302 Siegel- und Wappenstudien
Wir fassen das Besondere in der Siegelbildung der kurtrierisehen Orte
zusammen.
Der landesherrliche Einfluß ist auf diesem Gebiet im Trierisehen verhältnis-
mäßig stark. Er äußert sich namentlich seit der Mitte des 16. Jahrhunderts und
steigert sich in der Zeit des Absolutismus: Die Zentralgewalt wirkt bestimmend
auf die Gestaltung der Siegel ein. Das zeigt die Aufnahme des Kreuzsehildes
und des kurfürstlichen Wappens, das zeigt auch der oft heraldisch vorzügliche
Siegelschnitt (z. B. Villmar, die Vier Kirchspiele, Balduinstein) und eine gruppen-
weise feststellbare Gleichmäßigkeit in der Bildkomposition (z. B. die 4 Kirch-
spiele, Niederbrechen, Oberbrechen und Niederselters). Und nicht zuletzt ist
hier auf die Fälle hinzuweisen, in denen noch bis ins 18. Jahrhundert hinein der
Wechsel der politischen Vorherrschaft im Siegel schlagartig zum Ausdruck ge-
bracht wird (z. B. Elz, Villmar, die 4 Kirchspiele).
Zur Ausbildung von Ortszeiehen, von eigenen Wappenzeichen der Gemeinden
ist es so gut wie gar nicht gekommen. Auch Gemerke, Eigentumszeichen sind
kaum vorhanden. So zeigt das Siegelwesen, wie wenig ausgebildet das gemeind-
liche Selbstbewußtsein ist. Noch nicht einmal die drei bedeutendsten Orte, heute
die einzigen Städte, haben sich ein eigenes Wappen geschaffen; sie begnügten
sich mit dem des Landesherrn, das sie dann wohl durch Verbindung mit anderen
Zeichen oder durch Farbenwechsel zu einem eigenen zu machen suchten. Immer-
hin haben einzig die drei Städte die Notwendigkeit empfunden, ein eigentliches
Wappen zu besitzen, und sie haben es auch geführt; doch ein eigenes Sinnbild
war es nicht. Anders ist das Bild, das etwa der Rheingau oder das Rhein-Main-
Gebiet in dieser Beziehung bietet.
Als Wappen haben — das sei nochmals betont — alle die Siegelbilder nicht
zu gelten. Natürlich sind sie oft heraldisch gestaltet; aber sie wurden nicht als
Wappen geführt, wie auch von einer etwaigen Farbengebung nichts bekannt ist.
Ausnahmen bilden nur die drei Städte. Hier aber sind es wie auch sonst meist
nicht die Stadt-, die Ratssiegel, sondern die häufiger gebrauchten Gerichts-
siegel und die Eigentumsstempel, in die das Wappen Aufnahme fand.
Beilage
Protocollum commissionis localis in Revisionssachen Fürstl. Hofrentkammer
contra die Märkerschaft zu Montabaur, 1778
(StAW: 116, XIXa 20 I Bd. VII)
Bei dem vom 29. Juli bis 19. Aug. 1778 durchgeführten Grenzbegang des Spurkenwalds stößt
die Kommission mehrfaeli auf Grenzsteine, die mit dem Kreuzschild und dem Buchstaben M
gezeichnet sind. Dieser Buchstab, so führt Liel aus, rufe den Eigenthumeren des Märkerwalds ganz
klahr mit Nahmen und zeige offenbar, daß der Wald quaest. kein Spurkenwald, kein Cameralwald,
sondern ein Märkerwald seye, folglich den mitmärkerischen Dorfschaften nebst der Stadt Montabaur,
deren Wapen ebenwohl in dem gegenseiths angezeigten Creutz bestehe, eigenthumlich zugehöre. Es seye
zwahr wahr, daß Churtrier in seinem Wapen ein Creutz, und zwahrn ein rothes führe, allein weiln
mehrere Wapen, wonicht in der Farb, doch wenigstens in der Gestalt des Creutzes mit selbigem über-
einkämen, so pflege Camera electoralis, wie alle diejenige, deren Wapen in einem Creutz bestehe, ein
signum distingtivum demselben beyzufügen oder es gahr wegzulaßen und stattdessen, wie in den
Cameralwaldungen ersichtlich, die beyde Literen C. T., welches soviel als Churtrier bedeute, dem Stein
einzuhauen; wie dann Camera el. keinen Stein in ihren Waldungen aufzeigen (aufzuzeigen imstande
sein) werde, welcher mit solchem Creutze, wie auf verschiedenen Märkersteinen befindlich, ohne
ferneren Zusatz bezeichnet seye. Durch gleiche Gründe bewogen, habe man diesseiths dem Creutz,
welches, wie aus allen Montabaurer Gemarkungssteinen und sonsten ersichtlich, das Stadtwapen
daselbst ausmache, die M zu gleicher Zeith pro signo distinctivo auf den Steinen hinzugefüget, welches
zusammen dann soviel als Montabaurer Märkerwald bedeuten wolle .
H. Birkenbühl ... negirte aber, daß in älteren Zeithen die Stadt Montabaur ein städtisches Wapen
des Creutzes geführet, sondern dieselbe haben sich dessen erst in jüngeren Jahren und durante lite
angemaset, worauf Liel entgegnet, daß das dermalige Montabaurer Stadtwapen nicht in neueren
Zeithen angenohmen worden, sondern schon auf alten Steinen und sonsten ersichtlich seye. An der
mit der Stadt Koblenz gemeinsamen Grenze seien die Steine (Jahreszahlen ab 1567) nach der
Wir fassen das Besondere in der Siegelbildung der kurtrierisehen Orte
zusammen.
