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Siegel- und Wappenstudien
Während das Siegel der Beglaubigung dient, hat sich das Wappen als Zeichen
des militärischen Aufgebots entwickelt. Während das Siegel stets eine nahe Be-
trachtung gestattet und daher seiner bildmäßigen Ausgestaltung weite Grenzen
setzt, ist das Wappen — heute wie ehedem — - für weite Sicht bestimmt und
fordert daher ein einfaches, streng stilisiertes Symbol, das mit dem Schild und den
scharf kontrastierenden Farben ein wirksames Ganzes ergibt. Vor dem 19. Jahr-
hundert haben durchaus nicht alle Städte ein Wappen geführt. Und die ein solches
besaßen, haben es keineswegs immer ins Siegel gesetzt, vor allem nicht ins große
prunkvolle Ratssiegel.
Die Stadt Montabaur nun hat ein W appen besessen, das jedoch nicht mit
dem Bild ihres Siegels identisch ist. Es war der kurtrierische ^Wappenschild
mit dem Kreuz, doch in ^anderen Farben. Dieses städtische^ Wappen ist mehr-
fach bezeugt, hatte sich ^auch bis vor wenigen Jahren noch in zwei Dar-
stellungen erhalten; vor allem verdanken wir dem Prozeß, den die kurtrierische
Rentkammer gegen die Stadt Montabaur und die Mitmärkergemeinden wegen der
Eigentums- und Nutzungsrechte am Spurkenwald geführt hat, interessante Nach-
richten zur Frage des Stadtwappens. Im Verlauf dieses Prozesses nämlich wurde
im Juli und Aug. 1778 eine örtliche Untersuchung mit Grenzbegang durch eine
Kommission vorgenommen, der auf trierischer = impetrantischer •— Seite der
Hochgerichtsschöffe und Kammersyndikus Birkenbühl, auf städtischer • —- impe-
tratischer — Seite der Advokat Liel vorstand. Letzterer machte zum Beweis
dafür, daß der Kreuzschild der Grenzsteine das Montabaurer Wappen darstelle,
die damals bekannten Darstellungen des Stadtwappens namhaft, die aber von
Birkenbühl bestritten wurden. Da diesen Auseinandersetzungen auch eine grund-
sätzliche Bedeutung zukommt, ist ein Auszug aus dem Kommissionsprotokoll
beigegeben (s. Beil.). Dieses wird ergänzt durch eine den Akten beigefügte Tafel,
auf welcher Geometer Dilbecker (von der kurtrierischen Partei) die entsprechen-
den Zeichnungen gibt; deren zwei zeigen die
Textabbildungen 2 und 3.
Im folgenden seien die Darstellungen des
Stadtwappens aufgeführt, soweit sie von Liel
überzeugend nachgewiesen sind:
1. auf städtischen Grenzsteinen der Jahre 1539 bis
1760 eingehauen das Wappen mit Kreuz, teils allein,
teils mit den Buchstaben S M(Stadt Montabaur);
2. der Stadtmark-Zollzettelstempel (VIII) und der
Ellen- und Fruchtmaßbrandstempel (IX), deren
Abdrücke mit denen der Siegel dem Kommissions-
protokoll beigegeben sind (s. S. 281);
3. der auf dem Fähnchen des Stadtschulturms (neben
dem Stadttor) angebrachte Schild mit dem Kreuz
und der Jahreszahl 1610 (nicht mehr vorhanden;
Zeichnung bei den Akten, s. Text-Abb. 2);
4. das Stadtwappen mit Kreuz, umgeben von der
Jahreszahl 1648, auf einem vom städtischen Ge-
richt aufbewahrten zinnernen Eichgefäß der Stadt
(nicht mehr vorhanden);
5. in der Kirche auf dem großen Westfenster über
der Orgelempore eingebrannt ein weißer Schild
mit rotem Kreuz; darüber zwei kleine liegende,
hauptseits einander zugekehrte Schilde, von ihnen
Abb. 2. Montabaur, Fähnchen des
Stadtschulturms, 1610
der rechte wiederum weiß mit rotem Kreuz, der linke grau mit rotem Ort (Bedeutung
unbekannt), das Ganze in einem von zwei goldenen Löwen gehaltenen ovalen Ring
(Zeichnung bei den Akten, s. Text-Abb. 3); darunter Amtmann, Bürgermeister und Rath
der Stadt Montabaur anno 1706. Das Fenster ist nach einer Notiz im Ratsprotokoll 9)
9) Frdl. Mitt. v. Dr. H. Gensicke.
