Habsburg im Reichsdienste gestanden. Mit Eberhard
von Katzenelnbogen hatte er 1285 den Streit König Rudolfs mit der. Stadt
Wetzlar geschlichtet, die den falschen Friedrich aufgenommen hatte. Der König
hatte ihn 1290 an die Spitze der 12 Pfleger zur Aufrechterhaltung des Land-
friedens in Thüringen gestellt. Auch erscheint er 1291 als königlicher Beamter und
Richter in der Wetterau. König Adolf hatte ihn bereits 1292 und 1293 durch zwei
Gnadenerweisungen sich verpflichtet. Er benutzte dann Gerlachs Beziehungen
und Landeskenntnisse in Thüringen und betraute ihn mit einer führenden Rolle
in den Feldzügen gegen die Söhne Landgraf Albrechts des Entarteten, Friedrich
den Freidigen und Diezmann. Und während König Adolf bis dahin dem Mainzer
Erzbischof die Durchführung des Landfriedens in Thüringen übertragen hatte,
bestellte er 1296 Gerlach dort zum Hauptmann des Landfriedens. Auf diese
Dienste nimmt der König Bezug, wenn er Gerlach in unserer Urkunde Mosbach
im badischen Unterrheinkreis und jene berühmte Münzstätte Schwäbisch-Hall,
die dem Heller den Namen gab, verpfändete, also dabei auf Reichsrechte im
nördlichen schwäbisch-badischen Raum zurückgriff. Mit König Adolfs Tod ver-
lor Gerlach seine hervorragende Stellung, aber sein Sohn Eberhard ist seit 1309
21) Der Kriminaltechnischen Untersuchungsstelle beim Hessischen Landespolizeiamt in Wies-
baden möchte ich auch bei dieser Gelegenheit herzlich danken, daß sie mir die Möglichkeit gegeben
hat, die dort vorhandene Koffer-Analysenlampe — Original Hanau — ganz nach meinen Wün-
schen zu benutzen.
22) G. Chr. Joannis, Tabularium litterarumque spicilegium (1724) S. 392 f. ; vgl. RI. VI 2 nr. 859.
23) Heute StAW. Kopialbuch XIII2.
24) Zu den folgenden Angaben über ihn vgl. RI. VI 1 nr. 1703, 1915, 2325, 2387, 2462, RI. VI 2 nr.
196 u. 220; Eigenbrodt, Urkundl. Nachr. v. d. Dynasten v. Breuberg (AHG. 1, 1835—37
S. 458—486); 0. Redlich, Rudolf v. Habsburg (1903) S. 449, 462, 537; W. Möller, Stamm-
tafeln westdt. Adelsgeschl. I (1922) S. 73.
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Die Lesung des Textes war, abgesehen von den Innenseiten des zweiten
Doppelblattes, die auf dem der Untersuchung beigefügten Lichtbild (Tafel II)
wiedergegeben sind, infolge der Verleimung und der Beschädigung der Blätter
nicht ohne Schwierigkeiten und z. T. nur lückenhaft möglich. Ein Versuch, die
gebräunten Außenseiten mittels infrarotem Licht lesbar zu machen, hatte keinen
Erfolg; die Schrift war bei infraroter Strahlung in dem zugehörigen Sehgerät
völlig unsichtbar. Auch die Quarzlampe erhöhte die Lesbarkeit dieser Seiten nur
wenig; auf der besonders stark mit brauner Farbe bestrichenen Rückseite des
ersten Blattes mußte der Text daher ganz ungeklärt bleiben. Im übrigen gelang
mittels der Quarzlampe auf den hinteren Blättern, die durch den Leim besonders
gelitten hatten, noch manche Entzifferung, die mit bloßem Auge trotz mehrfach
wiederholter Vornahme nicht möglich gewesen war 21).
II.