Der landesherrliche Einfluß ist auf diesem Gebiet im Trierisehen verhältnis-
mäßig stark. Er äußert sich namentlich seit der Mitte des 16. Jahrhunderts und
steigert sich in der Zeit des Absolutismus: Die Zentralgewalt wirkt bestimmend
auf die Gestaltung der Siegel ein. Das zeigt die Aufnahme des Kreuzsehildes
und des kurfürstlichen Wappens, das zeigt auch der oft heraldisch vorzügliche
Siegelschnitt (z. B. Villmar, die Vier Kirchspiele, Balduinstein) und eine gruppen-
weise feststellbare Gleichmäßigkeit in der Bildkomposition (z. B. die 4 Kirch-
spiele, Niederbrechen, Oberbrechen und Niederselters). Und nicht zuletzt ist
hier auf die Fälle hinzuweisen, in denen noch bis ins 18. Jahrhundert hinein der
Wechsel der politischen Vorherrschaft im Siegel schlagartig zum Ausdruck ge-
bracht wird (z. B. Elz, Villmar, die 4 Kirchspiele).
Zur Ausbildung von Ortszeiehen, von eigenen Wappenzeichen der Gemeinden
ist es so gut wie gar nicht gekommen. Auch Gemerke, Eigentumszeichen sind
kaum vorhanden. So zeigt das Siegelwesen, wie wenig ausgebildet das gemeind-
liche Selbstbewußtsein ist. Noch nicht einmal die drei bedeutendsten Orte, heute
die einzigen Städte, haben sich ein eigenes Wappen geschaffen; sie begnügten
sich mit dem des Landesherrn, das sie dann wohl durch Verbindung mit anderen
Zeichen oder durch Farbenwechsel zu einem eigenen zu machen suchten. Immer-
hin haben einzig die drei Städte die Notwendigkeit empfunden, ein eigentliches
Wappen zu besitzen, und sie haben es auch geführt; doch ein eigenes Sinnbild
war es nicht. Anders ist das Bild, das etwa der Rheingau oder das Rhein-Main-
Gebiet in dieser Beziehung bietet.
Als Wappen haben — das sei nochmals betont — alle die Siegelbilder nicht
zu gelten. Natürlich sind sie oft heraldisch gestaltet; aber sie wurden nicht als
Wappen geführt, wie auch von einer etwaigen Farbengebung nichts bekannt ist.
Ausnahmen bilden nur die drei Städte. Hier aber sind es wie auch sonst meist
nicht die Stadt-, die Ratssiegel, sondern die häufiger gebrauchten Gerichts-
siegel und die Eigentumsstempel, in die das Wappen Aufnahme fand.
Beilage
Protocollum commissionis localis in Revisionssachen Fürstl. Hofrentkammer
contra die Märkerschaft zu Montabaur, 1778
(StAW: 116, XIXa 20 I Bd. VII)
Bei dem vom 29. Juli bis 19. Aug. 1778 durchgeführten Grenzbegang des Spurkenwalds stößt
die Kommission mehrfaeli auf Grenzsteine, die mit dem Kreuzschild und dem Buchstaben M
gezeichnet sind. Dieser Buchstab, so führt Liel aus, rufe den Eigenthumeren des Märkerwalds ganz
klahr mit Nahmen und zeige offenbar, daß der Wald quaest. kein Spurkenwald, kein Cameralwald,
sondern ein Märkerwald seye, folglich den mitmärkerischen Dorfschaften nebst der Stadt Montabaur,
deren Wapen ebenwohl in dem gegenseiths angezeigten Creutz bestehe, eigenthumlich zugehöre. Es seye
zwahr wahr, daß Churtrier in seinem Wapen ein Creutz, und zwahrn ein rothes führe, allein weiln
mehrere Wapen, wonicht in der Farb, doch wenigstens in der Gestalt des Creutzes mit selbigem über-
einkämen, so pflege Camera electoralis, wie alle diejenige, deren Wapen in einem Creutz bestehe, ein
signum distingtivum demselben beyzufügen oder es gahr wegzulaßen und stattdessen, wie in den
Cameralwaldungen ersichtlich, die beyde Literen C. T., welches soviel als Churtrier bedeute, dem Stein
einzuhauen; wie dann Camera el. keinen Stein in ihren Waldungen aufzeigen (aufzuzeigen imstande
sein) werde, welcher mit solchem Creutze, wie auf verschiedenen Märkersteinen befindlich, ohne
ferneren Zusatz bezeichnet seye. Durch gleiche Gründe bewogen, habe man diesseiths dem Creutz,
welches, wie aus allen Montabaurer Gemarkungssteinen und sonsten ersichtlich, das Stadtwapen
daselbst ausmache, die M zu gleicher Zeith pro signo distinctivo auf den Steinen hinzugefüget, welches
zusammen dann soviel als Montabaurer Märkerwald bedeuten wolle .
H. Birkenbühl ... negirte aber, daß in älteren Zeithen die Stadt Montabaur ein städtisches Wapen
des Creutzes geführet, sondern dieselbe haben sich dessen erst in jüngeren Jahren und durante lite
angemaset, worauf Liel entgegnet, daß das dermalige Montabaurer Stadtwapen nicht in neueren
Zeithen angenohmen worden, sondern schon auf alten Steinen und sonsten ersichtlich seye. An der
mit der Stadt Koblenz gemeinsamen Grenze seien die Steine (Jahreszahlen ab 1567) nach der