Siegel- und Wappenstudien
Während das Siegel der Beglaubigung dient, hat sich das Wappen als Zeichen
des militärischen Aufgebots entwickelt. Während das Siegel stets eine nahe Be-
trachtung gestattet und daher seiner bildmäßigen Ausgestaltung weite Grenzen
setzt, ist das Wappen — heute wie ehedem — - für weite Sicht bestimmt und
fordert daher ein einfaches, streng stilisiertes Symbol, das mit dem Schild und den
scharf kontrastierenden Farben ein wirksames Ganzes ergibt. Vor dem 19. Jahr-
hundert haben durchaus nicht alle Städte ein Wappen geführt. Und die ein solches
besaßen, haben es keineswegs immer ins Siegel gesetzt, vor allem nicht ins große
prunkvolle Ratssiegel.
Die Stadt Montabaur nun hat ein W appen besessen, das jedoch nicht mit
dem Bild ihres Siegels identisch ist. Es war der kurtrierische ^Wappenschild
mit dem Kreuz, doch in ^anderen Farben. Dieses städtische^ Wappen ist mehr-
fach bezeugt, hatte sich ^auch bis vor wenigen Jahren noch in zwei Dar-
stellungen erhalten; vor allem verdanken wir dem Prozeß, den die kurtrierische
Rentkammer gegen die Stadt Montabaur und die Mitmärkergemeinden wegen der
Eigentums- und Nutzungsrechte am Spurkenwald geführt hat, interessante Nach-
richten zur Frage des Stadtwappens. Im Verlauf dieses Prozesses nämlich wurde
im Juli und Aug. 1778 eine örtliche Untersuchung mit Grenzbegang durch eine
Kommission vorgenommen, der auf trierischer = impetrantischer •— Seite der
Hochgerichtsschöffe und Kammersyndikus Birkenbühl, auf städtischer • —- impe-
tratischer — Seite der Advokat Liel vorstand. Letzterer machte zum Beweis
dafür, daß der Kreuzschild der Grenzsteine das Montabaurer Wappen darstelle,
die damals bekannten Darstellungen des Stadtwappens namhaft, die aber von
Birkenbühl bestritten wurden. Da diesen Auseinandersetzungen auch eine grund-
sätzliche Bedeutung zukommt, ist ein Auszug aus dem Kommissionsprotokoll
beigegeben (s. Beil.). Dieses wird ergänzt durch eine den Akten beigefügte Tafel,
auf welcher Geometer Dilbecker (von der kurtrierischen Partei) die entsprechen-
den Zeichnungen gibt; deren zwei zeigen die
Textabbildungen 2 und 3.
Im folgenden seien die Darstellungen des
Stadtwappens aufgeführt, soweit sie von Liel
überzeugend nachgewiesen sind:
1. auf städtischen Grenzsteinen der Jahre 1539 bis
1760 eingehauen das Wappen mit Kreuz, teils allein,
teils mit den Buchstaben S M(Stadt Montabaur);
2. der Stadtmark-Zollzettelstempel (VIII) und der
Ellen- und Fruchtmaßbrandstempel (IX), deren
Abdrücke mit denen der Siegel dem Kommissions-
protokoll beigegeben sind (s. S. 281);
3. der auf dem Fähnchen des Stadtschulturms (neben
dem Stadttor) angebrachte Schild mit dem Kreuz
und der Jahreszahl 1610 (nicht mehr vorhanden;
Zeichnung bei den Akten, s. Text-Abb. 2);
4. das Stadtwappen mit Kreuz, umgeben von der
Jahreszahl 1648, auf einem vom städtischen Ge-
richt aufbewahrten zinnernen Eichgefäß der Stadt
(nicht mehr vorhanden);
5. in der Kirche auf dem großen Westfenster über
der Orgelempore eingebrannt ein weißer Schild
mit rotem Kreuz; darüber zwei kleine liegende,
hauptseits einander zugekehrte Schilde, von ihnen
Abb. 2. Montabaur, Fähnchen des
Stadtschulturms, 1610
der rechte wiederum weiß mit rotem Kreuz, der linke grau mit rotem Ort (Bedeutung
unbekannt), das Ganze in einem von zwei goldenen Löwen gehaltenen ovalen Ring
(Zeichnung bei den Akten, s. Text-Abb. 3); darunter Amtmann, Bürgermeister und Rath
der Stadt Montabaur anno 1706. Das Fenster ist nach einer Notiz im Ratsprotokoll 9)
9) Frdl. Mitt. v. Dr. H. Gensicke.