Auf der vorderen Hälfte der Doppelblätter sind 11 Urkunden eingetragen,
deren letzte allerdings mitten im Text abbricht. Diese sind alle zusammenge-
halten durch die Überschrift des ersten Blattes : „Hier beginnen die Vergabungen
und Verpfändungen von Reichsgut." Die erste Eintragung ist infolge der aufge-
tragenen Farbe großenteils unleserlich, doch ist der Hauptinhalt dadurch ange-
deutet, daß die erwähnte Überschrift fortfährt: „Zuerst von der Verpfändung
einer Stadt für die Ausgaben, die jemand für den König durch Rückkauf von
Reichsgut hatte." Durch Kombination dieser Überschrift mit einzelnen in jeder
Zeile lesbaren Worten oder Silben ließ sich die Eintragung eindeutig nachweisen
als Wiedergabe einer Urkunde König Adolfs vom 10. Juli 1297 für Gerlach von
Breuberg, die Joannis bereits 1724 durch einen Druck bekanntgemacht hat 22).
Da Joannis als Vorlage nur ein Kopialbuch von 1426 23) hatte, gewinnen wir durch
unsere Quelle eine zweite, ältere Überlieferung. In Gerlach von Breuberg, dessen
Stammschloß in Hessen- Starkenburg nördlich von Neustadt liegt, lernen wir
gleich einen wichtigen Gefolgsmann und Diener König Adolfs kennen 24). Er hatte
bereits unter Rudolf von Habsburg im Reichsdienste gestanden. Mit Eberhard
von Katzenelnbogen hatte er 1285 den Streit König Rudolfs mit der. Stadt
Wetzlar geschlichtet, die den falschen Friedrich aufgenommen hatte. Der König
hatte ihn 1290 an die Spitze der 12 Pfleger zur Aufrechterhaltung des Land-
friedens in Thüringen gestellt. Auch erscheint er 1291 als königlicher Beamter und
Richter in der Wetterau. König Adolf hatte ihn bereits 1292 und 1293 durch zwei
Gnadenerweisungen sich verpflichtet. Er benutzte dann Gerlachs Beziehungen
und Landeskenntnisse in Thüringen und betraute ihn mit einer führenden Rolle
in den Feldzügen gegen die Söhne Landgraf Albrechts des Entarteten, Friedrich
den Freidigen und Diezmann. Und während König Adolf bis dahin dem Mainzer
Erzbischof die Durchführung des Landfriedens in Thüringen übertragen hatte,
bestellte er 1296 Gerlach dort zum Hauptmann des Landfriedens. Auf diese
Dienste nimmt der König Bezug, wenn er Gerlach in unserer Urkunde Mosbach
im badischen Unterrheinkreis und jene berühmte Münzstätte Schwäbisch-Hall,
die dem Heller den Namen gab, verpfändete, also dabei auf Reichsrechte im
nördlichen schwäbisch-badischen Raum zurückgriff. Mit König Adolfs Tod ver-
lor Gerlach seine hervorragende Stellung, aber sein Sohn Eberhard ist seit 1309
21) Der Kriminaltechnischen Untersuchungsstelle beim Hessischen Landespolizeiamt in Wies-
baden möchte ich auch bei dieser Gelegenheit herzlich danken, daß sie mir die Möglichkeit gegeben
hat, die dort vorhandene Koffer-Analysenlampe — Original Hanau — ganz nach meinen Wün-
schen zu benutzen.
22) G. Chr. Joannis, Tabularium litterarumque spicilegium (1724) S. 392 f. ; vgl. RI. VI 2 nr. 859.
23) Heute StAW. Kopialbuch XIII2.
24) Zu den folgenden Angaben über ihn vgl. RI. VI 1 nr. 1703, 1915, 2325, 2387, 2462, RI. VI 2 nr.
196 u. 220; Eigenbrodt, Urkundl. Nachr. v. d. Dynasten v. Breuberg (AHG. 1, 1835—37
S. 458—486); 0. Redlich, Rudolf v. Habsburg (1903) S. 449, 462, 537; W. Möller, Stamm-
tafeln westdt. Adelsgeschl. I (1922) S. 73.